Am 20. Januar feiert der 1. FC Lok Leipzig seinen 50. Geburtstag. Drei Leipziger Fußballexperten haben Verein und Fans pünktlich zum Fest einen sehenswerten Bildband beschert. Zwischen zwei Buchdeckeln findet sich darin auf 320 Seiten die fotografische Historie der Blau-Gelben, vom ersten offiziellen Mannschaftsbild 1966 bis zur laufenden Saison. Mit-Herausgeber Marko Hofmann spricht im L-IZ-Interview über die Entstehung des Werkes.
Marko, du bist neben Thomas Franke und Matthias Löffler einer der drei Herausgeber des 50-Jahre-Bildbandes. Was war dein Schlüsselerlebnis, durch das du einst mit dem “Lok-Virus” infiziert worden bist?
Ich gehe – wie meine Kollegen – schon seit mehreren Jahrzehnten zu Lok beziehungsweise zum VfB. Ein richtiges Schlüsselerlebnis gab es nicht. Der VfB war damals – 1995 – die große Fußballnummer. Mein Bruder erzählte mir oft von den Bundesliga-Spielen, wenn er heimkam. Irgendwann hatte ich ihn so genervt, dass er mich mal mitnahm. Der VfB spielte damals oben mit, erreichte aber nur ein 1:1 gegen Fortuna Köln durch ein Tor von Ronny „Chancentod“ Kujat. Nicht gerade ein echtes Schlüsselerlebnis.
Mein täglich Brot verdiene ich mir mittlerweile als Lehrer, auch meine Kollegen haben feste Jobs, mit denen eigentlich kaum Zeit für so ein Projekt bleibt. Wir haben es trotzdem durchgezogen und haben dafür einige kurze Nächte und lange Tage in Kauf genommen. Lok wird eben nur einmal 50.
In einem Buch 50 Fußball-Jahre zusammenzufassen klingt nach einer großen Herausforderung. Beschreibe doch bitte mal das von euch umgesetzte Konzept und warum ihr gerade dieses ausgewählt habt.
Ursprünglich sollte es eine lange Chronik werden mit vielen Texten, Interviews und vielen Fotos. Aber wenn man nur mal schaut, mit wem man dann alles reden müsste, um wirklich etwas Fundiertes anzubieten: Mit allen noch lebenden Trainern, nach meiner Rechnung über 20! Dann mindestens alle Kapitäne, natürlich mit den Ikonen der jeweiligen Jahrzehnte, mit Spielern, die in wichtigen Spielen entscheidende Tore gemacht haben, mit Funktionären, Stadionsprechern, Medizinern.
Jeder weiß eine Geschichte zu erzählen. So ein Konvolut wäre Wahnsinn gewesen. Dazu braucht man ja selbst als Vollzeitautor mehrere Jahre. Wir wussten aber, dass es etliche Fotografien gibt, mit denen man die Geschichte des FCL nacherzählen kann. Daher haben wir uns erstmal für die Chronik in Bildern entschieden, eine richtige Chronik ist damit aber natürlich nicht vom Tisch.
Das Buch wird eröffnet mit dem wahrscheinlich letzten Grußwort, das Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident verfasst hat. Wie schwierig war es, ihn dafür zu gewinnen?
Ach, das war gar nicht so schwer. Der 1. FC Lok ist ja beim DFB immer noch ein Name, von daher war die Zusage recht zeitig da. Doch dann wurde es zeitlich auf einmal knapp, weil uns die Affäre zur Vergabe der WM 2006 in die Parade grätschte und die DFB-Pressestelle natürlich besseres zu tun hatte. Dass Niersbach wenig später zurücktreten musste, ist für das Vorwort natürlich eine sensationelle Pointe.
Die Recherchen waren für euch vermutlich auch selbst eine spannende Zeitreise. Gibt es Dinge, die ihr herausgefunden habt, die euch wirklich überrascht oder beeindruckt haben?
Auf jeden Fall haben wir jetzt zu fast jedem Lok-Spieler, den wir noch nicht kannten, ein Gesicht (lacht). Ernsthaft: Wir mussten bei einigen Fotoschätzen schon bei den Ex-Spielern Wolfgang Altmann und Karli Drößler nachfragen, wer hier im Hintergrund zu sehen ist. Außerdem haben wir das erste bekannte Mannschaftsfoto des FCL aus dem März 1966 entdeckt.
Man glaubt gar nicht, wo man überall Bilder von Lok-Spielen findet. Natürlich haben wir zuerst die Fotoarchive der hiesigen Medien angesteuert, dazu mussten wir aber auch zahlreiche Fotografen ausfindig machen, die zum Glück meist noch ihr Material hatten. Fotograf Thomas Härtrich hat uns sogar in sein 2.500 Fototaschen fassendes Archiv gelassen.
Natürlich hatten wir auch Bilder, bei denen wir ganz schön knobeln mussten, um das Jahr herauszufinden. Es gibt beispielsweise ein Bild, was den Einlauf zweier Mannschaften im Plache-Stadion zeigt. Über die Trikots und die Jahreszeit konnten wir die Partie ausfindig machen.
Es war Lok gegen Jena, aber dieses Spiel fand zwei Jahre in Folge im Frühjahr statt. Am Ende rettete uns das längste Wohnhaus Europas in der Chemnitzer Straße. Das ist auf dem Bild zu sehen, war aber erst im Herbst 1968 erbaut worden. Außerdem half uns dabei Ex-Kapitän Wilfried Gröbner, der uns die entscheidenden Tipps gab.
Außerdem bekamen wir Bilder aus dem Nachwuchs, von denen wir beispielsweise lernten, welche Rolle das Zentrale Hallenturnier um den „Wanderpokal des 13. Dezember“ der Knaben hatte. Es war die inoffizielle Knabenmeisterschaft. Die gewann Lok 1971 unter anderem mit Liebers, Müller, Ferl, Dennstedt….
Was waren die größten Schwierigkeiten, denen ihr euch bei der Erstellung des Buches gegenüber saht?
Natürlich das Zeitproblem. Wir gehen alle drei voll arbeiten, haben teilweise Familie. Also blieben nur die Abende und Nächte. Wir trafen uns x-Mal, um Bilder auszuwählen, Bildunterschriften festzulegen und so weiter. Eine Gold-Edition gibt es ja auch noch, was wiederum Mehrarbeit bedeutete.
Fahrten in die Druckerei kosteten auch Tage, die Korrekturen waren sehr zeitaufwendig. Einige Nachmittage verbrachten wir auch im Sportmuseum. Eine Repro-Firma wurde zwischengeschaltet, da viele Fotos druckfähig aufgearbeitet werden mussten. Alles viele kleine Dinge und Wege, die sich aber summieren.
Naja und dann sprang der Layouter auch noch zehn Tage vor Drucklegung ab. Für zwei Tage herrschte absolute Katerstimmung. Wir haben zum Glück jemanden gefunden, der sich dieses Mammutprojekt in der Kürze der Zeit ans Bein gebunden hat und mehr als ein Ersatz war. Er hat dem Buch noch mal den entscheidenden grafischen Schliff gegeben.
Gab es Dinge, die ihr eigentlich unbedingt gern im Buch dabei gehabt hättet, aber das Material nicht gefunden oder bekommen habt?
Oh ja! Wir haben monatelang nach einem Motiv des Landespokalsiegs der VfB Amateure 1996 gesucht. Wir telefonierten sämtliche Medien in Leipzig und Chemnitz, wo das Finale stattfand, ab. Keiner hatte etwas. Auch die Spieler hatten kein Bild. Das muss man sich mal vorstellen. Es gibt vom einzigen Landespokalsieg des VfB kein Foto. Nun haben wir aber doch noch eins drin…
Außerdem war es viele Jahre Tradition, dass sich vor dem FDGB-Pokalfinale beide Mannschaften für ein gemeinsames Mannschaftsfoto postierten. Von sechs der sieben Finals haben wir ein solches Fotos. Ausgerechnet vom letzten Finale gegen Rostock 1987 fehlt es. Wir haben sogar beim damaligen Gegner Hansa Rostock angerufen, Nummern von Rostocker Spielern organisiert. Hier war aber wirklich nichts zu machen.
Ein besonderer Gruß geht zudem an den FC Barcelona. Lok spielte 1982 dort, siegte 2:1. Die Spanier haben sogar ein Dokumentationszentrum, was sich um die Historie kümmert. Wir nahmen also mithilfe eines Übersetzers auf Spanisch Kontakt auf. Prinzipiell sei das kein Problem, erfuhren wir, aber man wolle erst den kompletten Text lesen, in dem das Spiel erwähnt wird. Vorher wird kein Foto rausgerückt. Das war natürlich für uns bei unserem engen Zeitrahmen nicht machbar.
Auf die Kappe der am 50-Jahre-Buch beteiligten Autoren gehen ja auch schon die beiden Lok-Standardwerke “Von Athen nach Althen” und “neunzehn87”. Schweben euch bereits weitere Themen vor, die früher oder später zwischen zwei Buchdeckel gepresst werden könnten?
Klar, die Themen gehen nicht aus. 2018 jährt sich der Bundesliga-Aufstieg zum 25. Mal. Wäre doch ein guter Anlass für ein neues Buch, oder?
Angaben zum Buch:
Thomas Franke, Marko Hofmann, Matthias Löffler (Herausgeber):
“50 Jahre 1. FC Lokomotive Leipzig”
MMT Verlag GbR, 1. Auflage 2016 (limitiert auf 2.016 Exemplare)
320 Seiten, 29,90 Euro
ISBN 978-3-00-051398-5
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