Was entfachte die AfD bei der letzten Landtagswahl 2019 für ein Spektakel, weil man sich im Wahlkampf schlecht behandelt fühlte. Auch nach der Wahl gab die rechtsradikale Partei nicht nach und beantragte im Landtag einen Untersuchungausschuss, der herausfinden sollte, ob gar die Regierung Einfluss genommen hatte. Aber nichts war als heiße Luft. Am 3. Mai legte der 1. Untersuchungsausschuss der 7. Wahlperiode des Sächsischen Landtages seinen Abschlussbericht im Plenum vor. Mit genau diesem Ergebnis.
Dieser Untersuchungsausschuss wurde auf Antrag der AfD-Fraktion im Oktober 2019 eingesetzt und beschäftigte sich unter anderem mit möglichen Mängeln bei der Aufstellung der AfD-Liste zur Landtagswahl am 1. September 2019 in Sachsen.
Dazu erklärt der Obmann der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Svend-Gunnar Kirmes: „Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist für alle nicht an einer Regierung beteiligten Fraktionen ein wichtiges Kontrollinstrument und gilt daher zu Recht auch als ‚scharfes Schwert‘ der Opposition. Jetzt liegen über vier Jahre intensive Arbeit hinter den Mitgliedern des 1. Untersuchungsausschuss dieser Legislaturperiode. Wobei festzuhalten ist: Intensiv haben nur die Parlamentarier mitgearbeitet, die nicht zur antragstellenden Fraktion gehören.“
Keine Einflussnahme der Staatsregierung
Im ersten Punkt zum Fazit im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses heißt es deshalb: „Der Ausschuss hat keinerlei Anhaltspunkte festgestellt, die auf Einflussnahmen oder pflichtwidrige Unterlassungen von Mitgliedern der Staatsregierung, insbesondere von Ministerpräsident Michael Kretschmer, dem ehemaligen Innenstaatssekretär Prof. Dr. Günther Schneider, dem ehemaligen Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller sowie ihrer Fach-, Rechts- oder Dienstaufsicht unterliegenden Behörden im Zusammenhang mit der Kürzung der Landesliste der AfD hindeuten.
Eine Zeugenvernehmung von Herrn Ministerpräsident Kretschmer erfolgte nicht. Auch die Einsetzungsminderheit der AfD hat auf eine Zeugenvernehmung verzichtet. Soweit der ehemalige Innenstaatssekretär Prof. Dr. Günther Schneider und der ehemaligen Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller vernommen wurden, wurde stets die Unabhänigkeit der Landeswahlleiterin und des Landeswahlausschusses betont. Anhaltspunkte für staatliche Einflussnahmen auf den Landeswahlausschuss gibt es hieraus nicht.“
„Im Ergebnis können wir nun feststellen: Der jetzt vorliegende Mehrheitsbericht zeigt eindeutig, dass es keine staatliche Einflussnahme auf die getroffene Entscheidung zur Kürzung der in Rede stehenden Landeswahlliste gab. Alle vorgebrachten Vorwürfe haben sich nicht bewahrheitet“, so Kirmes.
Der auch betont: „Fast man alles zusammen, dann war dieser Untersuchungsausschuss eine Farce. Und die antragstellende Fraktion hat mit ihrem eigenen Agieren diesem wichtigen Kontrollinstrument der Opposition einen Bärendienst erwiesen. Der verschwörerische Kernvorwurf ist vollständig in sich zusammengefallen. Man kann die Lektüre des Mehrheitsberichts nur ans Herz legen.
Denn dabei bekommt ein gutes Gespür dafür, wie die AfD mit eigenen Unzulänglichkeiten umgeht: Es wird offenkundig, dass diese Partei auch ein Problem damit hat, die für alle geltende Wahlvorschriften einzuhalten und damit rechtsstaatlich sicher Bewerber für politische Ämter aufzustellen.“
Und nicht nur das. Denn der Bericht hält eben auch fest, dass es tatsächlich die AfD-Funktionäre selbst waren, die versuchten, Einfluss auf die Landeswahlleitung zu nehmen.
Anrufe und Briefe aus der AfD-Spitze
Ganz klar heißt es im Text: „Hingegen hat der Ausschuss Anhaltspunkte feststellen können, die eine Einflussnahme von bisher nicht bekannten Landespolitikern, namentlich vom Vorsitzenden des AfD-Landesverbands Sachsen Jörg Urban, MdL und von Herrn Ivo Teichmann erkennen lassen. (…)
Im Untersuchungsausschuss wurde bekannt, dass Herr Teichmann dem Referatsleiter ‚Recht, Wahlen‘ der Landeswahlleiterin in einem Telefonat ‚negative Folgen‘ in Aussicht gestellt hat, sollte dieser – noch vor der entscheidenden Sitzung des Landeswahlausschusses – nicht zu einer anderen Rechtsauffassung kommen. Herr Teichmann äußerte dem Vernehmen nach, dass ein Festhalten an der Rechtsauffassung des Zeugen Dr. Wolf ihm ‘auch persönlich bzw. für sein weiteres Fortkommen schaden’ könne.“
Und dabei blieb es nicht.
„Darüber hinaus hat die Untersuchung ergeben, dass die AfD Sachsen, vertreten durch ihren Landesvorsitzenden, Herr Jörg Urban MdL, gleich zweifach versucht hat, im Sinne des Untersuchungsgegenstandes im Zusammenhang mit der Kürzung der Landesliste Einfluss zu nehmen. Zum einen hat Herr Urban mit Schreiben vom 12. Juli 2019 den damaligen Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller aufgefordert, die Entscheidung des Landeswahlausschusses und damit eines unabhängigen Wahlorgans zu korrigieren.
Eine solche Korrekturmöglichkeit durch die Exekutive sieht die Rechtsordnung nicht vor, wes halb die Aufforderung auf eine Einflussnahme gerichtet ist“, kann man im Bericht lesen.
Und weiter: „Zum anderen wurde bekannt, dass die AfD mittels eines Schreibens Einfluss auf nahezu alle Mitglieder des Landeswahlausschusses zu nehmen beabsichtigte. Im Schreiben wurden die Ausschussmitglieder unter Fristsetzung aufgefordert, ihre Entscheidung vom 5. Juli 2019 zu revidieren, andernfalls sei man gezwungen, die angeschriebenen Ausschussmitglieder ‚wegen des Verbrechens der Rechtsbeugung, § 339 StGB strafrechtlich zu beanzeigen. Eine Verurteilung wird Ihre Entfernung aus dem Amt zwingend nach sich ziehen.‘“
Das sind dann schon sehr eindeutige Drohungen, die man von demokratischen Parteien so nicht kennt.
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