Sie haben das Zeug, ein Politbeben im Land auszulösen, werden auch international stark beachtet: Insgesamt etwa 4,9 Millionen Menschen in Sachsen und Thüringen sind heute jeweils zur Wahl eines neuen Landtags aufgerufen. Die rechtsextreme AfD könnte sogar zur stärksten Kraft werden, auch das populistische BSW um Sahra Wagenknecht darf auf ein starkes Abschneiden hoffen. Die Regierungsbildung in beiden Freistaaten wird wahrscheinlich schwer. Wir begleiten den Wahltag für Sie und Euch im Liveticker.

13:10 Uhr: Wahlbeteiligung in ganz Sachsen leicht geringer als 2019

Laut Mitteilung von Landeswahlleiter Martin Richter lag die Wahlbeteiligung im Freistaat Sachsen um 12:00 Uhr bei 25,8 Prozent und damit geringfügig unter dem Wert von 2019 (26,2 Prozent). Man rechne damit, dass 24,6 Prozent von ihrem Briefwahlrecht Gebrauch machen.

Die Wahllokale haben noch bis 18 Uhr geöffnet.

13:00 Uhr: Zwischenfall und Sachbeschädigungen in Thüringen

In Thüringen soll es bereits zu kleineren Zwischenfällen gekommen sein, meldet der MDR. So habe in Gera ein Mann mit AfD-T-Shirt das Wahllokal betreten und die Aufforderung, dieses wegen verbotener Werbung abzulegen, zwar zunächst befolgt. Nach der Stimmabgabe soll er aber die Drohung ausgesprochen haben, noch einmal zu kommen. Die Polizei hat den Vorfall aufgenommen und ermittelt.

Außerdem wurden Wahllokale in Erfurt beschmiert, darunter mit dem Spruch „Höcke ist ein Nazi.“

12:50 Uhr: Auch das Ausland blickt auf die Wahlen in Ostdeutschland

Die Wahlen in Sachsen und Thüringen werden auch durch das (europäische) Ausland neugierig beäugt: Zahlreiche Pressevertreter und Kameraleute, mehr als gewohnt, sind etwa in Thüringen vor Ort, berichtet der MDR.

Aktuelle Berichte, vor allem mit Fokus auf die AfD und den befürchteten Rechtsruck, finden sich etwa bei der öffentlich-rechtlichen britischen BBC oder der linksliberalen „Libération“ in Frankreich.

12:30 Uhr: Wie es vor fünf Jahren in Sachsen aussah

Bei knapp 67 Prozent Wahlbeteiligung konnte die CDU im Jahr 2019 mit 32,1 Prozent der Stimmen den ersten Platz erringen und verwies die AfD mit 27,5 Prozent auf Rang 2. Abgeschlagen dahinter: Linke (10,4 Prozent), Grüne (8,6 Prozent) und SPD (7,7 Prozent), ein Negativ-Rekord für die Sozialdemokraten. Die FDP landete mit 4,5 Prozent hinten und konnte nicht wieder in den Landtag einziehen. Die weiteren Parteien schaffen zusammen 9,2 Prozent.

Kretschmer, der oft abgekämpft wirkte, hatte damals bei Wahlkampfterminen unermüdlich um jede Stimme geworben, war zur AfD und auch zur sogenannten Werteunion auf Distanz gegangen. Am Ende reichte es, da die Liberalen als Koalitionspartner wegfielen, zum Dreierbündnis mit SPD und Grünen, das zwar einige Projekte anschieben, aber nicht alle Pläne hat umsetzen können.

12:20 Uhr: Wahlbeteiligung in Leipzig über 50 Prozent

Um 12:00 Uhr betrug die Beteiligung zur Landtagswahl in Sachsen für Leipzig laut städtischer Angabe 52,5 Prozent. Zum Vergleich: Bei der letzten Landtagswahl vor fünf Jahren waren es zum gleichen Zeitpunkt erst rund 41 Prozent.

11:30 Uhr: Verhältnisse in Thüringen besonders kompliziert – hier und in Sachsen könnte das BSW eine gewichtige Rolle spielen

Etwa 1,66 Millionen Menschen sind heute auch in Thüringen zur Stimmabgabe aufgerufen. CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt (47) trat morgens gemeinsam mit seiner Ehefrau in Jena an die Wahlurne. Der frühere Politikberater ist einer von drei Personen, die den amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (68, Linke) mit seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung gern ablösen will.

Wahlplakat mit Sahra Wagenknecht. Foto: Lucas Böhme
Ex-Linke und jetzt eine von zwei Vorsitzenden sowie Namensgeberin des BSW: Sahra Wagenknecht und ihr Bündnis könnten Prognosen nach die Mehrheitsverhältnisse in den neuen Landtagen Sachsens und Thüringens kräftig aufwirbeln. Foto: Lucas Böhme

Doch das dürfte schwer werden: In Thüringen sehen Umfragen (die, das muss betont werden, natürlich keine Wahlergebnisse sind) die AfD auf Platz 1, noch vor der CDU. Mit den vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Blauen um Björn Höcke (52) möchte aber, ähnlich wie in Sachsen, erklärtermaßen niemand koalieren.

Letztlich könnte, da auch der Wiedereinzug von SPD, Grünen und FDP in den Thüringer Landtag ungewiss ist, das BSW eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend selbstbewusst hat Namensgeberin und Parteichefin Sahra Wagenknecht (55) außenpolitische Bedingungen gestellt, die auch in Sachsen gelten sollen, um in Gespräche mit der CDU zu gehen: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine und der Verzicht auf die US-Raketenstationierung in Deutschland müssten die Positionen im Koalitionsvertrag sein, sagte Wagenknecht.

Freilich sind dies Kompetenzen des Bundes und nicht der Länder, auf Bundesebene müsse aber Druck aufgebaut werden.

Währenddessen wurde bekannt, dass die Thüringer AfD Journalisten von ihrer am Sonntag geplanten Wahlparty komplett ausgeladen hat. Zuvor sollten einzelne Medienvertreter ausgeschlossen werden, wogegen mehrere wiederum klagten und vom Landgericht Erfurt recht bekamen. Nach Angaben der rechtsextremen Partei fehle im anvisierten Lokal der Platz, um eigene Gäste und Pressevertreter komplett unterzubringen.

11:10 Uhr: Wahlbeteiligung in Leipzig bisher bei fast 40 Prozent

Nach Angaben der Stadt liegt die Wahlbeteiligung in Leipzig zur Landtagswahl mit Stand 10:00 Uhr bei 39,1 Prozent und damit oberhalb des Niveaus der letzten Wahlen, die zum Vergleich herangezogen sind (Landtagswahl 2019, Bundestagswahl 2021, Europawahl 2024).

Wahllokal im Süden. Foto: LZ
Am Vormittag herrschte bereits reger Zulauf: Wahllokal im Süden Leipzigs. Foto: LZ

11:00 Uhr: Wichtige Fragen zur Landtagswahl in Leipzig

Wer und was wird gewählt? Wie erreiche ich mein Wahllokal? Wann kommen erste Prognosen und Ergebnisse? Diese und noch viel mehr Fragen beantwortet die Stadt Leipzig. Ab 17:30 Uhr soll das Neue Rathaus zur offiziellen Wahlparty für Besucherinnen und Besucher öffnen. Der Zutritt erfolgt regulär über den Haupteingang.

10:00 Uhr: Ampel-Schwäche und CDU-Kanzlerambitionen – Landtagswahlen beeinflussen auch Bundespolitik

Landtagswahlen können durchaus die Stimmung im Bund spiegeln und, zumal im Vorjahr der nächsten Bundestagswahl, auch die Entscheidung über Kanzlerkandidaturen beeinflussen. Schon im Frühjahr 2005 hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (heute 80, SPD) die Wahlniederlage seiner Partei in NRW zum Anlass für die Vertrauensfrage und vorgezogene Neuwahlen im Bund genommen.

Ob CDU-Chef und Oppositionsführer Friedrich Merz (68) 2025 nach dem Chefsessel im Kanzleramt greifen will, möchte er nach eigenem Bekunden erst nach der Brandenburger Landtagswahl entscheiden, die in drei Wochen stattfindet. Seine Chance dürfte aber steigen, wenn die CDU in Sachsen und Thüringen ordentlich abschneiden sollte, eventuell wiederum kommende Regierungen anführt.

Zu sehen ist Friedrich Merz (CDU-Bundesvorsitzender) bei einer Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl auf dem Nikolaikirchhof Leipzig am 26. Mai 2024. Foto: Jan Kaefer
Friedrich Merz (CDU-Bundesvorsitzender) bei einer Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl auf dem Nikolaikirchhof Leipzig am 26. Mai 2024. Foto: Jan Kaefer

So sehr man auch auf landesspezifische Umstände schauen muss: Mindestens in Teilen erklärt sich die Schwäche von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen in Umfragen vor den Landtagswahlen sicher auch aus dem Bild, das die zerstrittene Ampel im Bund abgibt.

09:30 Uhr: Wahlen in Sachsen sind angelaufen, offenbar viele Unentschlossene

Für Sachsen deutet alles auf ein enges Rennen zwischen CDU und der vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AfD hin. Mit letzterer möchte dem Vernehmen nach aber niemand ein Regierungsbündnis eingehen, die Grünen wiederum will Ministerpräsident Kretschmer laut eigener Aussage nach fünf Jahren Kenia-Allianz (CDU, SPD, Grüne) nicht mehr als Koalitionspartner.

Für CDU und SPD könnte es am Ende nicht zur Mehrheit reichen, und eine Kooperation mit den voraussichtlich im neuen Landtag vertretenen Newcomern vom BSW verursacht gerade bei der SPD viele Bauchschmerzen. Kurzum: Es wird kompliziert mit der neuen Regierung. Vor allem der hohe Anteil Unentschlossener könnte noch spannend werden.

Kretschmer und seine Ehefrau gaben bereits am Morgen in einem Dresdener Wahllokal ihre Stimmen ab.

08:00 Uhr: Wahllokale sind geöffnet – die Ausgangslage in Sachsen und Thüringen

In Sachsen und Thüringen sind die Wahllokale seit 08:00 Uhr an diesem denkwürdigen 1. September 2024 geöffnet. Bis 18:00 Uhr besteht die Möglichkeit der Stimmabgabe, dann wird auch mit den ersten Prognosen gerechnet. Wählerinnen und Wähler haben pro Kopf zwei Stimmen, eine Direkt- und eine Listenstimme. Erstere bestimmt den Wahlkreisabgeordneten, letztere die Stärke einer Partei im künftigen Landtag.

In Sachsen geht es dabei wesentlich um die politische Zukunft des seit Ende 2017 amtierenden Ministerpräsidenten Michael Kretschmer von der CDU. Der 49-Jährige konnte die letzte Wahl 2019 für sich bzw. die CDU entscheiden. Er ist bekannt dafür, dass er etwa in Fragen der Migrationspolitik, einem zentralen Thema, gern die Themen der AfD aufgreift und mit seinen Ideen besetzt, um den Rechtsextremen das Wasser abzugraben. Inwieweit diese Strategie langfristig fruchtet, sei dahingestellt.

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident des Freistaats Sachsen. Wahlforum zur Landtagswahl in Sachsen am 27.07.2024 in den Höfen am Brühl, Leipzig. Foto: Jan Kaefer

Schon während der Corona-Krise (2020–2022) fuhr der Christdemokrat einen teils widersprüchlichen Kurs zwischen Härte und Öffnungspolitik, ging auch in Konfrontationen mit aufgebrachten Bürgern, ganz nach dem Motto: reden, reden, reden! Im Dreier-Bündnis mit SPD und Grünen gab es zuletzt immer wieder Streit, nach eigenem Bekunden will Kretschmer nicht erneut mit Grünen koalieren.

Die Ampel-Koalition im Bund kritisiert er gern für ihre Wirtschafts-, Asyl- und Energiepolitik, wagt sich immer wieder sehr weit nach vorn, indem er etwa Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt und stattdessen den seit 2022 ausgeweiteten Ukraine-Krieg durch Gespräche mit Russlands Präsident Wladimir Putin „einfrieren“ will.

Kretschmers Konkurrenz Nummer 1, die sächsische AfD unter ihrem Landeschef Jörg Urban, landete in letzten Umfragen bei etwa 31 Prozent und damit knapp hinter der CDU. Die Partei wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Weitere Spitzenkandidaten in Sachsen sind Sozialministerin Petra Köpping (66, SPD), Justizministerin Katja Meier (44, Grüne), Susanne Schaper (44, Linke), Sabine Zimmermann (63, BSW), der Dresdener Stadtrat Robert Malorny (FDP) und Grimmas OBM Matthias Berger (56, Freie Wähler, Berger selbst ist parteilos).

Aktuell sind die FDP und die Freien Wähler nicht im Landtag. Letzte Umfragen sehen sie wie auch die Linken in Sachsen an der Fünfprozenthürde scheitern, Grüne und SPD wären knapp drin. Die CDU wäre vorn (32 Prozent), die AfD dahinter mit 31 Prozent, mit Abstand gefolgt vom BSW (13 Prozent).

In Thüringen tritt Bodo Ramelow, einst niedersächsischer Gewerkschaftsfunktionär, zum fünften Mal als Spitzenkandidat für die Linken an. Die persönliche Beliebtheit des 68-Jährigen, der Ende 2014 zum ersten linken Ministerpräsidenten eines Bundeslandes gewählt worden war (und sich durch ruhige Sacharbeit profilierte, sodass er sogar von einigen CDUlern geschätzt wird), spiegelt sich nicht in der Popularität seiner Koalition und Partei.

Seit 2020 führt er eine rot-rot-grüne Regierung ohne Mehrheit im Parlament an. Seine Herausforderer für das Amt des Regierungschefs: Rechtsextremist Björn Höcke (52, AfD), Mario Voigt (47, CDU), Katja Wolf (48, BSW, ehemals Linke).

Außerdem sind für die SPD Georg Maier (57) im Rennen, für die Grünen Madeleine Henfling (41) und für die FDP Thomas Kemmerich (59), der während der Thüringer Regierungskrise im Frühjahr 2020 für 27 Tage Ministerpräsident war. Wie eine Regierungsmehrheit ohne AfD in Thüringen zustandekommen könnte, ist völlig offen: Hier lesen Sie mehr zur schwierigen Ausgangslage Thüringens.

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