Sachsens Forstminister Wolfram Günther hat am Freitag. 9. Dezember, gemeinsam mit Landesforstpräsident Utz Hempfling den diesjährigen Waldzustandsbericht vorgestellt. Der Zustand der Waldbäume in Sachsen hat sich nach einer vorübergehenden Regeneration im Jahr 2021 erneut verschlechtert. Insgesamt stieg der Anteil der deutlich geschädigten Bäume 2022 auf mehr als ein Drittel.
Nur rund jeder fünfte Baum wies keine Schäden auf. Der mittlere Nadel- und Blattverlust erreichte in diesem Jahr mit 27 Prozent einen neuen Höchststand. Der entsprechende Wert lag im Vorjahr bei 25,1 Prozent, teilt das SMEKUL mit.
„Erneut schlagen Klimakrise und Borkenkäfer tiefe Wunden in den sächsischen Wald“, stellt Forstminister Wolfram Günther fest. „Seit 2018 entwickelt sich der Waldzustand in Sachsen kritisch. In der Folge gibt es teilweise großflächige Störungen im Wald. Das relativ günstige Wetter 2021 brachte vorübergehend Linderung und Regeneration. Jetzt müssen wir erneut feststellen: Der Zustand unserer Bäume hat sich erneut verschlechtert, manche Indikatoren erreichen Allzeit-Negativwerte.“
Der Hauptgrund für den kritischen Zustand der Wälder: Infolge der Klimakrise ist es zu trocken und zu warm. Das macht die Bäume anfälliger für Schadinsekten wie den Borkenkäfer und der Waldboden trocknet bis in große Tiefen aus.
„Was das zur Folge haben kann, mussten wir diesen Sommer mit mehr als 180 Waldbränden leidvoll erfahren. Die integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung ist eine der notwendigen Antworten auf die kritische Lage des sächsischen Walds“, sagte Günther am Freitag.
„Nur wenn wir Naturschutz, Bodenschutz und Waldnutzung zusammendenken, werden wir das Ökosystem Wald insgesamt ausreichend gegen die Klimakrise härten können. Wir intensivieren damit konsequent unsere Anstrengungen im Staatswald für den klimastabilen, artenreichen Wald der Zukunft.“
Die Waldbewirtschaftung muss sich ändern
„Eine für unseren Wald insgesamt ungünstige Witterung in diesem Jahr – vor allem im Sommer war es zu warm und zu trocken – verringerte die Vitalität von Laub- und Nadelbäumen und führte zu einer permanent hohen Waldbrandgefahr in den Sommermonaten. Gleichzeitig ist die Gefahr, welche von Borkenkäfern ausgeht, nicht gebannt“, fasst Landesforstpräsident Utz Hempfling die Bilanz für 2022 aus seiner Sicht zusammen.
„Obwohl es Regionen gibt, in welchen sich die Situation positiv entwickelt hat und Schadmengen zurückgegangen sind, kann dies nicht für ganz Sachsen festgestellt werden. Daher gilt es, weiterhin achtsam zu sein. Mir ist bewusst, dass die vergangenen Jahre für viele Waldbesitzende sehr herausfordernd waren.
Dafür möchte ich Ihnen für Ihr Engagement bei der Schadensbewältigung und der sich anschließenden Wiederbewaldung meinen Dank aussprechen. Wir dürfen aber bei den Bemühungen zur Eingrenzung der Borkenkäferschäden auch im kommenden Jahr nicht nachlassen.“
Bei dem am Freitag vorgestellten Grundsatzerlass zur Integrativen Naturgemäßen Bewirtschaftung des Staatswaldes geht es darum, den Naturschutz und Bodenschutz noch konsequenter in alle Phasen der Waldbewirtschaftung zu integrieren, um die Waldökosysteme in ihrer gesamten Ausprägung zukunftsfest zu machen und die für uns Menschen wichtigen vielfältigen Waldfunktionen zu erhalten.
Die Waldsysteme sind nicht widerstandsfähig
Der Erlass zielt im Detail auch darauf, dem Verlust der Artenvielfalt und der sinkenden Resilienz, also Widerstandsfähigkeit, der Waldökosysteme entgegenzuwirken. So soll im Staatswald der bereits laufende Waldumbau intensiviert werden.
Das Ziel ist der Aufbau klimaresilienter, arten- und strukturreicher, leistungsfähiger Waldökosysteme und eine Waldbewirtschaftung, die dem Biotop- und Artenschutz im Wald noch stärker als bisher Rechnung trägt, etwa indem naturnahe Lebensräume gesichert oder neu angelegt werden, und indem Bodenschutz und Bodenfruchtbarkeit noch stärker Beachtung finden.
Weitere Elemente sind die konsequente Schalenwildbejagung, um eine artenreiche Naturverjüngung zu ermöglichen sowie der Schutz natürlicher Prozessabläufe im Wald, also die Sicherung einer Waldentwicklung ohne forstliche Nutzung, auf perspektivisch mindestens zehn Prozent der Staatswaldflächen.
Was wurde untersucht?
Zur Erfassung des Waldzustandes wurden an 6.672 Bäumen neben dem Nadel- beziehungsweise Blattverlust (»Kronenverlichtung«) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung oder die Anzahl der Nadeljahrgänge aufgenommen. Eingang in die Gesamtbewertung finden zudem weitere Schäden, die zum Beispiel durch Insekten und Pilze oder durch Dürre, Sturm und Feuer verursacht wurden.
Insgesamt wiesen 35 Prozent der Bäume eine deutliche Schädigung (Schadstufe 2 bis 4), 43 Prozent eine schwache Schädigung (Schadstufe 1) und 22 Prozent keine erkennbare Schädigung (Schadstufe 0) auf. Ursache für diese hohen Werte und Anstiege sind vor allem die trockene und warme Witterung der letzten Jahre.
Das Aufeinanderfolgen mehrerer niederschlagsarmer Jahre seit 2018 und die ausgeprägte Trockenheit in der Vegetationsperiode 2022 führte zu einem Austrocknen des Waldbodens bis in weite Tiefen und damit zu extremen Trockenstress bei den Waldbäumen.
Nachdem die Waldzustandserhebung für die Eiche im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 36,3 Prozent beim mittleren Blattverlust feststellte, konnte bei der aktuellen Erhebung eine Verbesserung auf einen Wert von 32,8 Prozent ermittelt werden. Jedoch sind noch immer 59 Prozent der Eichen als geschädigt klassifiziert.
Auch bei der Eiche bewegt sich der Befall durch holz- und rindenbrütende Insekten wie Eichensplintkäfer und Eichenprachtkäfer auf einem hohen Niveau. Diese Entwicklung resultiert aus einer Schwächung von überwiegend zwischen- und unterständigen Eichen in Folge der langanhaltenden warm-trockenen Witterungslage.
Immerhin ist die Eiche der prägende Baum der Leipziger Auenlandschaft. Aber mit der zunehmenden Trockenheit kommt auch de Auwald immer mehr unter Druck.
Die Region Westsachsen ist von der Schädigung der Wälder sogar besonders stark betroffen, wie der Waldzustandsbericht feststellt: „Mit 34,5 Prozent im Westlichen Tiefland und 21,6 Prozent im Östlichen Tiefland verbleiben diese beiden Regionen auf Vorjahresniveau. Diese hohen Werte und teilweise auch eine weiter zunehmende Kronenverlichtung während der letzten Jahre sind vor allem in den geringen Niederschlagsmengen der Einzeljahre begründet.
Das Aufeinanderfolgen niederschlagsarmer Jahre führte gerade in den betrachteten Regionen zu einem hohen Bodenwasserdefizit und extremen Trockenstress bei den Waldbäumen. Der Vitalitätszustand der Wälder muss in diesem Zusammenhang als besorgniserregend bezeichnet werden.“
Klimatische Einordnung
Für das hydrologische Jahr 2021 bis 2022 war insgesamt ein ungünstiger Witterungsverlauf zu verzeichnen. Die Temperaturen lagen fast durchweg über dem langjährigen Mittel. Die Wintermonate waren sehr warm und die Monate November bis Februar hatten lediglich durchschnittliche Niederschlagsmengen. Das Frühjahr und die anschließenden Sommermonate waren zudem durch anhaltende Trockenheit geprägt. Der Bodenwasserspeicher wurde so kontinuierlich weiter entleert.
Den Waldzustandsberichts 2022 kann man hier herunterladen.
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