Gewalt im Umfeld von Fußballspielen sorgt weiterhin für eine hohe Belastung für die Polizei. Zu Heimspielen der sächsischen Klubs in der 2. und 3. Liga waren in der Saison 2012/2013 insgesamt über 17.000 Polizisten bzw. über 300 Beamte pro Spiel im Einsatz. Das waren im Verlauf der Saison mehr als 105.000 Einsatzstunden. Innenminister Markus Ulbig (CDU) forderte vor diesem Hintergrund am Dienstag die Einführung personalisierter Stadiontickets.
“Gewalt im Sport ist so wie Alkohol am Steuer: Kein Kavaliersdelikt. Randale im Stadion ist keine Fankultur, sondern absolut inakzeptabel”, meint Ulbig (CDU). “Wir lassen uns von einigen Idioten nicht den Sport kaputt machen. Die Vereine müssen deshalb noch stärker in die eigene Präventionsarbeit investieren und Randalierer müssen schnell und konsequent bestraft werden.”
Insgesamt sei die Entwicklung in Sachsen jedoch positiv. Vor allem die Saison 2012/2013 könne als weiterer Schritt bei der Verbesserung der Sicherheitslage in und um die Fußballstadien und bei der Zurückdrängung von Gewalt bei Fußballspielen bewertet werden. Die Anzahl an Störungen und Ausschreitungen im Freistaat ging leicht zurück. Alle Beteiligten hatten ihre Anstrengungen darauf ausgerichtet, Auseinandersetzungen zwischen Fangruppierungen zu verhindern. Hierzu wurde unter anderem der Shuttleverkehr an weiteren Standorten genutzt. Die Sächsische Polizei konnte bis auf drei Ausnahmen alle Spiele allein absichern.
“Mit unserem Sicherheitskonzept sind wir auf einem guten Weg”, so Ulbig. “Ich bedanke mich deshalb bei allen Beamten, die an den Spieltagen für Sicherheit und Ordnung in und ums Stadion sorgen. Unser Ziel ist aber, die Kräfte verstärkt in der Kriminalitätsbekämpfung einzusetzen.”
“Mit unserem Sicherheitskonzept sind wir auf einem guten Weg”, so Ulbig. “Ich bedanke mich deshalb bei allen Beamten, die an den Spieltagen für Sicherheit und Ordnung in und ums Stadion sorgen. Unser Ziel ist aber, die Kräfte verstärkt in der Kriminalitätsbekämpfung einzusetzen.”
Problematisch bleibt weiterhin das hohe Potential an sogenannten Problemfans. Im Laufe der Saison wurden in Sachsen insgesamt 71 Personen verletzt, darunter 30 Polizisten. In der Vorsaison kamen lediglich 18 Menschen zu Schaden. “Bei der Lösung des Problems darf es keine Denkverbote geben”, erklärt Ulbig. “Personalisierte Tickets sind eine Möglichkeit, Randalierer aus dem Stadion rauszuhalten.”
Eine Haltung, mit der der Minister jedoch relativ allein stehen dürfte. “Wir sind gegen personalisierte Eintrittskarten”, erklärt Sarah Köhler, Leiterin des Leipziger Fanprojekts. “Zum einen ist es ein hoher, auch datenschutzrechtlicher, Aufwand für die Vereine. Personalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang ja auch nur, dass beim Kauf der Eintrittskarte der Käufer die Personalien abgibt. Wer dann schlussendlich mit der Karte ins Stadion geht, steht auf einem anderen Blatt Papier. Man müsste dann ja am Einlass jede Karte mit dem Personaldokument vergleichen.”
Eine flächendeckende Ausweiskontrolle wurde selbst während der Weltmeisterschaft 2006 nicht umgesetzt, obwohl auf jeder Karte Name und Passdaten des Besitzers mittels eines Chips eingespeichert waren. Auch der Schwarzmarkt konnte damals durch dieses umstrittene Mittel nicht spürbar eingedämmt werden. Weiterhin geben viele Profivereine schon heute ihre Dauerkarten personalisiert aus. Gewalttäter hielt dies bisher nicht vom Stadionbesuch ab.
Möchte Ulbig etwa die Sicherheitsdebatte neu aufwärmen, die im Vorjahr Fußball-Deutschland entzweite? Damals forderte der Minister vehement die Einführung von Sicherheitszuschlägen bei Risikospielen. Gerade im Profifußball eine obsolete Forderung, ignorierte Ulbig doch völlig, dass die brisanten Spiele gegen attraktive Gegner von vielen Vereinen bereits seit Jahren mit sogenannten “Topspiel-Zuschlägen” bedacht werden.
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“Eine Personalisierung bedeutet in unseren Augen eine Kriminalisierung der großen Masse der Fans, die alle von solchen Maßnahmen betroffen wären”, meint Köhler. Viele Stadiongänger, deren Fanclubs und Interessensverbände dürften ähnlicher Auffassung sein. Sollte Ulbig weiter auf Ausweis-Tickets pochen, wären Proteste wohl vorprogrammiert.
Mit Vorsicht sind auch einige von ihm vorgelegten Zahlen zu genießen. Sie geben keinen Aufschluss darüber, wie viele Fans von Polizeibeamten verletzt wurden. Dass sich Sachsens Polizisten bei Fußballeinsätzen nicht immer an Recht und Gesetz zu halten scheinen, belegte jüngst das Video von einem Einsatz nach einem Bezirksligaspiel in Zwenkau Ende September. Die Beamten wirkten durchweg gestresst, was dann auch die Freude Ulbigs über den hohen Einsatz sächsischer Polizeibeamter durchaus relativiert. Angehörige einer Spezialeinheit verprügelten grundlos einen unbeteiligten Zuschauer, weil dieser den Einsatz mit seinem Handy filmte (L-IZ.de berichtete). Möglicherweise das fatale Resultat von Ulbigs Personalsparpolitik?
Personalisierte Tickets können die Arbeitsbelastung für Sachsens Polizisten wohl kaum spürbar reduzieren. Fanprojekt-Chefin Köhler: “Im Ergebnis muss doch die Polizei nach etwaigen Ausschreitungen für die Strafverfolgung die Daten von den konkret verdächtigen Personen im Rahmen ihrer Ermittlungen nochmals erfassen, sodass eine Personalisierung von Tickets aus unserer Sicht ein stumpfes Schwert ist.”
Dass es mit rein restriktiven Maßnahmen ohne Einbeziehung der Fans nicht geht, zeigt ein Vorhaben, welches nun in Leipzig beginnt. Der 1. FC Lokomotive Leipzig hat gemeinsam mit dem Fanprojekt Leipzig eine “Stadionverbots-Anhörungskommission” (SVAK) in Leben gerufen. Eine entsprechende Satzung beschloss jetzt das Präsidium des 1. FC Lokomotive Leipzig.
Das Papier, welches von Fanprojekt und Verein gemeinsam erarbeitet wurde, gilt sowohl für aktuell gültige als auch künftige Stadionverbote, die durch den Verein Lok Leipzig ausgesprochen wurden oder werden.
“Die Satzung regelt das Verfahren der Aussprache von Stadionverboten nachvollziehbar und transparent”, erläutert Martin Mieth, Vizepräsident des 1. FC Lok. Sowohl Fans des Vereins aus Probstheida, als auch Gästefans können sich auf die SVAK beziehen und eine schriftliche oder mündliche Anhörung beantragen. So wird die Unschuldsvermutung berücksichtigt und der Grundsatz “Erziehung vor Strafe”, gerade bei jugendlichen oder jungen erwachsenen Fans, angewendet.
“Stadionverbote, welche als präventive Maßnahme der Gefahrenabwehr bezeichnet werden, haben für betroffene Fans in der Praxis oft den Charakter einer Strafe”, so Sarah Köhler, Leiterin des Fanprojekts Leipzig. “Den Betroffenen Möglichkeiten der Stellungnahme zu geben ist somit vor dem Hintergrund der weitreichenden Bedeutung für die Fans ein wichtiger Faktor”.
Vizepräsident Martin Mieth: “Die Satzung ist ab sofort und unbefristet gültig. Mit breiter Mehrheit hat das Präsidium dieser zugestimmt.”
Informationen und Hintergründe zum Leipziger Fußball-Fanprojekt
www.fanprojekt-leipzig.de
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