Vor zwei Monaten wandte sich Anne Herpertz von der Piratenpartei an die Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte mit einer Beschwerde bezüglich eingesetzter biometrischer Echtzeit-Gesichtserkennung in Sachsen. Die aber nicht nur für sächsische Strafverfolgung genutzt wird, wie jetzt auch die Antwort bestätigt, die Anne Herpertz bekommen hat. Eine ausführliche Antwort, die auch die Zweifel der Piraten bestätigt.
In dem Schreiben wird der Einsatz von biometrischer Gesichtsüberwachung in Sachsen in mindestens 21 Fällen beschrieben, die ihrerseits gerichtlich angeordnet wurden. Dabei handele es sich vorrangig um retrograde Gesichtsabgleiche, der Fall in Berlin sei der einzige, in dem Echtzeit-Erkennung eingesetzt worden sei, heißt es in der Antwort.
Die Antwort der Sächsischen Datenschutzbeauftragten.
Was Anne Herperts gleich aufmerken lässt, denn bei 21 Fällen könne nicht mehr die Rede von Einzelfällen sein. Die Praxis der biometrischen Überwachung sei bei Sachsens Polizei bereits längst zum Standard geworden. Die erwähnten 21 Fälle sind nur die, in denen die Überwachung direkt in Ermittlungsverfahren angewendet wurde. Ansonsten laufen die Kameras auch so und die Aufnahmen werden – zeitverzögert – von Polizisten durchgecheckt.
Durch die Strafprozessordnung nicht abgedeckt
Gleichzeitig stellt die Datenschutzbeauftragte jedoch fest, dass die bestehende Strafprozessordnung biometrische Massenüberwachung nicht abdeckt.
Und sie betont die fehlenden gesetzlichen Vorgaben, was am Ende sogar in einer Entschuldigung mündet: „Ich bitte um Verständnis, das die STDB, wie oben dargestellt, keine Möglichkeit hat, der Polizei die Durchführung der Maßnahmen zu untersagen, soweit diese richterlich angeordnet wurden. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir unsere Auffassung in dem aufgrund der Verabschiedung der EU-Verordnung zu erwartenden Diskussionsprozess zum biometrischen (Echtzeit-)Abgleich im Strafverfahren nachdrücklich Ausdruck verleihen werden.“
„Dass es sich um retrograde Abgleiche von Gesichtern statt Echtzeit-Überwachung handelt, ändert nichts an der Tatsache, dass biometrische Überwachung stattfindet“, stellt Anne Herpertz, Stadträtin in Dresden und PIRATEN-Kandidatin für die Landtagswahl in Sachsen, ausdrücklich fest.
„Außerdem wirft eine rückläufige Überwachung neue Fragen bezüglich Datensammelei und Vorratsdatenspeicherung auf. Die Datenschutzbeauftragte stellt selbst fest, dass die bestehende Strafprozessordnung diese Praxis nicht abdeckt.
Während die Datenschutzbeauftragte im Sinne der Unabhängigkeit keine Anweisungen an Gerichte richten kann, so könnte sie dennoch den Staatsanwaltschaften untersagen, biometrische Überwachung zu beantragen. Dazu fordere ich sie explizit auf. Da gerade im Bundestag die Umsetzung des AI-Acts diskutiert wird, braucht es jetzt ein klares Verbot des Einsatzes solcher Techniken in Deutschland!“
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