Im Laufe der letzten Jahre drohte die Glut zu erlöschen. Doch jetzt entfachten die Fußballvereine aus der Regionalliga Nordost das Feuer der Diskussion zur großen Flamme, in der das heiße Eisen namens „Aufstiegsregelung 3. Liga“ endlich in eine sportlich gerechte Form geschmiedet werden soll. Dafür machen sich die Vereine nun konsequent gegenüber dem Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) stark.

„Seitdem wir zuletzt mit dem Verband darüber gesprochen haben, sind drei Jahre vergangen. In diesen drei Jahren ist nichts passiert. Deswegen ist es jetzt an der Zeit, alle Leute wieder munterzumachen“, beschreibt BSG Chemie-Präsident Frank Kühne die Ausgangslage.

„Es kann nicht sein, dass eine Mannschaft, die viel investiert hat und sportlich Erster wird, nicht den Aufstieg bekommt, sondern noch einmal in die Relegation muss. Die ganze Saison wird dann in 180 Minuten entschieden. Dass zwei Verbände schon über die ganzen Jahre hinweg einen direkten Aufsteiger haben und die anderen drei das jeweils untereinander ausspielen müssen, geht einfach nicht.“

Aktuell läuft es in Sachen Aufstieg in die 3. Liga so: Für die Aufsteiger stehen vier Plätze zur Verfügung. Doch da es insgesamt fünf Regionalligen gibt, geht jedes Jahr ein Staffelsieger leer aus. Die Regionalligen West und Südwest sind fein raus, ihre Sieger dürfen direkt in die 3. Liga hoch. Das kurze Streichholz zieht also automatisch ein Staffelsieger aus den Regionalligen Nordost, Nord oder Bayern.

Dabei kommt ein Rotationsmodell zur Anwendung, wonach jährlich wechselnd einer der drei Sieger direkt aufsteigt und die anderen beiden Sieger in einer Relegation den verbleibenden Aufstiegsplatz ausspielen. Dieses Jahr hat der Nord-Sieger das Direktmandat, der Nordosten und Bayern müssen in die Stichwahl.

Das LZ Titelblatt vom Monat Oktober 2022. VÖ. 28.10.2022. Foto: LZ

Gegen diese Ungerechtigkeit regt sich bei den Fußballvereinen aus dem Nordosten seit dem Sommer gemeinsamer Widerstand. Auf der jährlichen NOFV-Staffeltagung im Juli haben die Vereine beschlossen, die Aufstiegsregelung erneut zu thematisieren und dahingehend gemeinsam aktiv zu werden. Als Arbeitsgremium wurde daher die „AG 3. Liga“ gebildet, der neben dem NOFV auch Vertreter des 1. FC Lok Leipzig, Carl Zeiss Jena, Chemnitzer FC, FSV Zwickau und Viktoria Berlin angehören.

„Auf der AG-Sitzung im August haben wir gesagt, wir wollen einen Antrag formulieren, der den NOFV beauftragt, sich um die Aufstiegsregelung zu kümmern“, erklärt Lok-Geschäftsführer Martin Mieth, der als Vertreter der Probstheidaer in diesem Gremium aktiv ist.

Fast alle Vereine der Regionalliga Nordost (RLNO) haben diesen Antrag schließlich beim NOFV eingereicht und am 7. Oktober auf ihren Homepages darüber informiert. Das geschah pünktlich zur 6-Wochen-Frist, die der NOFV für die Einreichung von Sachanträgen für seinen Verbandstag am 19. November setzt.

Durch diese Sachanträge soll das Präsidium des NOFV beauftragt werden, „einen Antrag zur Einberufung eines Außerordentlichen Bundestags (…) mit dem Tagesordnungspunkt ‚Änderung des § 55b DFB-Spielordnung zur Einführung einer neuen Aufstiegsregel zur 3. Liga ab der Spielzeit 2023/2024, durch die alle Regionalligameister (…) gleichbehandelt werden‘ zu stellen.“ Die Einberufung eines solchen Außerordentlichen DFB-Bundestags setzt allerdings voraus, dass entweder zwei Regionalverbände oder sechs Landesverbände einen Antrag in gleicher Sache stellen.

Da im NOFV mit Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern genau die geforderten sechs Landesverbände organisiert sind, könnte dieses Ansinnen also aus dem Nordosten heraus umgesetzt werden – wenn Einigkeit herrscht. Deshalb fordern die Vereine das NOFV-Präsidium außerdem auf, auf dem Verbandstag den Antrag zu unterstützen, die Landesverbände auf eine gemeinsame Linie einzuschwören und über die Einberufung des Außerordentlichen Bundestags zu votieren.

Dass es auf dem Verbandstag in Potsdam tatsächlich dazu kommen wird, scheint fraglich. Denn das Präsidium des NOFV hat auf seiner Sitzung am 14. Oktober beschlossen, den Antrag der Vereine nicht unterstützen zu wollen.

Präsident Hermann Winkler begründete das, neben hohen Zusatzkosten, vor allem mit der Befürchtung, aufgrund des engen Zeitfensters (es blieben nur 9 Wochen Zeit) keinen ausreichend mehrheitsfähigen Entwurf auf den Weg bringen zu können und so beim Bundestag krachend zu scheitern. Denn der NOFV und seine Landesverbände haben dort selbst nur 22 Stimmen von insgesamt 262. Es werden also dringend Verbündete benötigt. Daher plädiert Winkler dafür, das Thema gut vorbereitet beim nächsten Ordentlichen DFB-Bundestag einzubringen. Der findet allerdings erst im Jahr 2025 statt.

In der Saison 2019/2020 musste der 1. FC Lok gegen den SC Verl in die Aufstiegsrelegation - und scheiterte an der Auswärtstorregel (2:2/ 1:1). Foto: Jan Kaefer
In der Saison 2019/2020 musste der 1. FC Lok gegen den SC Verl in die Aufstiegsrelegation – und scheiterte an der Auswärtstorregel (2:2/1:1). Foto: Jan Kaefer

Die antragstellenden Fußballvereine reagierten enttäuscht und brachten am 19. Oktober unter dem Titel „Der Ball ist nicht mehr rund – Für Fairplay und Chancengleichheit!“ eine Petition an den Start. Mit deren Hilfe werden Unterstützende gesucht, die mit ihrer Unterschrift den Druck auf NOFV und Landesverbände erhöhen sollen, damit auf dem Verbandstag vielleicht doch noch den eingereichten Forderungen entsprochen wird.

Als Reaktion hat der NOFV die Vereine nun für den 9. November zu einer gemeinsamen Beratung nach Landsberg eingeladen. Die Ergebnisse dieses Treffens dürfen mit Spannung erwartet werden – und die des Verbandstages am 19. November ebenso.

Die NOFV-Vereine knüpfen derweil weiter an ihrer Vernetzung zu Vereinen anderer Regionalligen. So steht beispielsweise am 3. November in Leipzig ein Treffen einiger Nordost-Klubs mit solchen aus den Regionalligen Nord und Bayern auf dem Programm. Kennenlernen, austauschen, Strategien diskutieren ist angesagt.

Dabei steht immer auch die Frage im Fokus, welche Modelle zur Mehrheitsfähigkeit taugen könnten. „Das wird jetzt nicht in drei Wochen geklärt werden können“, weiß auch Lok-Geschäftsführer Mieth um die Komplexität der ganzen Angelegenheit. „Man braucht da schon einen langen Atem, aber wir werden nicht lockerlassen.“

„NOFV-Vereine wollen heißes Aufstiegs-Eisen schmieden: Wir werden nicht lockerlassen!“ erschien erstmals am 28. Oktober 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 107 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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