Der Einsturz eines Teils der Carolabrücke in Dresden hat etwas sichtbar gemacht, was die gesamte Bundesrepublik betrifft. Denn das Problem vernachlässigter Investitionen und kaputt gesparter Kommunen ist das Ergebnis einer falschen Steuerpolitik und einer völlig sinnfreien „Schuldenbremse“. Sachsen hat dazu noch eine besonders strenge. Und das wird jetzt Thema in den Koalitionsverhandlungen, wie Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, schon mal ankündigt.

„Die Prioritäten, die eine neue Regierung zu setzen hat, liegen klar auf der Hand. Oder sprichwörtlich in der Elbe. Sachsen braucht ein massives Investitions- und Instandhaltungsprogramm“, sagte Panter am Freitag, dem 13. September.

„Nicht nur für Brücken oder Straßen, sondern auch für Schienen, Energieversorgung, Schulen, Krankenhäuser und vieles mehr. Das alles immer nur nach Kassenlage aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren, reicht schon lange nicht mehr. Ich hoffe, das ist nun auch den Letzten klar geworden. Es ist Zeit, dass sich hier was dreht. Und zwar am besten Baukräne.“

Denn diese „Zurückhaltung“ des Staates bei Investitionen zieht einen Rattenschwanz nach sich. Diese Investitionen fehlen nämlich auch als Motor für die Wirtschaft, sind ein ganz wesentlicher Teil, welcher für den Stillstand der deutschen Wirtschaft verantwortlich ist. Der Staat fällt nicht nur als Wirtschaftsmotor aus – tatsächlich entzieht er dem Land wertvolle Ressourcen, indem er Infrastrukturen vernachlässigt.

Seit 20 Jahren ist der Investitionsstau in ganz Deutschland permanent gewachsen – seit den massiven Steuersenkungen für Reiche und Vermögende und der folgenden Einführung der „Schuldenbremse“, die den Staat auch noch auf einem wichtigen Handlungsfeld lahm legt.

Ein Stau von 40 Milliarden Euro

„Wir verweisen nicht umsonst seit Jahren auf den massiven Investitionsstau“, betont Panter. „Und machen ebenso seit Jahren Vorschläge, wie die Investitionen gestemmt werden können. Jetzt muss gehandelt werden. Eine gute Richtschnur gibt das Gutachten des DGB Sachsen vom März 2024, das für die nächsten zehn Jahre einen Investitionsbedarf von über 40 Milliarden Euro in Sachsen veranschlagt. Und auch der Plan für Zukunftsinvestitionen, den ich im August gemeinsam mit Petra Köpping vorgelegt habe, zeigt die Bedarfe auf.“

Das dürfte dann wohl der schwierigste Verhandlungspunkt bei den kommenden Koalitionsverhandlungen von CDU, SPD und BSW werden. Denn die „Schuldenbremse“ ist ein gehätscheltes Lieblingskind von CDU-Finanzminister Hartmut Vorjohann und der CDU in Sachsen insgesamt, wo man das Unterlassen dringend notwendiger Investitionen für kluge Haushaltspolitik hält.

„Es ist Aufgabe des Finanzministeriums, einen umfassenden Kassensturz vorzulegen, den Zustand unserer Infrastruktur zu überprüfen und den Investitionsbedarf klar und ehrlich zu beziffern – als Grundlage für alles weitere Handeln“, betont Panter. Der selbst nur zu gut weiß, dass das nicht wirklich die Lieblingstätigkeit des CDU-Finanzministers ist.

Ein symbolischer Zusammenbruch

„Der Zusammenbruch der Carolabrücke zeigt symbolisch, dass die Spar- und Kürzungspolitik der letzten 20 Jahre nicht im Interesse der Sachsen war“, stellt Panter das nun Offensichtliche fest. Denn vor allem die Kommunen leiden ja unter der knauserigen Förderpolitik des Freistaats.

„Was bringt es der nächsten Generation, wenn sie weniger Schulden hat, aber die Brücken zusammenbrechen und der Investitionsstau die Unzufriedenheit in der Bevölkerung verstärkt? Sachsen kann gerne stolz sein auf die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung. Aber: Was nutzt das, wenn die Lasten für die Zukunft immer größer werden. Unsere Aufgabe ist es doch, dass die Menschen auch in Zukunft gut in Sachsen leben können.“

Und dann erwähnt er schon einmal das Lieblingssparschwein des Finanzministers – zumindest indirekt: den milliardenschweren Generationenfonds, in dem Vorjohann mittlerweile über 11 Milliarden Euro hortet: „Statt einseitig auf zukünftige Pensionslasten zu verweisen oder das Schreckgespenst von Zinsen für Investkredite an die Wand zu malen, brauchen wir eine schonungslose Bestandsaufnahme. Auch marode Infrastruktur oder nicht getätigte Zukunftsinvestitionen sind eine Belastung für zukünftige Generationen. Es muss endlich Schluss damit sein, dass billige Argumente weiterhin für teure Zukunftslasten sorgen.“

Man ahnt schon: Wenn es die SPD wirklich ernst meint, dürften das ziemlich haarige Koalitionsverhandlungen werden.

Herr Dirk Panter vor seinem Abgeordnetenbüro. Foto: Hammermännchen
Dirk Panter vor seinem Abgeordnetenbüro. Foto: Hammermännchen

„Eine neue Regierung braucht von Anfang an einen konkreten Investitionsplan, der genau aufzeigt, welche Investition wann getätigt wird. Natürlich mit zusätzlichem Geld“, betont Panter. „Hier brauchen alle Klarheit und Planungssicherheit: Die Kommunen, die Bauunternehmen und die Menschen im Land, die völlig zurecht eine intakte Infrastruktur für ihr Steuergeld erwarten. Gerade unsere Kommunen müssen sich auf den Freistaat verlassen können. Dazu gehört neben dem notwendigen Geld auch, dass unnötige bürokratische Hemmnisse abgebaut werden.“

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist jetzt keine Zeit mehr zu verlieren.

„Sachsens Infrastruktur kann nicht warten, bis der nächste Haushalt beschlossen ist. Der Investitionsstau wächst weiter, auch ohne neue Regierung. Dazu kommen viel zu lange Planungszeiten und unnötige bürokratische Hürden. Die neue Regierung muss als allererstes den Investitionsturbo zünden, damit eine Brücke auch mal in zwei oder drei, statt in acht oder zehn Jahren gebaut werden kann“, sagt Dirk Panter.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass unser Land hier mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung Großes leisten kann. Wenn alle über ihren Schatten springen, schaffen wir innerhalb weniger Jahre eine substanzielle Verbesserung. Wo ein Wille ist, ist auch Weg. Es ist Zeit, dass sich was dreht.“

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