Es war wieder so ein Gesetz unter dem verführerischen Label „Bürokratieabbau“, das die CDU/FDP-Regierung vor fast zehn Jahren beschloss. Tatsächlich hebelte das Gesetz die Kontrollmöglichkeiten der lokalen Umweltschutzämter aus. Tausende Bäume fielen seitdem allein in Leipzig der Säge zum Opfer. Und mit dem Wohnungsneubau wird der Baumverlust immer spürbarer. Der NABU Sachsen schlägt jetzt Alarm.
Wenn Städte wachsen und sich weiterentwickeln, müssten sie dennoch für die Menschen lebenswert bleiben, findet der NABU. Dazu gehöre das Grün in der Stadt mit Wiesen, Sträuchern und großen alten Bäumen. Sie dienen nicht nur den Menschen als Orte der Erholung, sie sind vor allem auch Lebensraum für die Tierwelt und essenziell für ein gesundes Stadtklima. Gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise mit Dürresommern und Starkregen-Extremen müsse das städtische Grün erhalten und gefördert werden – gleichranging mit Infrastruktur und Wohnraum, fordert der Naturschutzbund. Eine nachhaltige Stadtentwicklung funktioniere nur mit einer intakten Stadtnatur.
Doch die Realität in Sachsens Städten sieht oft anders aus. Nahezu täglich wenden sich verzweifelte Menschen an den NABU in der Hoffnung, Sträucher vor der Rodung oder Bäume vor der Fällung zu bewahren.
Leider gelingt das in vielen Fällen nicht, weil die rechtlichen Möglichkeiten in Sachsen überschaubar sind und zudem in vielen Fällen von den zuständigen Behörden einfach ignoriert werden, benennt Naturschutzbund ein Dilemma, das mit dem Baum-ab-Gesetz tatsächlich erst verschärft wurde.
„Die Bedeutung des Grüns für die Stadtentwicklung wird von den Verantwortlichen ausgeblendet“, sagt Bernd Heinitz, Landesvorsitzender des NABU Sachsen. Und es gebe zwei weitere Probleme: „Zum einen wird häufig auch das Bundesnaturschutzgesetz ignoriert, das in vielen Fällen Sträucher und Bäume als Lebensstätten schützt und zudem eine Fällung grundsätzlich nur unter Beachtung des Artenschutzes erlaubt; zum anderen macht sich insbesondere das ‚Baum-ab-Gesetz‘ negativ bemerkbar.“
Der NABU Sachsen fordert daher eine gesetzliche Neuregelung mit dem Ziel, den Baumbestand zu erhalten und zu schützen, und appelliert an die künftige Landesregierung sowie die Fraktionen des neugewählten Landtags, das „Baum-ab-Gesetz“ schnellstmöglich abzuschaffen.
Bäume sind Schattenspender, Staubfilter, Lärmschutz und CO2-Speicher
Denn Bäume sind schützenswert, betont der NABU. Sie sind ein Naturgut an sich, sie bieten Tieren Nahrung und Unterschlupf, und sie sind wichtig für den Klimaschutz. Deshalb gab es bis zur „Reform“ im Jahr 2010 zu Recht einen relativ strengen Gehölzschutz. Er sorgte einerseits dafür, dass Bäume nicht ohne Genehmigung gefällt werden dürfen und im Falle einer Genehmigung dafür, dass es den notwendigen Ausgleich in Form von Neupflanzungen gab. Vor diesem Hintergrund gab es auch ausreichend Personal in den Behörden, die für den Baumschutz zuständig waren.
All das ging unter dem Deckmantel eines „Bürokratieabbaus“ verloren. Seitdem sind dieser Gesetzesreform in Sachsen tausende Bäume ersatzlos zum Opfer gefallen. Die negativen Folgen für das Wohlbefinden der Menschen, für Tierwelt und Klima sind vielerorts spürbar. Bäume spenden Schatten, was in unseren heißer werdenden Städten besonders wichtig ist, sie sind unter anderem auch Staubfilter, Lärmschutz und Kohlenstoffspeicher.
„Der Verlust von Bäumen ist auch ein Faktor für das zu beobachtende Insektensterben. Viele Arten sind auf Totholz, Ritzen, Spalten, Mulm und damit auf genügend alte einheimische Bäume angewiesen, in denen sie Quartier oder einen Ort für die Fortpflanzung finden, sie benötigen Blätter und Blüten als Nahrung“, erklärt René Sievert, Vorsitzender des NABU Leipzig und Vorstandsmitglied des NABU Sachsen.
Ein Beispiel seien die Weidenbäume, die verursacht durch das „Baum-ab-Gesetz“ beliebig gefällt werden dürfen.
„Die fehlende Weidenblüte im Frühjahr führt zum Nahrungsmangel bei Insekten, die nach dem Winter darauf angewiesen sind. Der Verlust der Insekten hat wiederum negative Folgen für Insektenfresser, wie Vögel und Fledermäuse, verschlechtert aber auch den Zustand des Ökosystems insgesamt, was weitere negative Folgen hat, letztendlich auch für die Menschen“, so Sievert.
Die Wiedereinführung eines wirksamen Baumschutzes in Sachsen sollte naturschutzpolitisch zu den wichtigsten Zielen zählen. Zugleich sei es eine gesetzgeberisch leicht zu realisierende Maßnahme, die wirksam wäre für den Schutz der Biodiversität und des Klimas, betont der NABU. Besonders spürbar seien die Folgen des mangelhaften Baumschutzes in wachsenden Großstädten wie Leipzig, Dresden und Chemnitz.
NABU bringt Lebensraumzerstörungen in der geplanten Parkstadt Dösen zur Anzeige
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Es gibt 4 Kommentare
Ich finde diese Initiative des NABU sehr gut und hoffe doch, man hat Erfolg! Bei mir im Wohnviertel ist schon so viel verschwunden.
Aber bleibt es bei diesem einem Aufruf, oder gibt es noch eine Petition oder sonstige Aktionen? Nicht dass dieses wichtige Anliegen untergeht.
PS: Übrigens gibt es sehr große Mankos bei der Erfassung von streng geschützten Arten im FFH-Gebiet “Leipziger Auwald”. Arten, welche in den Bäumen leben, die unter Umständen gefällt werden oder bei der Fällung anderer Bäume mit zu Schaden kommen. Will also zur Diskussion über mir nur sagen: trotz aller Forschungen weiß man offensichtlich längst nicht alles über den Auwald und die Tiere darin, und leider sind diese Bäume und damit diese streng geschützten Tiere in großer Gefahr. Irgendwie scheint das aber keinen zu interessieren!? Ich kann die Tierchen bzw. Reste von ihnen und Spuren gern mal dem NABU zeigen, vielleicht mag man ja mal helfen, dass die Stadt diese streng geschützten Tiere mehr zur Kenntnis nimmt.
Lieber Herr Karsten, bei einer Führung des NABU, ich glaube voriges Jahr, durch die Burgaue, wurde uns erklärt, dass die forstwirtschaftlichen Maßnahmen dort richtig und sinnvoll seien. Andere, Forstingenieuere und Wissenschaftler, sagen etwas ganz anderes. Das ist keine persönliche Allüre des NuKLA!
Leider gab es vom NABU keinen Redebeitrag zum NuKLA-Symposium, wo es um den Umgang mit geschützten Wald ging. Das wäre eine prima Gelegenheit gewesen, sich NuKLAs Position mal vorzunehmen, wenn die falsch ist! Warum also dort, wo ein fachlicher austausch hingehört, Schweigen im Walde?
Da Du so eine große Liste hast mit Aktivitäten des NABU: was habt ihr bezogen auf die Nonne unternommen, als dort die Lebensräume der Mopsfledermaus und des nachgewiesenen Eremiten (streng geschützte Arten!) großflächig zerstört wurden? Habt der NABU das angezeigt?? Oder hat der NABU in der AG Stadtwald dieser “Maßnahme” der Förster zugestimmt – DAS jedenfalls geht aus den aufgestellten Schildern hervor.
Amphibien helfen, naturnahe Gärten initiieren, Stadtbäume retten, alles zweifelsfrei großartig! Um so weniger ist zu verstehen, wie der NABU sich zur Forstwirtschaft im Auwald verhält und seit Jahren u.a. dem Ausprobieren der Mittelwaldwirtschaft – einer, wie der Name sagt, Bewirtschaftungs!-form und das im FFH- und Vogelschutz- und NATURA2000-Gebiet!! Wo der NABU Thüringen schon vor Jahren völlig irritiert öffentlich gefragt hat, ob die Verbände in Leipzig nicht merken, was mit ihrem Auwald passiert, ist der NABU Leipzig seltsam leise.
Vielleicht sagt Wolfgang ja selbst, was er bezwecken will. Es klingt aber offensichtlich so, als wollte er öffentlich machen, dass manche mit gespaltener Zunge unterwegs sind. Wogegen erst mal nichts einzuwenden ist: jeder hat so seine Schwerpunkte. Aber dann passiert eben, dass einer, der unabhängig ist, darüber schon mal das Reden anfängt, weil es sich nicht um ein paar Gärten, ein paar Bäume und Amphibien handelt, sondern um die systematische, großflächige Vernichtung naturnaher Waldbestände in Schutzgebieten. Dazu sollte ein NABU sich schon positionieren, und nicht sich auf seine anderen Aktivitäten zurückziehen.
Und wenn es, wie von Dir geschrieben, ein “gemeinsames Anliegen” gibt, warum schließt sich der NABU Leipzig und/oder Sachsen dann der Klage der GRÜNEN LIGA Sachsen nicht an?? – ich glaube nicht mal, dass ihr dafür was bezahlen müsstet.
Lieber Wolfgang,
warum behauptest Du immer wieder Unwahrheiten über den NABU? Unsere Bemühungen um den Schutz der Stadtnatur sind unbestreitbar. http://www.NABU-Leipzig/Leipzig-schrumpft
Der Verlust der Stadtnatur und der Tod zahlloser Tiere ist schmerzhaft und frustrierend und oft nicht zu verhindern, umso mehr freuen wir uns über kleine und große Erfolge die wir haben. Da wir so viel Zeit in unserer ehrenamtlichen Freizeitarbeit investieren, schaffen wir es gar nicht, über alles Positive und Negative auch im Internet zu berichten. Aber auf jeden Fall vergeuden wir keine Zeit damit, mit unserer Arbeit zu pralen und gleichzeitig andere Vereine schlechtzureden. Ich habe auch eigentlich keine Zeit und Lust hier auf Deinen Kommentar zu reagieren. Aber Du betonst dass Du NABU-Mitglied bist und behauptest gleichzeitig, dass wir uns nicht um Naturschutz kümmern, dabei machen unsere aktiven Vereinsmitglieder von früh bis spät nichts anderes! Das Schlechtreden ist unerträglich! Ich widerspreche deinen falschen Behauptungen über den NABU auf deiner Internetseite!
Es stimmt auch nicht, dass wir uns nicht um den Stadtwald kümmern – ganz im Gegenteil. Der NABU ist in vielen Projekten beteiligt und kümmert sich mit Flächenkauf, Biotoppflege und Umweltbildung seit Jahrzehnten um die Leipziger Auenlandschaft. Mehr geht immer, aber zu behaupten, dass nur Du der echte Baumretter bist ist doch Unsinn. Wir suchen die Zusammenarbeit mit dem Stadtforst und melden uns gleichzeitig kritisch zu Wort. Mehrfach haben wir Verstöße gegen das Naturschutzrecht angezeigt und uns kritisch zur Umsetzung von Forstarbeiten geäußert, beispielsweise im Stötteritzer Wäldchen, Abtnaundorfer Park (Partheaue), Paunsdorfer Wäldchen, Plaußiger Wäldchen (Partheaue). Auch um die Art und Weise der Forstwirtschaft streiten wir. Das ist unsere Aufgabe der wir verantwortungsbewusst und mit einem respektvollen Umgangston nachkommen. Wir laufen doch auch nicht herum und sagen: “Seht, wir retten die Fledermäuse, wir pflegen die Wiese, wir pflanzen Sträuhcer und Bäume, wir helfen Amphibien, wir kämpfen für das Stadtgrün, wir demonstrieren für Klimaschutz wir beraten Bürger zum naturnahen Gärtnern, wir zeigen Naturfrevel an und schreiben seitenlange Gutachten zum Artenschutz – was macht der Verein XY, warum macht er das nicht auch so, sind das überhaupt Naturschützer?” Das ist doch kein Umgang miteinander! Unterschiede in Stil und Meinung kann es ja geben, aber es sollten doch nicht Naturschützer aufeinander einhacken. Was soll das überhaupt bezwecken? Das schadet doch nur den gemeinsamen Anliegen und kostet unendlcih sinnlos Zeit und Kraft.
Freundliche Grüße, Karsten Peterlein
Hallo Ihr ALLE, irgendwie tut es mir gerade leid, aber… ich kann als Vorsitzender von NuKLA und auch als NABU Mitglied das so nicht unkommentiert lassen.
Seit 2017 kümmert sich NuKLA alleine als einziger Naturverband um die Bäume im Auwald. Bereits 2018 hat NuKLA beim Verwaltungsgericht gegen das Abhozen von großen, alten Bäumen die Stadt Leipzig verklagt und Sachsenforst bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Beide Verfahren sind noch anhängig.
Warum ist der NABU für Bäume. Warum demonstriert er für Bäume. Warum ist er mit den Abholzungen im Auwald auf der Seite der Forstwirtschaft.. Leute werdet wach, sehet genau hin. Wie gesagt, ich musste dies loswerden, es kann so nicht weitergehen. Entweder man ist für Bäume, dann aber richtig, nicht aber nur halbherzig. Wir könnt ihr Euch in einem halbstündigen Video ansehen, womit der NABU einverstanden ist: Leute bekennt Euch, oder haltet die Klappe, das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
http://Www.nukla.de
Zu Forstwirtschaftlichen Schäden im Auwald.