In den letzten Tagen plauzten ja so manche Meldungen zur neuen sächsischen Grundsteuer auf. Von FDP bis IHK schien das neue Regelwerk geradezu eine Katastrophe zu sein und irgendwen mächtig zu belasten. Aber das sah nicht einmal die CDU so, die im Gegenteil das im Finanzministerium formulierte Gesetz dazu begrüßte, denn es verbindet die Entscheidungshoheit der Kommunen mit ein bisschen mehr Steuergerechtigkeit.

Am Mittwoch, 3. Februar, hat der Sächsische Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen aus CDU, SPD und Grünen die Umsetzung der Grundsteuerreform im Freistaat beschlossen. Grund für diese Neuregelung auch in Sachsen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018. Demnach müssen die bisherigen und jahrzehntelang unveränderten Einheitswerte durch neue Bemessungsgrundlagen ersetzt werden. Die neue Grundsteuer wird ab 1. Januar 2025 im Freistaat gelten.Das Finanzministerium hob noch einmal hervor, was am sächsischen Grundsteuergesetz so besonders ist: Im Freistaat wird künftig zwischen den Nutzungsarten der Grundstücke bei der Bemessung der Steuermesszahl differenziert, sodass für Wohngrundstücke und unbebaute Grundstücke 0,36 Promille und für Geschäftsgrundstücke 0,72 Promille angesetzt werden.

Mit dieser Abstufung ist sichergestellt, dass einerseits die Einnahmen für die sächsischen Kommunen insgesamt gleich bleiben und es andererseits nicht zu einer unfairen Belastung einzelner Grundstücksarten kommt, wie es im Bundesmodell der Falle gewesen wäre.

„Mit seiner heutigen Zustimmung hat der Sächsische Landtag den Weg für die Umsetzung der sächsischen Grundsteuerreform bis zum Ende des Jahres 2024 freigemacht. Unser erklärtes Ziel war es, ein Modell umzusetzen, das bürokratiearm, fair und verfassungsfest ist, ohne die sächsischen Besonderheiten aus dem Auge zu verlieren. Es ist uns gelungen, dieses Ziel zu erreichen“, betonte Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann am Mittwoch.

Die nach dem neuen Gesetz berechnete Grundsteuer ist ab dem Jahr 2025 durch die Eigentümer zu entrichten. „Im nächsten Schritt geht es darum, die personellen und technischen Bedingungen zu schaffen, damit die Eigentümerinnen und Eigentümer ab dem 1. Juli 2022 ihre Grundsteuererklärungen abgeben und die Finanzämter die insgesamt rund 2,5 Millionen Erklärungen bearbeiten können. Da wir hieran parallel zum Gesetzgebungsverfahren bereits mit Nachdruck arbeiten, bin ich zuversichtlich, dass wir unseren Zeitplan einhalten können“, so Vorjohann.

Dazu erklärt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Georg-Ludwig von Breitenbuch, noch am Mittwoch: „Das heute beschlossene Gesetz ist eine ausgewogene sächsische Lösung. Für uns als CDU ist dabei wichtig, das derzeitige Aufkommensniveau bei der Grundsteuer zu sichern und das kommunale Hebesatzrecht beizubehalten. Dafür machen wir von der bestehenden Länderöffnungsklausel Gebrauch, beachten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und passen die Regelungen den regionalen Besonderheiten in Sachsen an.“

In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf vor dem Landtag erläuterte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Schubert: „Ich kann heute mit gutem Gewissen sagen: Es wurde eine tragfähige Lösung gefunden. Uns waren dabei die unbebauten Grundstücke aus ökologischen Gesichtspunkten besonders wichtig. Es ist ökologisch sinnvoll, dass unbebaute Grundstücke gegenüber bebauten Nicht-Wohngrundstücken im Bereich der Messzahlen nicht höher besteuert werden, da in der Regel zum Beispiel gewerblich genutzte Grundstücke einen höheren Versiegelungsgrad aufweisen. Wir wollen es weiterhin möglich halten, dass unbebaute Grundstücke bewusst dem Markt entzogen bleiben, um wertvolle ökologische und auch Gemeinschaftsfunktionen, z. B. in Form von Gemeinschaftsgärten, erfüllen zu können.“

Darin, dass die Bundesvorlage keine gerechte Besteuerung ergeben hätte, waren sich die Koalitionäre in Dresden einig. Was auch den Aufschrei verständlich macht, denn das sächsische Modell entlastet Grundstücke mit Wohnbebauung und macht die Versiegelung riesiger Flächen für Gewerbegebiete teurer.

Georg von Breitenbuch: „Hätten wir das Bundesgesetz 1 : 1 umgesetzt, wären beispielsweise Unternehmensgrundstücke deutlich stärker entlastet worden. Die Wohn- und Grundstückseigentümer hätten im Durchschnitt aber deutlich mehr zahlen müssen. Diese Verwerfungen werden mit dem sächsischen Gesetz jetzt klug austariert. Darüber hinaus glätten wir Ausschläge von hohen Belastungen und Entlastungen, die uns das Bundesgesetz gerade in Sachsen eingebracht hätte.“

Und das Argument der diversen Wirtschaftsverbände, die sich jetzt zornig zu Wort gemeldet haben, hat schon der Sächsische Städte- und Gemeindetag in der Diskussion zum Gesetzentwurf aufgegriffen. Denn die Kritiker benennen immer nur die im Deutschlandvergleich hohen Hebesätze in Sachsen, nicht die tatsächlich erhobenen Steuern.

Im Ausschussprotokoll heißt es dazu: „Sachsen liegt mit einem Pro-Kopf-Aufkommen der Grundsteuer von 123 Euro je Einwohner im Jahr 2019 gerade einmal bei 81 % des Bundesschnitts. Obwohl Sachsen unter den Flächenländern mit die höchsten Hebesätze aufweist, ist der Freistaat neben den anderen Flächenländern Ost eines der Schlusslichter beim Grundsteueraufkommen.“

Was im Klartext eben auch heißt: Was die einen als Unternehmer im versiegelten Gewerbegebiet jetzt mehr zahlen, bekommen sie als Bewohner einer sächsischen Gemeinde auch wieder zurück.

So wird auch verständlich, dass jene sich jetzt beschweren, die bislang im Vorteil gewesen waren. Breitenbuch: „Aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass es Grundstückseigentümer in Sachsen geben wird, die mehr werden zahlen müssen als bisher. Das ist aber auch normal. Es muss sich in der Bewertung niederschlagen, ob die Villa, das Mietshaus oder das Gewerbegebiet in der Innenstadt, im Speckgürtel, im Erzgebirge oder in der Lausitz liegt.“

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