Normal ist das nicht: Da kassiert die eigene Mannschaft eine deftige 16-Tore-Niederlage und fliegt in hohem Bogen aus dem DHB-Pokal. Doch die 5.700 Zuschauer in der ausverkauften Arena feiern trotzdem ausgelassen ihr Team, sich selber und das Leben im Allgemeinen. Aber was ist schon normal, wenn der Meister, Pokalsieger, Supercup-Gewinner und Champions-League-Sieger zu Gast ist - auch bekannt unter dem Kürzel THW Kiel.

Alle 15 Spieler im Kader des THW haben Länderspieleinsätze in ihrer Vita vorzuweisen – insgesamt bringen sie es auf eindrucksvolle 1.802 Partien in ihren jeweiligen Nationalteams. Zum Vergleich: Der SC DHfK darf sich über vier Akteure freuen, die handballerisch bereits international für ihr Land tätig waren, insgesamt 22 mal. Zudem ist der Gast aus dem Norden seit 52 nationalen Spielen ohne jegliche Niederlage, während die Leipziger gerade eine ärgerliche Serie von drei Verlorenen Spielen zu verdauen hatten. Allein diese wenigen Zahlen reichen aus, nicht umhin zu kommen, die Favoritenrolle klar zu definieren.

Der Ansturm auf das Live-Erlebnis mit der besten Handball-Mannschaft der Welt war riesig. Keine zwei Stunden hatte es gedauert, bis alle 5.700 Tickets vergriffen waren. Die Zweitligsten des SC DHfK wollten sich vor dieser einmaligen Kulisse nicht lumpen lassen, starten wild entschlossen ins Spiel. Den 0:1-Rückstand durch Narcisse glich Prokopec umgehend aus – es sollte das erste seiner insgesamt 8 Tore sein. Von da an durfte der SC DHfK eine mehrmalige Führung genießen. Beim 4:2 (6.) – einem frechen Effet-Dreher von Prokopec – genoss man sogar kurzzeitig eine Zwei-Tore-Führung.

Erst nach zehn Minuten sahen sich die Weltstars erstmals wieder vorn (6:7). Zwar konnte Leipzig noch zweimal ausgleichen, doch nach dem 8:8 (12.) von Baumgärtel zogen die Kieler allmählich von dannen. Beim 10:11-Anschluss (16.), abermals von Prokopec erzielt, schnupperten die Leipziger letztmalig am Ausgleich. Drei Minuten später jedoch stand es schon 10:14, und der Halbzeitstand fiel mit 15:23 in Anbetracht der couragierten DHfK-Leistung eigentlich schon ein paar Tore zu hoch aus.
Drei Minuten nach Wiederanpfiff musste der Underdog die erste 10-Tore-Differenz schlucken (15:25/33.). Doch man zerfiel nicht, kämpfte stattdessen munter weiter. Über 20 Minuten lang ließen die Grünen nicht zu, dass der THW den Abstand ausbaute. Konstant bewegte man sich um die Zehn herum. Deutlicher wurde es erst in den letzten zehn Spielminuten, als die Zeitstrafen gegen Riehn und Galia eine doppelte Unterzahl bedeutete. Zwischen der 54. und 58. Minute legte Kiel eine flotte 6-Tore-Serie hin und entschwebte auf 26:42. Beim Erklingen der Schlusssirene stand ein 27:43 auf der Anzeigetafel.

“Wir haben uns gegenüber den letzten Spielen im Angriff deutlich verbessert. Aber wir haben trotzdem noch zu viele Chancen vergeben und sind nach hinten raus ins offene Messer gelaufen”, urteilte DHfK-Trainer Uwe Jungandreas. “Wir haben alles gegeben”, ergänzte sein Kapitän Rico Göde, ärgerte sich aber doch ein wenig über das gar zu deutliche Endresultat: “16 Tore Unterschied ist schon ein bisschen schade, aber die doppelte Unterzahl am Ende hat uns ein bisschen das Genick gebrochen”.

“Klar haben wir gewusst: an einem normalen Tag von Kiel haben wir gegen die keine Chance”, machte sich auch Rechtsaußen René Boese keine Illusionen. “Wir wollten Spaß am Spiel und am Kampf haben. Ich denke, das haben wir geschafft. Wir haben den Zuschauern ein schönes Spiel geboten, und das war das Ziel”. Für die DHfK-Handballer muss der Blick jetzt schnell wieder auf das Tagesgeschäft in der Liga gerichtet werden. Schon am Sonntag (17:00 Uhr) empfangen die Leipziger an gleicher Stelle die HSG Nordhorn-Lingen. Dann soll die Negativserie endlich durchbrochen werden. Das Spiel gegen den THW Kiel könnte dafür eine gute Vorbereitung gewesen sein. “Wenn man sieht, dass man gegen eine Spitzenmannschaft wie Kiel teilweise mithalten kann, gibt einem das wieder Vertrauen, denn wir merken ja, dass wir es können. Das müssen wir jetzt am Sonntag wieder zeigen”, zeigt sich René Boese breitschultrig.
3. Runde im DHB-Pokal:
SC DHfK Leipzig vs. THW Kiel 27:43 (15:23)

SC DHfK Leipzig: Galia, Pulay – Dietzmann, Emanuel (2), Streitenberger (1), Baumgärtel (4), Binder (1), Boese (2), Jacob (6), Riehn (1), Prokopec (8/5), Feld, Göde (2), Müller, Telehuz. Trainer: Uwe Jungandreas.
THW Kiel: Omeyer, Palicka – Toft Hansen (1), Sigurdsson (8), Sprenger (6), Ahlm (2), Wiencek (3), Ekberg (2), Zeitz (3), Narcisse (5), Ilic (5/2), Klein (1), Jicha (1), Vujin (6/2). Trainer: Alfred Gislason.

Schiedsrichter: Martin Thöne/ Marijo Zupanovic (Berlin). Siebenmeter: SC DHfK 5/5 (Prokopec 5/5), Kiel 5/4 (Ilic 2/2, Jicha 1/0, Vujin 2/2). Zwei-Minuten-Strafen: SC DHfK 4x (Galia, Baumgärtel, Binder, Riehn), Kiel 1x (Jicha). Zuschauer: 5.700 (ausverkauft!) in der Arena Leipzig.

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