Da hat sich der Freistaat Sachsen zwar vollmundig verpflichtet, den Flächenverbrauch nach und nach zu verringern, also immer weniger wertvolle Böden zu versiegeln. Doch dazu fehlt jegliche Flankierung. Es ist ein vollmundiges und inhaltsleeres Versprechen geblieben. Das thematisieren jetzt die sieben anerkannten Naturschutzverbände, die sich gemeinsam gegen den fortschreitenden Flächenverbrauch, der oft mit einer Versiegelung einhergeht, positionieren.

Und da geht es längst um unersetzbare Böden, die durch den Bau von Gewerbe- und Industrieparks, Verkehrsinfrastruktur und neuerlich auch durch den forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien verloren gehen. Und zwar in ungebremstem Tempo. Eine Stopp-Strategie hat der Freistaat Sachsen nicht.

Gemeinsam haben sich dafür Grüne Liga Sachsen e. V., Naturschutz­verband Sachsen e.V. (NaSa e. V.), NABU Landesverband Sachsen e. V., Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V., Landesverband Sächsischer Angler e. V., Landesjagd­verband Sachsen e.V. und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Landesverband Sachsen e. V. dafür ausgesprochen, vom Land endlich das Einhalten seiner Versprechen zu fordern.

Bedrohte Böden

Boden ist eines der wichtigsten Güter der Natur. Ökosystemleistungen, wie Versickerung, Wasser- und Nährstoffspeicherung, Wasserfilterung, Kohlenstoffbindung und die Ver­sorgungsleistung über die landwirtschaftliche Nutzung, sind nur bei intakten Böden gewähr­leistet. Die Transformation von naturnahen Böden in Flächen für Siedlungs-, Verkehrs-, Erholungs- und Gewerbeflächen mindert oder verhindert diese sogar und intensiviert so den Nutzungsdruck auf die übrigen Flächen.

„Um dem Trend einer weiteren Flächenneuinan­spruchnahme mit all ihren negativen Folgen zu begegnen, muss sich der Freistaat an das im Jahr 2009 beschlossene ‚Flächensparziel‘ halten und dieses auch umsetzen“, mahnt Mathias Rehm, Obmann für Naturschutz beim Landesjagdverband Sachsen e. V.

„Zudem bedarf es diesbezüglich geschärfter Regelwerke/Standards und einer kritischeren Betrachtung von Planungen, die in der Folge nicht wieder aufgeweicht oder ausgehebelt werden. So sollten beispielsweise gerade beim Ausbau der regenerativen Energieerzeugung unserer Auf­fassung nach vorrangig Dach- und Fassadenflächen, bereits versiegelte Flächen und Kon­versionsflächen mit geringer naturschutzfachlicher Wertigkeit sowie Areale entlang von Autobahnen, Bundesstraßen und Bahntrassen genutzt werden, um den Flächenverbrauch zu minimieren.“

Der von den Naturschutzverbänden angemahnte Wandel zu integrativen Nutzungs- und Schutzkonzepten rückt aber mit der derzeitigen fahrlässigen Praxis in weite Ferne, denn deren Umsetzung braucht Platz. Zudem erfährt der Biotopverbund immer größere Lücken. Dies geht zulasten des Lebensraum- und Artenschutzes und damit der biologischen Vielfalt.

Mehrfachnutzung schon versiegelter Flächen

Die Lösung für den steigenden Flächenbedarf liegt in der Mehrfach- und Wiedernutzung – in Stadt und Land. Dächer in Wohn-, Gewerbe- und Industriegebieten sowie Parkplätze und andere Flächen müssen standardmäßig eine Gründach- oder Photovoltaiknutzung erhalten, bei Bestandsbauten muss ggf. nachgerüstet werden.

Für Gewerbe- und Industriegebiete müssen vorrangig bereits versiegelte Flächen genutzt werden und die Entsiegelung nicht mehr genutzter versiegelter Flächen muss standardmäßig durchgeführt und bei der Planung bereits berücksichtigt werden. Das Flächenverbrauchsziel in Sachsen von unter zwei Hektar pro Tag muss schnellstmöglich in Angriff genommen werden.

„Der Freistaat Sachsen ist gefordert, zukünftig mit gutem Beispiel bei der Minimierung des Flächenverbrauchs voranzugehen“, sagt Tobias Mehnert, Vorsitzender des Grüne Liga Sachsen e. V. „Dazu gehört auch, dass Straßen nur nach den örtlichen Gegebenheiten und nicht technokratischen Vorgaben ausgebaut werden, naturschutzrechtliche Schutzgebiete von Baumaßnahmen weitgehend ver­schont werden und der Flächenbesitz des Freistaates in vorbildlicher Weise im Sinne des Naturschutzes, so wie in § 2 des Bundesnaturschutzgesetzes vorgeschrieben, genutzt wird.“

Der Flächenverbrauch geht ungebremst weiter

Die anerkannten Naturschutzverbände Grüne Liga, NaSa, NABU, Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Landesverband Sächsische Angler, der Landesjagdverband und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald warnen gemeinsam vor den Folgen einer weiterhin verschleppten Umsetzung der sächsischen Ziele bei der Flächenneuinanspruchnahme. Bereits im Jahr 2009 wurde für 2020 das Ziel, weniger als zwei Hektar pro Tag in Anspruch zu nehmen, festgelegt. In Sachsen ist man im Jahr 2024 noch immer von diesem Ziel weit entfernt: Heute sind mehr als 10 Prozent der Landesfläche versiegelt – Tendenz steigend.

Nur wenn dem stetig steigenden Flächenverbrauch Einhalt geboten werde, seien Klima- und Biodiversitätskrise zu bewältigen. Natur- und Artenschutzmaßnahmen könnten die unverantwortliche Inanspruchnahme von Natur- und Kulturlandschaft nicht ausgleichen.

Der Verlust der Ökosystemleistungen des Bodens, der steigende Nutzungsdruck verbliebener Flächen mit Intensivierung der wirtschaftlichen Nutzung sowie das Nichterreichen der Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie seien bei einem „Weiter so“ unausweichlich.

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