LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus der Ausgabe 36Am Ende stand die Null. Alle Spiele verloren – null Punkte, null Touchdowns. Die erste Saison der Leipzig Hawks in der Jugendoberliga Ost war vor allem lehrreich. Doch aufgeben kam nie in Frage. „Wir haben riesigen Respekt vor den Jungs. Trotz der vielen Gegenpunkte, standen sie immer voll motiviert auf dem Platz und haben sich ständig verbessert“, ist Vize-Präsidentin Britta Naujocks stolz auf ihre jungen Falken. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, das vergangene Jahr war für den Verein und seine Sportler eine echte Erfolgsgeschichte.

Denn auch am Anfang stand die Null. Praktisch aus dem Nichts wurde im September 2015 der Leipzig Hawks e.V. gegründet. Von Beginn an dabei war auch Britta Naujocks. „Wir hatten den Gedanken, die Leipzig Hawks gründen zu wollen, weil uns die leistungssportliche Ausrichtung sehr wichtig ist. Das haben wir durchgezogen und hatten im November 2015 das erste Probetraining“. Immerhin rund 20 Football-Interessierte fanden sich damals bei kühlen Temperaturen auf dem Platz ein. „Wir hatten uns vorher schon die Frage gestellt: Was machen wir, wenn niemand kommt und sich niemand dafür interessiert? Wie gehen wir dann möglichst leise wieder von der Bildfläche, damit es nicht zu peinlich ist?“, verriet Naujocks schmunzelnd. „Aber tatsächlich war es so, dass wir nach einem Monat schon 30-40 Mitglieder hatten“.

Offenbar hatten die 27-Jährige und ihre Mitstreiter einen günstigen Zeitpunkt für die Gründung eines American Football Vereins erwischt. „Football boomt gerade, darüber freuen wir uns wirklich sehr“. Durch die Region schwappte sogar eine richtige Gründungswelle. Neben den Leipzig Hawks (2015) haben sich fast zeitgleich auch die Vogtland Rebels (2014), die Wittenberg Saints (2016) und die Freiberg Phantoms (2016) ins Getümmel gestürzt. Offenbar trägt die zunehmende mediale Präsenz der Sportart Früchte, vor allem die sonntägliche Live-Übertragung von NFL-Spielen im deutschen Free-TV.

Geworben hatten die Hawks-Macher im Vorfeld vor allem bei der Altersgruppe der 13- bis 19-Jährigen, um ein A-Jugendteam aufzubauen. Von denen, die kamen, hatten die wenigsten bereits Football-Erfahrung. „Viele kommen aus der Leichtathletik, aber es sind auch Leute dabei, die vorher überhaupt keinen Sport gemacht haben. Es ist eine bunte Mischung“, so Naujocks. Unter der Leitung von Headcoach Fabian Herlemann – der auch schon bei den Leipzig Lions aktiv war – wird fortan aus dieser Mischung ein Team geformt. Ganze sechs Monate nach dem allerersten Probetraining standen die Hawks am 22. Mai 2016 das erste Mal in einem Pflichtspiel auf dem Rasen. Die Auftakt-Begegnung in der Jugendoberliga Ost ging gegen die Frankfurt Red Cocks mit 0:55 verloren.

Einen ähnlichen Ausgang nahmen im Saisonverlauf auch die fünf weiteren Hawks-Partien. Das war für Naujocks aber gar nicht so entscheidend. „Die Spielstände geben nicht wirklich wieder, was auf dem Feld passiert ist, denn die Jungs haben sich wirklich sehr stark entwickelt. Im Spiel haben ganz viele Sachen geklappt, wie die Interception oder die Tackles. Das waren persönliche Erfolge für die Spieler, auch wenn am Ende keine Punkte heraus kamen“.

Diesen Sportsgeist wussten sogar die gegnerischen Mannschaften zu würdigen. „Wir haben wahnsinnig viel Unterstützung von den anderen Vereinen erhalten“, freute sich Naujocks. „Die Spieler sind auf uns zugekommen und haben gesagt: ‚Das war richtig gut, wie du das gemacht hast!‘ oder ‚Voll cool, dass ihr das durchzieht, bleibt dran, das ist die erste Saison, da geht es jedem so!‘“.

Dass die jungen Falken trotz dünner Personaldecke, hoher Temperaturen und Niederlagen nie aufgesteckt haben, macht auch Sarah Naujocks – wie ihre Schwester Britta ebenfalls im Vorstand aktiv – sehr stolz. „Die Jungs haben auch bei über 30 Grad durchgehalten. Die haben nie gemeckert. Ich glaube, die haben jetzt schon eins ihrer härtesten Jahre durch. Es ist schön zu sehen, dass sie nicht nur zum Training kommen und wieder gehen, sondern inzwischen auch richtig gut befreundet sind und sich gegenseitig helfen“.

Die Schwestern Sarah und Britta Naujocks sind beide im Hawks Vorstand aktiv. Foto: Jan Kaefer
Die Schwestern Sarah und Britta Naujocks sind beide im Hawks Vorstand aktiv. Foto: Jan Kaefer

In der kommenden Saison – so der Plan – soll die A-Jugend mit größerem Kader nicht mehr 9er-Tackle sondern 11er-Tackle spielen und somit für die Jugendregionalliga Ost gemeldet werden. Damit stünde erstmals ein Leipziger Derby mit den Junior Lions ins Haus.

Außerdem planen die Hawks, neben einem B-Jugendteam nun auch ein Männerteam aus der Taufe zu heben und in der 5. Liga in den Spielbetrieb zu bringen. Am gestrigen Donnerstag (nach Redaktionsschluss) fand dazu das Kick Off Meeting in einem Hörsaal der Universität Leipzig statt. Mehr als 40 Interessenten hatten via Facebook ihre Teilnahme daran zugesagt, über 60 zeigten sich zumindest interessiert. „Dort wird der Plan vorgestellt und der Coaches-Stab. Jeder kann sich das anhören und entscheiden, ob er mitmachen möchte oder nicht. Wir selektieren, führen mit Jedem ein Gespräch, ob er bereit ist, in die gleiche leistungssportliche Richtung zu schauen wie wir. Jeder muss wissen, worauf er sich einlässt“, deutet Britta Naujocks keinen Kindergeburtstag an.

„Bei uns ist aktuell dreimal die Woche Training. Aber es reicht nicht, nur zum Training zu kommen. Du musst dich mental vorbereiten und musst das Playbook kennen, du musst lernen und 100 Prozent darüber Bescheid wissen, in welcher Aufstellung du bist. Du musst immer fokussiert bleiben und zusätzlich noch ins Fitness-Studio gehen, sonst schaffst du es nicht. Es geht eiskalt nach Leistung, auf dem Platz steht derjenige, der sich Mühe gibt und das Ding kann. Das ist leistungsorientiert und nichts anderes“.

Doch nicht nur die Sportler müssen rotieren, auch die ehrenamtliche Organisation läuft auf Hochtouren, um mit der Entwicklung des Vereins – der inzwischen über 80 Mitglieder zählt – Schritt halten zu können. „Es ist einfach viel Arbeit“, weiß Naujocks aus eigener Erfahrung. „Du kommst von einem 10-Stunden-Tag, beantwortest abends Emails und hast vielleicht noch ein Meeting, das ein, zwei Stunden geht. Wenn wir am Wochenende ein Spiel haben, bist du den ganzen Tag unterwegs. Es ist anstrengend, du gibst viel von deiner privaten Zeit auf und verzichtest auf viele Dinge. Aber am Ende ist es das wert. Es ist, wie wenn man ein Kind hat. Da kommst du auch von der Arbeit und musst dich darum kümmern“.

„Das ist jetzt unser kleines Baby, das langsam ganz schön groß wird“, greift ihre Schwester Sarah dieses Bild auf. „Aber egal, wie anstrengend es manchmal ist, bereut haben wir das nie, in keinem Moment – auch nicht bei minus 20 Grad im Schnee“.

Homepage der Leipzig Hawks
www.leipzig-hawks.de

Dieser Artikel erschien am 21.10.16 in der aktuellen Ausgabe 36 der LEIPZIGER ZEITUNG. An dieser Stelle zum Nachlesen auch für L-IZ.de-Leser. Dieses und weitere Themen finden sich in der aktuellen LZ-Ausgabe, welche neben den normalen Leipziger Presseshops hier im Szeneverkauf zu kaufen ist.

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