Landtagswahl ist zwar erst im Herbst. Aber schon jetzt tasten die Parteien ihre Möglichkeiten ab. Auch die SPD, die ja in der Koalition mit der CDU seit 2014 wieder erleben durfte, wie wenig von den eigenen Wünschen umsetzbar sind, wenn der große Partner nicht will. Am Freitag, 26. April, benannte Jörg Vieweg, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, ein Thema, das sträflichst zu kurz gekommen ist.

Anlass war der Tag der Erneuerbaren Energien am 27. April. Und wer ehrlich ist, sieht, dass sich bei den Erneuerbaren in Sachsen fast gar nichts mehr getan hat. Der Ausbau von Windkraft ist nach den rigiden Gesetzgebungen der CDU/FDP-Regierung (2009 bis 2014) praktisch zum Erliegen gekommen. Stattdessen hat die Regierung mit aller Macht für die schmutzigste aller Energiegewinnungen gekämpft, im Grunde reine Lobbyarbeit für die Kohlekonzerne in Sachsen gemacht. Und das, obwohl alle wissen, dass der Ausstieg aus der Kohle zwangsläufig ist und eigentlich schneller vorangehen muss.

Bis heute hat die Staatsregierung keine wirklich belastbare Klimaschutzstrategie. Obwohl die dramatischen Folgen der Klimaerwärmung längst heftige wirtschaftliche Schäden anrichten.

Da wirkte es schon erstaunlich, dass Jörg Vieweg formulierte: „Nach dem ‚Jahrhundertsommer‘ 2018 zeichnet sich in Teilen Sachsens schon wieder eine extreme Trockenheit ab, mit verheerenden Folgen für Natur und Mensch. Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen. Politik und Wirtschaft müssen jetzt schleunigst und zielstrebig handeln, sonst werden wir nach der ökologischen auch die wirtschaftliche Rechnung präsentiert bekommen. Klimaschutz muss darum dringend in der Sächsischen Verfassung verankert werden“, fordert Jörg Vieweg.

„Wir wollen und werden die Energiewende und den Klimaschutz voranbringen. Sachsen braucht ein Klimaschutzgesetz, den konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien und konkrete Klimaschutzziele für Landwirtschaft, Verkehr und Gebäude.“

Das klingt dann schon fast so, als kündige sich ein Zeitenwechsel in der sächsischen SPD an. Will die jetzt, falls es wieder zur Regierungsbeteiligung kommt, tatsächlich die fatale Nähe zu den großen Konzernen beenden und eine mutige Klimapolitik machen?

Oder ist es gar der Unmut der jungen Menschen, die demonstrieren, der die SPD jetzt umtreibt?

„Ich kann die Panik der jungen Leute von Fridays for Future gut verstehen“, sagte Vieweg. „Denn es ist diese Generation, die mit den Klimafolgen leben muss, ohne sie verursacht zu haben. Alle sollten die Sorgen dieser globalen Bewegung sehr ernst nehmen, sie hat verstanden, was manch einer in Politik und Wirtschaft nicht wahrhaben will: Uns bleibt nicht viel Zeit zu handeln, und wir müssen jetzt Verantwortung übernehmen und das Momentum nutzen. Die SPD steht dafür, Klimaschutz ökologisch sinnvoll und sozial verträglich umzusetzen.“

Das Echo gab es postwendend aus der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, die mit Dutzenden Vorstößen zum Klimaschutz in Sachsen an der Regierungskoalition gescheitert ist. Angefangen von den Vorstößen zum Hochwasserschutz, zum Waldumbau und zum Kohleausstieg bis hin zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

„Auch wir Grüne fordern Klimaschutz als Staatsziel, das sich am 1,5-Grad-Ziel orientiert, in der Sächsischen Verfassung. Wir werden die SPD nach den Wahlen an ihre heutige Forderung erinnern“, sagt Dr. Gerd Lippold, klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Im Wahlkampf klingt die heutige Forderung nach dem bekannten SPD-Motto der letzten Jahre: Zielverfehlungen beim Klimaschutz werden einfach durch neue Versprechen ersetzt anstatt endlich zu handeln!“

Das Misstrauen ist groß, wie man sieht. Erst im Januar musste Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) bekanntgeben, dass das Energie- und Klimaprogramm (EKP) der Regierung, an dem über drei Jahre gearbeitet worden war, vor der Landtagswahl nicht mehr kommen werde. Sachsen hat also nicht mal ein Handlungsprogramm, um sich auf die absehbaren Folgen der Klimaerwärmung vorzubereiten. Stattdessen dominiert der Alarmismus, wenn die Stürme durch sächsische Holzplantagen fegen und die Bauern unter Dürre leiden, dann unterstützt selbst die untätige Regierung jedes Mal die Forderung nach millionenteurer Entschädigung. Als könnte man sich mit Geld freikaufen für unterlassene Politik.

Da kann man gespannt sein, welche Partei wirklich mit ernsthaftem Klimaschutz in den Wahlkampf zieht. Und welche nicht.

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