Bevor Markus Herwig zu seiner Amazonas-Durchquerung in "See" stach, gönnte er sich ein paar entspannte Tage im kolumbianisch-brasilianischen Grenzgebiet. Das traf sich gut, denn das Nationalteam Kolumbiens war gerade dabei, seine Vorrundengruppe komplett aufzumischen. Mit drei Siegen sorgte es auch im Städtchen Leticia für ausgelassenen Jubel. Zum Spiel gegen Japan war in der 38.000-Seelen-Gemeinde Public Viewing angesagt.

Mitten an der Hauptstraßenkreuzung war dafür an der Ampel eine große Leinwand errichtet worden. Der klare 4:1-Sieg sorgte für den passenden Stimmungsrahmen. “Kolumbien macht mächtig Spaß bei der WM!”, findet auch Markus Herwig.
Für ihn hieß es nun aber Abschied nehmen. Vier Tage lang, war der Abenteurer bei Juan Carlos zu Gast gewesen und hatte dort beim Bau eines neuen Zaunes tatkräftig mit angepackt (siehe Teil 4 der Serie). “Er nimmt gern Leute auf.”, weiß Herwig eine gute Adresse für Brasilien-Reisende, und fügt augenzwinkernd hinzu: “Ihr könntet dann auch noch mal meine Schrauben vom Zaun nachziehen”.

Die nächsten drei Tage wird der Leipziger Journalist auf der MS Oliveira verbringen. Fast 2.000 Kilometer schippert er den Amazonas stromabwärts. Sein Ziel: Manaus. “Ich freue mich darauf”, kabelte Herwig, “wobei da immer noch die Frage im Raum steht: Wie schaue ich die Spiele?”.
Dank eines guten Tipps, den Juan ihm zum Abschied mit auf den Weg gab, konnte Markus Herwig schon einen Tag vor dem Ablegen an Bord des Schiffes gehen. Der Vorteil: Nahezu freie Wahl des Hängematten-Platzes. Denn das müde Haupt wird hier nicht in einer klimatisierten Einzelkabine auf’s Kissen gebettet, sondern die Passagiere hängen buchstäblich gemeinsam auf Deck ab – Hängematte neben Hängematte.

“Eng nebeneinander drei Tage lang den Amazonas runterschaukeln, das hat echt Spaß gemacht!”, war Herwig von dieser ungewohnten Art zu Reisen begeistert. “Den Dschungel immer im Blick und sowohl Sonnenauf- als auch Sonnenuntergänge direkt auf zwölf Uhr. Das Leben könnte schlimmer sein.”

Und auch die Sorge, hier an Bord möglicherweise die WM-Spiele nicht mitverfolgen zu können, löste sich in Wohlgefallen auf. Denn: Auf jeder Etage hing ein Flatscreen-Fernseher an der Wand, der die Fußballinteressierten auf dem Laufenden hielt.
Kurz vor dem Ziel Manaus, dort wo Amazonas und Rio Negro aufeinander treffen, bietet sich den Reisenden ein interessantes optisches Phänomen: zwei unterschiedlich gefärbte Flüsse fließen kilometerlang nebeneinander her. Der Amazonas mit seiner an Milchkaffee erinnernden Farbe tangiert hier den – wie der Name schon vermuten lässt – schwarzen Rio Negro. Grund für das Schauspiel sind die unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten und Temperaturen der Flüsse. “Sieht witzig aus!”, findet Markus Herwig.

Nach drei Tagen und drei Nächten legte die MS Oliveira wohlbehalten in Manaus an. Hier verfolgte der Leipziger gemeinsam mit vielen, vielen Brasilianern das Achtelfinale des Gastgebers gegen Chile. Mit einem 3:2-Sieg im Elfmeterschießen zitterte sich Brasilien eine Runde weiter.

“Das Achtelfinale gegen Chile war eine knappe Kiste und die so begeisterungsfähigen Brasilianer haben oft nur den Kopf geschüttelt. Aber sie sind noch dabei und nur das zählt am Ende”, so das Fazit von Herwig. Für ihn wird es in Kürze wieder auf’s Schiff gehen – nächster Halt: Santarém.
Info zur Serie: Mit zwei Rucksäcken hat sich Markus Herwig auf den Weg nach Brasilien gemacht. Er will den Amazonas einmal komplett von West nach Ost durchqueren und dabei herausfinden, welchen Stellenwert für die Menschen abseits des großen WM-Trubels das Turnier im eigenen Land hat. Was er auf seiner Reise erlebt, gibt’s hier auf L-IZ.de zu lesen.

Bereits erschienene Folgen der Serie “WM abseits der Pfade”:
Teil 1: Auf dem Amazonas quer durch Brasilien
Teil 2: “Jetzt wo wir die Party bezahlt haben, können wir sie auch feiern”
Teil 3: Nette Menschen in Tabatinga und jede Menge Motorräder
Teil 4: Zaun-Bau und Papageien-Konzert

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