Wer soll diese ganzen Wahlprogramme, die zudem noch teils unübersichtlich gestaltet sind, eigentlich lesen, um eine fundierte Wahlentscheidung zu treffen? Wir haben uns die Programme vorgenommen und geschaut, was die Parteien in Bezug auf ihre Vorstellungen zum Thema schulische Bildung, konkret vorhaben. Alles kann man hier nicht analysieren, deshalb haben wir uns auf einige Punkte, über die schon länger diskutiert wird, konzentriert. Die Reihenfolge der Parteiprogramme bei den einzelnen Punkten richtet sich bei den Nennungen zuerst nach der Regierungsbeteiligung, dann ist diese zufällig.

Lesbarkeit der Programme

Die CDU stellt im Punkt „Weil es um unsere Bildung geht – b.) Schule – Für anspruchsvolle Bildung“ auf 3 Seiten (18 – 21) ihres Regierungsprogramms, klar gegliedert mit Ziel- und Wegbeschreibung, ihre Themen vor. Gut lesbar.

Die SPD nennt es auch Regierungsprogramm und auf den Seiten 7 – 37 ist thematisch viel, aber nichts zu den Einzelthemen zu lesen. Im Teil „Soziale Politik für Sachsen von A bis Z“ findet man auf den Seiten 44/45 dann das Thema Bildung. Die Gliederung geht nach Stichworten von Alphabetisierung bis Zusammenarbeit und beinhaltet frühkindliche und schulische Bildung. Es wirkt etwas unsystematisch.

Bündnis 90/Die Grünen haben ein Wahlprogramm, von Seite 34 bis 41 geht es um die Schule. Leider ist das Ganze in Textform, wichtige Punkte in den Textblöcken sind farbig markiert. Einzelne Schwerpunkte sind schwer aufzufinden.

Die Linke hat in ihrem Wahlprogramm eine klare Gliederung, unter „III Bildung; Schule“ findet man ebenfalls Text mit Hervorhebungen auf etwa 4 Seiten. Wer etwas sucht, was nicht markiert ist, der muss das Ganze lesen.

Bei der FDP heißt der Punkt im Wahlprogramm „Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben“ und geht von Seite 41 bis 50. Die Gliederung erfolgt nach nicht immer nachvollziehbaren Forderungen. Wer einzelne Schwerpunkte sucht, die nicht in diesen Forderungen eindeutig benannt sind, der muss suchen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat im Wahlprogramm die Bildung ab Seite 29. Die Ziele sind ab Seite 32 definiert, auch hier sehr textlastig. Wer sucht, muss lesen.

Die AfD hat ein Regierungsprogramm, in dem Bildung in einem Absatz abgehandelt wird, und ein Wahlprogramm, bei dem das Thema 6 Punkte umfasst. Zieht man die Punkte „Bologna-Reform umkehren“ und „Medienstaatsvertrag kündigen“ ab, bleiben ganze 4. Mehr gibt es da nicht zu lesen.

Kommen wir zu den untersuchten Punkte in den Programmen.

1. Personalgewinnung – Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonal

Alle Parteien, mit Ausnahme der AfD, haben diesen Punkt im Programm, mit verschiedenen Wegen.

Die CDU bezeichnet die Gewinnung von Lehrerinnen und Lehrern als Hauptaufgabe, will weiter Verbeamtung für Lehrkräfte, leistungsorientierte Beförderung und zielorientierte Ausbildung der Lehramtsanwärter.

Für die SPD stehen die Ausbildungsoffensive in der frühkindlichen und schulischen Bildung und weitere Seiten- und Quereinsteiger/-innen sowie die Sicherung der pädagogischen Qualifikation derer im Fokus.

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Bündnis 90/Die Grünen wollen eine transparente Lehrkräftebedarfsanalyse und die erforderlichen Einstellungen von Personal, zeitgemäße Teilzeitregelungen, attraktive Arbeitsplätze, die Klassenleiterstunde, den Ausbau der Assistenzsysteme und multiprofessionelle Teams an den Schulen. Die Ausbildung soll mit einem Lehrkräftebildungsgesetz modernisiert werden, Begleitung und Mentoring für Studierende und Berufsanfänger soll ausgebaut und ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen geschaffen werden.

Die Linke will die Arbeitsbelastung verringern, u.a. das Regelstundenmaß absenken, zusätzliche Stunden für Klassenleiter und die maximale Größe von Klassen (Klassenteiler) begrenzen. Gefordert wird die Schaffung von Anreizen für das Lehramtsstudium, eine Neustrukturierung der Lehramtsausbildung mit Prüfungs- und Arbeitslast für die Lehramtsstudierenden und frühzeitig ins Lehramtsstudium integrierte Praxisphasen. 

Die FDP will kurzfristige Maßnahmen, wie Einführung von Lernbegleitern, einer Digitalisierungs-Taskforce und die Entsendung von Beamten, sowie Lehrkräfte aus der Verwaltung abziehen. Die Entlastung der Lehrkräfte von Verwaltungs- oder IT-Aufgaben, Einbindung von Seiteneinsteigern und eine Reform des Landesamtes für Schule und Wirtschaft, Verbeamtung, Duales Studium und eine generelle Reform der Ausbildung werden weiter genannt.

Das BSW will Lehrkräfte von Aufgaben außerhalb des Unterrichtsraums entlasten, multiprofessionelle Teams schaffen und eine Reform der Ausbildung des pädagogischen Personals: Duale Ausbildung/Duales Studium mit Praxisbezug.

2. Bildungssystem, längeres gemeinsames Lernen, Gemeinschaftsschule

CDU und AfD wollen ausdrücklich das sächsische dreigliedrige Schulsystem beibehalten, weil es bewährt ist. Die FDP trifft dazu keine Aussage.

SPD, Grüne und Linke fordern Gemeinschaftsschulen, das BSW hat längeres gemeinsames Lernen als langfristiges Ziel gesetzt.

3. Inklusion

CDU und AfD wollen das System der Förderschulen beibehalten, die FDP hat dazu keinen Programmpunkt.

Die SPD will inklusive Maßnahmen an Schulen fördern, die Grünen wollen erfolgreiche schulische Inklusion und Anerkennung des Hauptschulabschlusses bei erfolgreicher Absolvierung von Förderschulen und die Linke will die Trennung der Schulformen überwinden, das Förderschulsystem zurückbauen und die Aufnahme von Kindern mit Behinderungen in Regelschulen ermöglichen.

4. Unterrichtsgestaltung, Lehrpläne, systematisch aufbauender Unterricht

Die CDU hat, abweichend vom Strategiepapier ihres Bildungsministers, keinen Punkt zum Thema Lehrpläne. Die Bedeutung guter, grundschulischer Bildung wird hervorgehoben, besonders die Vermittlung der basalen Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen.

Die SPD will eine Reform der Stundentafel und Überarbeitung der Lehrpläne, die Grünen befürworten schlanke, durchgehend kompetenzorientierte Rahmenlehrpläne und eine Stärkung der Basiskompetenzen. Die Linke will ebenfalls Rahmenlehrpläne und Prüfung der Lehrpläne und Stundentafeln. Nicht starr an alten Verfahren und Unterrichtsformen festhalten, fordert die FDP und will dazu Lehrpläne grundlegend neu gestalten. Das BSW sagt nichts direkt dazu, will aber Besinnung auf die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen in den Grundschulen.

Die AfD äußert sich nicht.

Fazit: Es gäbe wohl noch viele Themen, die man vergleichen könnte. Wir wollten hier nur exemplarisch einige Positionen vergleichen. Generell ist festzustellen, dass ein Vergleich, aufgrund der Strukturierung und des Umfangs der einzelnen Wahlprogramme, schwerfällt. Die Frage bleibt: Für welche Klientel werden sie geschrieben?

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