Es ist ja nicht nur in der Bundespolitik so, dass wichtige Weichenstellungen immer wieder ausgebremst werden. Auch in Sachsen war in den vergangenen 15 Jahren mehr als augenfällig, dass die Regierungspolitik nicht bereit ist, wichtige Zukunftsweichen zu stellen. Neben der Energie- und der Umweltpolitik betrifft das auch die komplette Bildungspolitik. Der StudierendenRat der HTWK Leipzig schließt sich jetzt dem offenen Brief „Für eine Wende in der sächsischen Bildungspolitik“ an.

Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen richten sich die 13 Mitunterzeichnenden damit an die Verhandelnden von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD, um für deutliche Verbesserungen in der sächsischen Bildungspolitik einzutreten. Denn das Sachsen politisch derzeit zum Tummelplatz rechtsradikaler Populisten geworden ist, hat auch mit einer Bildungspolitik zu tun, die mehr auf PISA-Test-Erfolge setzte, als auf echte politische und staatsbürgerliche Bildung.

Am Montag, 21. Oktober, kündigten CDU, SPD und Grüne die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen für die neue sächsische Regierung an. Die Gespräche in neun Arbeitsgruppen zu einzelnen Themenkomplexen beginnen an diesem Mittwoch, 23. Oktober. „Die drei Partner sind sich einig, dass noch in diesem Jahr der Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorliegen soll. Es wird voraussichtlich bis Ende November verhandelt. Danach werden sich die Parteien mit den Ergebnissen befassen.“

In dem Offenen Brief wird unter anderem ein bildungspolitischer Fortschritt gefordert, der dazu beitragen soll, dem Rechtsruck und menschenfeindlichen Positionen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. „Es bedarf umfassender Änderungen in der Landespolitik, um bestehende Missstände zu erkennen und durch eine progressive und weltoffene Bildungspolitik zu beheben. Konkret wird das bestehende Leistungsprinzip an den Hochschulen und die unzureichende Finanzierung der Hochschulen kritisiert – welche mitverantwortlich für den jetzigen Stand der gesellschaftlichen Bildung im Freistaat sind“, erläutert Nico Zech, Sprecher des StuRa der HTWK.

Bestnoten in den Ländervergleichen können letztendlich nicht über die eklatanten, dringend aufzuholenden Rückstände in der kulturellen, politischen und sozialen Bildung hinwegtäuschen. Oberstes Ziel sollte die Ausbildung kritischer, empathischer, selbstbestimmter und couragierter Menschen sein, welche durch ihr staatsbürgerliches Mitwirken die Gesellschaft und Bildungseinrichtungen mitgestalten und verbessern.

Besonders die einsparende Finanzpolitik hat zu gravierenden Missständen an den Hochschulen geführt. „Große Engpässe bei Dozierenden, mangelnde Lehr- und Lernmittel, Defizite an Hochschulgebäuden, fehlende Forschungsgelder … das kennen leider auch die Angehörigen der HTWK Leipzig. Nun bedarf es endlich einer Ausfinanzierung der Hochschulen. Insbesondere befristete Arbeitsverhältnisse – welche oftmals noch die Regel an den Hochschulen darstellen – sind in dauerhafte Beschäftigungen zu überführen. Nur so kann letztendlich die Qualität der Lehre und Forschung sichergestellt und fortlaufend gesteigert werden“, so Thomas.

Die Sicht der Betroffenen der Bildungspolitik muss bei der Weiterentwicklung von essentieller Bedeutung sein. „Als Unterzeichnende des Offenen Briefs sind wir selbstverständlich bereit, die nötigen Veränderungen mitzuentwickeln und umzusetzen. Denn wer von politischen Entscheidungen betroffen ist, sollte auch in die Entscheidungsfindung einbezogen werden“, schließt Thomas ab.

Zusätzlich verweist der Offene Brief auf die Forderungskataloge der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS).

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