Da durfte Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) kurz einmal hoffen, dass sich die Personalsituation in Sachsens Schulen wenigstens ein bisschen entspannt. Doch schon im nächsten Moment funkt ihm Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) dazwischen und verhängt – völlig ohne Not – eine Haushaltssperre für den Haushalt des Freistaats. In deren Ergebnis wurde die Einstellung von 180 Schulassistenten gestoppt.

Das sächsische Kultusministerium konnte der von Vorjohann verhängten Haushaltssperre nur folgen und musste einen Einstellungsstopp für Schulassistent/-innen anordnen, wie die in Chemnitz erscheinende „Freie Presse“ berichtete.

Schulassistenten springen überall dort ein, wo Lehrerinnen und Lehrer dringend Unterstützung brauchen. Sie fangen einen Teil der sozialen Probleme auf, mit denen die sächsischen Schulen konfrontiert sind.

„Die Schulassistenten leisten hervorragende Arbeit und sind an vielen Schulen unersetzlich. Und das, obwohl viele von ihnen trotz einschlägiger Ausbildung schlecht bezahlt werden und nur befristet beschäftigt sind. Die Entfristung der Arbeitsverträge, auf die viele gehofft haben, ist mit dem Einstellungsstopp nun vorerst gestrichen“, kommentiert Burkhard Naumann, Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen, diesen Vorgang.

„Der Freistaat beweist sich damit ausgerechnet an den Schulen mit dem größten Bedarf als nicht verlässlicher Arbeitgeber. Für die Betroffenen ist das fatal. Doch auch bei allen anderen Schulassistenten und potenziellen Bewerbern steigt der Zweifel an dem Programm. Der CDU-Finanzminister sollte das Wildern in der Bildungspolitik schleunigst unterlassen!“

Er hätte auch formulieren können: Es ist egal, wer in Sachsen Ministerpräsident oder Kultusminister ist. Die Finanzminister haben hier eine derartige Macht, dass sie über das Geld die Landespolitik bestimmen können. Dass Sachsen derzeit einen so eklatanten Lehrermangel hat, hat ebenfalls mit der „Sparpolitik“ früherer CDU-Finanzminister zu tun, die mit knappen Mittelzuweisungen lieber riskiert haben, dass der Freistaat viele Jahre lang viel zu wenige Lehrerinnen und Lehrer einstellte. So lange, bis Sachsen deutschlandweiter Spitzenreiter bei den Ausfallstunden war.

Mit „Schuldenbremse“ das Land ausbremsen

Jetzt beweist Vorjohann, dass sich an diesem Denken in den Dimensionen einer völlig sinnfreien „Schuldenbremse“ nichts geändert hat. Politisches Gestalten sieht anders aus.

„Was für ein unfassbares Signal zum Start des neuen Schuljahres! Mit den Kürzungen bei der Schulassistenz torpediert der sächsische Finanzminister die Maßnahmen zur Entlastung unserer Lehrkräfte. Damit erweist die CDU der Bildungspolitik in Sachsen erneut einen Bärendienst“, sagt Christin Melcher, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.

Sie zeigte sich am Montag, dem 5. August, schockiert von dieser Maßnahme: „Wir werden nur dann ausreichend neue Lehrerinnen und Lehrer gewinnen können, wenn wir die Arbeitsbedingungen endlich spürbar verbessern. Mit dem Ausbau der Schulassistenz hat sich die Koalition hier auf einen guten Weg gemacht. Denn jede eingestellte Assistenzkraft sorgt dafür, dass sich die Lehrkräfte wieder verstärkt auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können. Das ist im Sinne einer guten Bildung für alle Schülerinnen und Schüler in Sachsen. Doch davon will man in der CDU nun offenbar nichts mehr wissen. Ich halte diesen Schritt für gefährlich, Kürzungen in der Bildungspolitik haben unserem Land noch nie gutgetan. Man kann nicht auf Wahlplakaten gute Bildung fordern und gleichzeitig den Rotstift ansetzen.“

Sie erwarte jetzt eine zügige Klärung innerhalb der Staatsregierung, sagte Melcher: „Steht der Ministerpräsident hinter so einer Politik? Wenn die CDU ihr Versprechen von guter Bildung für Sachsen ernst meint, sollte sie nun auch Taten sprechen lassen.“

Dabei stehen die Schulassistenten sogar im Wahlprogramm der CDU. Doch davon scheint der CDU-Finanzminister nichts zu wissen.

Entlastung für die Lehrer gestrichen

„Wenn es um die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte geht, betont Kultusminister Piwarz immer wieder, diese scheitere nicht am Geld. Gebe es mehr qualifiziertes Personal, würden sofort mehr Stellen besetzt“, geht die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Luise Neuhaus-Wartenberg, auf die Widersprüchlichkeit de Signale aus den CDU-Ministerien ein. „Ebenso dringlich wie die Einstellung weiterer Lehrkräfte ist es aber, zusätzliches Personal zur Entlastung einzustellen. Das allerdings lässt die CDU tatsächlich am Geld scheitern. Ministerpräsident Kretschmer schweigt dazu. Wie lange noch? Es muss sofort eine Lösung her!

Der Aufbau weiterer multiprofessioneller Teams ist ein Kerninstrument, um den Schulunterricht in Sachsen besser abzusichern. Es schlägt dem Fass den Boden aus, dass die CDU als Hauptschuldige am Lehrkräftemangel nun der Problemlösung weiter im Weg steht.“

Das Ergebnis wird sein, dass weitere tausende Schülerinnen und Schüler, die in Sachsens Schulen scheitern, weil sie mit ungelösten familiären und persönlichen Problemen in den Unterricht kommen, erleben, dass das sächsische Schulsystem ihr Scheitern schlichtweg in Kauf nimmt. In einem Land, das dringend auf klugen und gut gebildeten Nachwuchs angewiesen ist, eine Katastrophe.

Dazu passt dann auch, dass der Finanzminister auch beim Personal für Steuerprüfungen „spart“ und damit regelrecht verhindert, dass zusätzliche Gelder in die Haushaltskasse fließen.

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