Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 63Kurz vor Silvester hatte Hagen Jahn ein bemerkenswertes Jubiläum. Zu diesem Zeitpunkt war der DHfK-Athlet sieben Jahre lang gelaufen – jeden Tag mindestens eine Meile. Und die Serie hält nach wie vor an. Streak-Running nennt sich diese Form des „Dauerlaufens“. Wie das damals begann, ob er wirklich jeden Tag gelaufen ist und warum es ihm gar nicht auf Statistik-Rekorde ankommt, verrät Jahn im Interview mit der LEIPZIGER ZEITUNG.
Stellen Sie sich doch zu Beginn bitte selbst erst mal kurz vor.
Mein Name ist Hagen Jahn, ich bin 36 Jahre, liiert und als Key Account Manager in einer Logistikfirma tätig. Ich starte für den SC DHfK Leipzig.
In welchem Alter haben Sie den Sport für sich entdeckt? Welche Sportarten haben Sie alles ausprobiert – und wann wussten Sie, dass Laufen das große Ding für Sie ist?
Den Drang, mich zu bewegen, hatte ich schon von Kindesbeinen an. Mit 6 Jahren habe ich begonnen, im Verein Fußball zu spielen – und als Ausgleich war Basketball immer meine große Leidenschaft. An Ausdauersport war da gar nicht zu denken, zumal ich beim Fußball als Stürmer ein laufintensives Spiel eher gemieden habe.
Nachdem ich berufsbedingt meine Fußballschuhe im Alter von 24 Jahren an den Nagel gehängt habe, musste ein Ausgleich her. Laufen war da die einfachste Variante, wenngleich es am Anfang immer wieder mit der Motivation haperte. Mein Bruder Hendrik war dann 2009 der Grund, mich für den ersten 10 km Lauf anzumelden. Von da an hatte es mich dann gepackt und das Suchen nach neuen Herausforderungen ging los.
Was waren in Ihrer Läuferkarriere die bisher schönsten Erfolge für Sie?
Erfolge oder Platzierungen sind nicht das primäre Ziel, vielmehr sind es die Erlebnisse von Wettkämpfen, die einem im Gedächtnis bleiben. So zum Beispiel der Berlin Marathon oder der Toronto Marathon, bei dem es nebenbei eine ziemlich coole Medaille in Tellergröße gibt, welche den Start allein rechtfertigt. Und man läuft die ersten 21 km eigentlich nur bergab. Das ist auch ganz schön, aber kann einen am Ende auch richtig ärgern. Ein weiterer besonderer Moment war das Finishen eines Iron Mans in Zürich, wenngleich sehr hart erkämpft, vergisst man den Moment des Zieleinlaufes nie wieder.
Am 29. Dezember haben Sie ein besonderes Jubiläum feiern dürfen: Sie sind seit sieben Jahren jeden Tag gelaufen. Hat dieses 7-Jährige eine besondere Bedeutung für Sie?
Vielleicht kurz zur Erklärung, was Streak-Running eigentlich bedeutet. Hier geht es darum, an so vielen aufeinanderfolgenden Tagen wie möglich mindestens eine Meile also 1,609 km zu laufen. Setzt man einen Tag aus, startet man wieder bei Tag 1. Ursprünglich war es die Neugier, ob man das überhaupt schaffen kann und vor allem auch zu erfahren, wie der Körper darauf reagiert.
So kamen schnell die ersten Tage, der erste Monat und bald das erste Jahr zusammen. Dass es mittlerweile sieben Jahre sind, ist schon verrückt. Aber ich verfolge kein Ziel oder eine bestimmte Jahreszahl. Wahrscheinlich wird einem das erst richtig bewusst, wenn der Streak irgendwann mal endet.
Sind Sie wirklich JEDEN Tag gelaufen? Waren Sie immer fit und nie krank?
Ja, auch wenn es ein wenig verrückt klingt, habe ich jeden Tag in den letzten sieben Jahren die Laufschuhe geschnürt. Mit dem täglichen Laufen bekommt man noch mal ein anderes, sehr intensives Verhältnis zu seinem Körper. Ich hatte das Glück, in den letzten Jahren keine ernsthafte Krankheit oder Verletzung zu haben, welche mich vom Laufen abhielten.
Zudem schult man seine mentale Stärke, da schlechtes Wetter halt kein Grund ist, einmal einen Tag auszusetzen. Es geht nicht um das Ob, sondern nur um das Wann passt es in den Tag. Klar sind die Muskeln nach einer harten Einheit oder auch nach einem Marathon mal etwas mehr in Mitleidenschaft gezogen. Dann passt man seinen Lauf am nächsten Tag an und macht halt nur 2-3 km in einem ganz langsamen Tempo.
Da kommen pro Jahr sicherlich jede Menge Kilometer zusammen. Wie viele Kilometer laufen Sie denn im Schnitt pro Tag?
Seit Beginn des Streaks Ende 2011 sind knapp 18.000 km zusammengekommen, was einem Schnitt von 2.500 km pro Jahr entspricht und knapp 7 km pro Tag. Das letzte Jahr war daher mit 2.260 km nicht ganz so umfangreich und auch in Sachen Wettkämpfe bis auf einen olympischen Triathlon in Heilbronn eher ruhig.
In der vergangenen LZ-Ausgabe hatten wir ein Interview mit einer Sportwissenschaftlerin der Uni Leipzig zum Thema Sportsucht veröffentlicht (LZ 62/ Seite 15: „Sind Sie sportsüchtig?“). Sehen Sie sich diesbezüglich selbst gefährdet?
Ich habe das Interview zwar nicht gelesen, aber man wird mit dem Thema Sucht oft konfrontiert und reflektiert das, was man tut. Vorab ist es wichtig, dass das tägliche Laufen bzw. Laufen allgemein für mich eine unglaubliche Gelassenheit und Entspannung bewirkt. Man hat jeden Tag die Möglichkeit, Zeit mit sich oder auch mit Freunden an der frischen Luft zu verbringen. Aber nur weil man täglich läuft, ist man nicht automatisch sportsüchtig.
Punkte, die wissenschaftlich gesehen für eine Sportsucht sprechen, kann ich ganz klar mit Nein beantworten. Dazu zählen unter anderem das unkontrollierte Erhöhen der Dosis, das Vernachlässigen sozialer Kontakte oder auch, dass man unter dem Sport leidet. Laufen ist ein wichtiger Teil meines Lebens, aber halt auch nur ein Teil von vielen. Aber vor allem kann ich ihn mit meiner Freundin oder Freunden gemeinsam ausüben und in vollen Zügen genießen.
Was sind in Ihrer Planung die sportlichen Highlights für das kommende Jahr?
Die Planung für 2019 steht ganz grob. Im Frühjahr sind ein paar kleinere Läufe geplant und der Leipzig Halbmarathon. Im Sommer dann noch ein, zwei halbe Iron Mans. Je nach Laune laufe ich dann vielleicht noch einen Marathon im Herbst, aber das entscheide ich erst im August nach der Triathlon Saison.
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Die neue Leipziger Zeitung Nr. 63: Protest, Vertrauen und eine gute Frage
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