Der Parteivorsitzende der CDU und Möchtegernkanzler hat beim ZDF-Sommerinterview einige spektakuläre Ansagen an das Wahlvolk, unter anderem das sächsische, gemacht. Was hat er gesagt und was bedeutet das eventuell? Freundlicherweise hat Herr Merz (bzw. sein Social-Media-Team) das auf X-Twitter verschriftlicht, es erspart die Transkription und ist gleichzeitig dort nachzuhören.
Er sagt dort also: „Wählerinnen und Wähler in Sachsen und Thüringen, die erwägen, bei den Landtagswahlen am 1. September SPD, FDP oder Grüne zu wählen – die allesamt einstellig sind und möglicherweise alle drei unter 5 % landen – kann ich nur bitten, in dieser Situation die CDU zu wählen. Wir können auch in Sachsen und Thüringen auf Platz 1 liegen – wenn die Parteien der Mitte sich darauf einigen, CDU zu wählen. Eine andere Option gibt es nicht, die anderen werden keine Rolle spielen. Nur die CDU kann verhindern, dass es eine schwierige Lage gibt.“
Starke Worte, wie gewohnt mindestens doppeldeutig, also schauen wir uns das mal an.
Verschenkte Stimmen
Friedrich Merz bemüht hier, ohne es so zu benennen, das Narrativ der „verschenkten Stimmen“, welches bisher meist von Linken und Grünen gegenüber den Wählern von Piraten, PARTEI & Co. vor Wahlen bedient wurde.
Unter dem Vorwand, diese Stimmen würden nichts bewirken, versucht er die anderen Parteien unter die 5 %-Grenze zu drücken, oder sie dort zu halten. Gleichzeitig will er selbstverständlich, dass diese Stimmen der CDU zugutekommen.
Das ist eine leider vorhandene Normalität in Wahlkämpfen. Anzumerken ist nur, dass die CDU, sollten die Wähler mitspielen, dies nach einem Wahlsieg als Zeichen der Stärke ihrer Politik kommuniziert. Beispiele dafür gab es genügend bei Bürgermeisterwahlen, wenn in der Stichwahl der CDU-Kandidat mit Unterstützung der demokratischen Parteien siegte.
Schwierige Lage
Was meint Herr Merz mit? Zitat: „Nur die CDU kann verhindern, dass es eine schwierige Lage gibt.“ Was wäre diese? Die Lage ist schon schwierig, mit 32 % AfD, 30 % CDU, 15 % BSW und allen anderen Parteien um oder unter 5 %, laut letzter INSA-Umfrage für Sachsen.
Diese ist aber, abgesehen von der üblichen Differenz zwischen Umfrage und Wahlergebnis, bezüglich der Sitzverteilung unscharf. Ein Einzug der Linken ist immerhin über Direktmandate möglich, auch ansonsten können sich durch Direkt- und Überhangmandate Veränderungen ergeben.
Es wäre selbstverständlich bösartig, Friedrich Merz zu unterstellen, dass er es als schwierig empfindet, wenn Regierungskoalitionen jenseits von CDU/BSW oder CDU/AfD möglich wären, oder?
Ministerpräsident Kretschmer, der die Grünen nicht mehr in der Regierung will, sieht das wahrscheinlich auch so.
Mögliche Ziele
Selbstverständlich ist es das Ziel von Friedrich Merz, dass die CDU in Sachsen und Thüringen stärkste Partei in den Landtagen wird. Dabei nimmt er billigend die Möglichkeit eines Drei-Parteien-Parlaments in Kauf, wenn es nicht sogar ein Ziel ist.
Das verfolgte Ziel bei der Wahl des Landtagspräsidenten, seiner Stellvertreter und des Ministerpräsidenten erschließt sich nicht wirklich. Selbst wenn die Rechnung aufgeht, dass potenzielle Wählerinnen und Wähler von SPD, FDP und Grünen darauf hereinfallen und CDU wählen, wird es für diese Wahlen keine absolute, wahrscheinlich nicht einmal eine einfache Mehrheit im Sächsischen Landtag geben.
Das bedeutet: Wer der nächste Ministerpräsident wird, hängt von den Stimmen des BSW ab, die AfD wird gewiss einen eigenen Kandidaten aufstellen.
Fazit: Der Aufruf von Friedrich Merz bringt, wenn Wählerinnen und Wähler ihm folgen, eventuell ein Drei-Parteien-Parlament, in dem es keine Opposition links von CDU und BSW gibt. Die (jetzt schon kaum vorhandene) „Brandmauer“ zur AfD wird fallen, selbst wenn CDU und BSW eine Regierung bilden sollten. Gerade bei einer solchen Koalition wird es Konflikte geben und dann kommt es eben auf das Abstimmverhalten der AfD an.
Also: Geht wählen und wählt nach eurem Gewissen. Wahlumfragen sind keine Prognosen, mehr ist nicht zu sagen.
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