Abschiedsspiel für die Leipziger Zeitung (LZ) im Team Print. Nach acht Jahren wechselt der Lokalmatador ablösefrei ins Team Digital. Der Mannschaftskader bleibt stabil, die Ziele ehrgeizig. In unseren 111 Ausgaben haben wir die sportlichen Geschehnisse in der Stadt begleitet, haben Höhen und Tiefen auf Papier festgehalten.

Und wie im Zeitraffer wird beim rückblickenden Blättern durch den inzwischen beträchtlichen Stapel Stadtgeschichte(n) noch einmal besonders deutlich, was für teils heftige Entwicklungen trotz der überschaubaren Zahl an Jahren ihre Spuren im hiesigen Sportgeschehen hinterlassen haben. Die drei folgenden Beispiele sollen das noch einmal illustrieren.

SC DHfK Handball: „Eine Vision wird Wirklichkeit“

Bereits in der 2. LZ-Ausgabe (06.06.2015) konnten wir unter genau dieser Überschrift Großes vermelden: Die Handballer des SC DHfK Leipzig haben ihr Handballmärchen verwirklicht und standen vorzeitig als Aufsteiger in die 1. Bundesliga fest.

Ein Sieg über den späteren Absteiger Hildesheim hatte diese Vision bereits fünf Spieltage vor Saisonende 2014/15 Wirklichkeit werden lassen. „Das war mit das Schönste und Emotionalste, was wir bisher im Handballbereich erlebt haben“, gab Karsten Günther hinterher zu Protokoll. Der heute 41-Jährige ist Geschäftsführer der DHfK Handball GmbH und das Mastermind hinter der grün-weißen Erfolgsgeschichte.

Begonnen hatte diese im Jahr 2007, als Günther und sein Oberliga-Team der SG Motor Gohlis-Nord (MoGoNo) nahezu geschlossen beim SC DHfK andockten und dort eine neue Handball-Abteilung begründeten. Sofort gelang der Aufstieg in die Regionalliga – und auch der umgehende Abstieg zurück in die Oberliga.

Dort holte das Team erneut Schwung, stieg 2010 in die neu installierte 3. Liga auf, von wo aus es 2011 direkt weiterging in die 2. Bundesliga. Emotionale Momente hatten Karsten Günther und Co. bis dato also bereits jährlich intensiv durchlebt. Und nach vier Jahren in der zweithöchsten Spielklasse war Leipzig endlich Teil der „Stärksten Liga der Welt“, wie sich die 1. Bundesliga selbst bezeichnet.

Aufstiegsjubel bei den SC DHfK-Handballern. Foto: Jan Kaefer
Aufstiegsjubel bei den SC DHfK-Handballern. Foto: Jan Kaefer

Inzwischen spielen die SC DHfK-Handballer bereits die achte Saison in Folge in der deutschen Handball-Beletage und streben dabei zum sechsten Mal einen einstelligen Tabellenplatz in der Abschlusstabelle an. Seitdem standen und stehen für Leipzig zahlreiche Nationalspieler auf der Platte – zudem übernahm Aufstiegstrainer Christian Prokop im Sommer 2017 nach einigem Hin und Her sogar das Traineramt bei der deutschen Nationalmannschaft.

Auch das löste heftige Emotionen in der grün-weißen Fangemeinde aus. Mit Transparenten wie „Du gehörst zum SC DHfK“ oder „Mach’s wie wir. Bleib hier!“, versuchten sie, den Weggang abzuwenden (LZ 38 vom 16.12.2016). Vergeblich, wie sich später zeigte.

Doch zunächst Michael Biegler, danach vor allem André Haber und aktuell Rúnar Sigtryggsson führten das Team bis heute dennoch weiterhin erfolgreich durch die Liga. So erfolgreich, dass seit ein, zwei Jahren ganz öffentlich von der Qualifikation für den Europacup geträumt wird. So schnell gehen Geschäftsführer Karsten Günther die Visionen also nicht aus. Wann wird die nächste Jubelparty steigen?

HC Leipzig: Vom Meistertraum zur Insolvenz – und dem mühsamen Weg zurück

Dass es im Sport aber durchaus auch in die andere Richtung laufen kann, zeigt sich am Beispiel des HC Leipzig. Der damals gern auch als „FC Bayern des Frauen-Handballs“ bezeichnete HCL steht in der Traditionslinie des schon zu DDR-Zeiten sehr erfolgreichen SC Leipzig. Mit insgesamt 23 Meistertiteln, 10 Pokalsiegen und vier Europapokal-Siegen gelten die Blau-Gelben bis heute als erfolgreichster Frauen-Handballverein Deutschlands.

Kein Wunder also, dass langsam etwas Unruhe aufkam, als der HCL 2015 bereits seit fünf Jahren nicht mehr Deutscher Meister gewesen war. „Der HC Leipzig und die Sehnsucht nach dem Pott“, titelte daher die LZ 19 (02.10.2015) kurz nach Beginn der damaligen Saison. Prominente Neuverpflichtungen wie Franzsika Mietzner oder Shenia Minevskaja sollten dabei helfen, diese Sehnsucht endlich zu stillen. Am Ende fehlten zwei Punkte zum Titel, aber immerhin gab es den Pokalsieg zu feiern. Es sollte erstmal der letzte Grund zur Freude gewesen sein.

Denn in der darauffolgenden Saison 2016/17 kam die HCL Bundesliga GmbH finanziell stark ins Schlingern. Mitte Februar 2017 gab Manager Kay-Sven Hähner auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz Verbindlichkeiten in Höhe von 900.000 Euro bekannt, von denen mindestens eine halbe Million bis Saisonende aufgetrieben werden müsste, um die Lizenz nicht zu gefährden. „Die Lage ist ernst, aber nicht aussichtslos“, sagte Hähner und bat die Handballfans um finanzielle Unterstützung.

Der Pokalsieg 2016 war der (vorerst) letzte Titelgewinn des HC Leipzig. Foto: Jan Kaefer
Der Pokalsieg 2016 war der (vorerst) letzte Titelgewinn des HC Leipzig. Foto: Jan Kaefer

Doch die Schulden waren nicht rechtzeitig zu stemmen. Und während die sportlichen Leistungsträgerinnen der Mannschaft nach und nach bei anderen Vereinen Unterschlupf suchten, reichte die GmbH Mitte Juli den Insolvenzantrag ein.

Darin war nun von 1,4 Millionen Euro Schulden und 300.000 Euro Außenständen die Rede – nachzulesen in der LZ 46 (25.08.2017) im Beitrag „Gerüchte, Halbwahrheiten und die Frage nach einem Schuldigen beim HC Leipzig“. Das Ende vom Lied: Dem HCL wurde die Bundesliga-Lizenz verweigert, sodass der Verein HC Leipzig 2017/18 mit dem Spielrecht der bisherigen 2. Mannschaft in der 3. Liga weitermachen musste.

Nach dem ersten Jahr landete der HCL dort mit seinem sehr jungen Team im Mittelfeld. „In der nächsten Saison ist der Angriff auf die 2. Bundesliga realistisch“, lautete die Kampfansage von Spielerin Lea Guderian (LZ 54 vom 27.04.2018). Sie behielt recht – und so kämpft sich der „neue“ HCL seit 2019 durch die 2. Liga.

Der Verein ist schuldenfrei und träumt von der Rückkehr ins Oberhaus. Dass das aber weit länger dauern könnte als gehofft, zeigt die aktuelle Tatsache, dass mit Lotta Röpcke ein absolutes Top-Talent den HCL in Richtung 1. Liga verlässt. Und es darf befürchtet werden, dass es nicht bei diesem einen Abgang bleiben wird.

Frauenfußball: Es ist kompliziert.

Die Entwicklung des Frauenfußballs in Leipzig gibt ein gutes Beispiel dafür ab, wie dynamisch sich im Sport eine Situation innerhalb kurzer Zeit entwickeln kann. In der Saison 2014/15, also der „Entstehungssaison“ der Leipziger Zeitung (LZ), wirkte die Lage noch recht überschaubar. Der FFV Leipzig spielte mit seiner 1. Mannschaft in der 2. Bundesliga und mit der 2. Mannschaft eine Klasse tiefer in der Regionalliga.

Das Titelblatt der 111. und letzten Printausgabe der LZ, März 2023. Foto: LZ
Das Titelblatt der 111. und letzten Printausgabe der LZ, März 2023. Foto: LZ

Der FFV war 2013 aus der Taufe gehoben worden, als beim 1. FC Lok die damalige Frauenfußball-Abteilung aus finanziellen Gründen per Beschluss der Mitgliederversammlung aus dem Verein ausgegliedert wurde. In der Regionalliga war mit dem SV Eintracht Leipzig-Süd (ELS) zudem eine zweite Leipziger Mannschaft gut im Rennen.

Doch schon mit Blick auf das nächste Spieljahr 2015/16 kündigten sich zwischen beiden Vereinen erste Dynamiken an. So unterzeichneten FFV und ELS einen Kooperationsvertrag, der zum Ziel hatte, die personellen und finanziellen Ressourcen unterm Dach des FFV zu bündeln, um dadurch vor allem in der 2. Liga stabiler zu werden und einen entsprechenden Unterbau aus dem Nachwuchs generieren zu können.

Doch bereits nach wenigen Monaten gab es deutliche Misstöne, denn nur fünf ELS-Akteurinnen hatten tatsächlich den Schritt zum FFV vollzogen, während es vier weitere zur Konkurrenz nach Dresden zog. Zudem waren Konzept und Kommunikation bemängelt worden. „Höhenflüge oder Bruchlandung?“, fragte die LZ 15 (04.09.2015) daher mit Blick auf die Kooperation.

Auf der Mitgliederversammlung im Januar 2016 kamen darüber hinaus auch noch 160.000 Euro Verbindlichkeiten ans Tageslicht (LZ 32 vom 10.06.2016). Nachdem der FFV dann trotz aller Bemühungen auch noch aus der 2. Liga abgestiegen war, kehrte ELS bereits in der darauffolgenden Saison wieder mit einer eigenen Mannschaft ins Wettkampfgeschehen zurück. Mit Umweg über die Landesliga kicken sie seit 2018 wieder in der Regionalliga, sind dort aktuell allerdings stark abstiegsgefährdet.

Der Abstieg in die Regionalliga sowie Schulden läuteten schließlich das Ende des FFV Leipzig ein. Zudem hatte der Sächsische Fußball-Verband (SFV) das bisher beim FFV angesiedelte Sächsische Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) für den Frauen- und Mädchenfußball sicherheitshalber an RB Leipzig weitergereicht.

Am 12. April 2017, während der laufenden Regionalliga-Saison, meldete sich der FFV schließlich aus dem Spielbetrieb ab. „Aus wirtschaftlichen Gründen ist ein weiterer Spielbetrieb nicht möglich“, hieß es seitens des Vereins – der damit von der Bildfläche verschwand.

Abruptes Ende für den FFV Leipzig im Frühjahr 2017. Foto: Jan Kaefer
Abruptes Ende für den FFV Leipzig im Frühjahr 2017. Foto: Jan Kaefer

„Wir haben per Whatsapp erfahren, dass wir mit sofortiger Wirkung abgemeldet sind. Weitere Gespräche wurden mit uns nicht gesucht“, ärgerte sich die langjährige Spielerin Katharina Freitag über die Vorgehensweise (LZ 43 vom 19. Mai 2017). Für sie und einige ihrer Teamkolleginnen ging es ab der Saison 2017/18 im selbst gegründeten FC Phoenix Leipzig e. V. weiter – und zwar ganz unten, in der Landesklasse (5. Liga).

Andere ehemalige Teammitglieder wechselten unterdessen zu Rasenballsport, das nach ihrem umstrittenen Direkteinstieg in der Landesliga (LZ 35 vom 16.06.2016) nun 2017 auch Regionalliga spielte.

Und während die Rasenballerinnen 2020 sogar in die 2. Bundesliga aufstiegen und am Ende der aktuell laufenden Saison mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit schließlich in der 1. Liga ankommen werden, dauerte der hoffnungsvolle Flug des Phoenix nur fünf Jahre. Die Kombination aus knappen Kassen, dünnem Spielerkader und Corona-Pandemie zwangen den inzwischen in der Regionalliga angekommenen Verein im März letzten Jahres zur Aufgabe.

Da aber viele Spielerinnen trotzdem weiter Lust auf Fußball hatten, sind sie nun bei der BSG Chemie Leipzig untergekommen, die zu Saisonbeginn nach vielen Jahren wieder ein Frauenteam ins Rennen schickte. Und wieder hieß der Startpunkt 5. Liga (LZ 104 vom 29.07.2022). Es bleibt also dynamisch.

„Aufstieg, Pleiten, Emotionen: Ein Rückblick auf acht sportliche LZ-Jahre“ erschien erstmals am 31. März 2023 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 111 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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