Das war dann wohl die peinlichste Klage, der die sächsische Staatsregierung beigetreten ist: Als die deutschen Kohlekraftwerksbetreiber 2017 gegen die strengeren Quecksilber- und Stickoxidausstöße (NOx) der EU vor Gericht zogen, verkündete der neue Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) Anfang 2018 sofort, der Freistaat werde die Klage unterstützen. Völlig ohne Not. Es ging ja nur um das Geschäftsmodell der Energiekonzerne.
Aber kam Michael Kretschmer von allein auf die Idee? Das wollte Dr. Gerd Lippold, der energiepolitische Sprecher der Grünen im Sächsischen Landtag, dann doch genauer wissen, nachdem das Gericht der Europäischen Union (EuG) am 13. Dezember 2018 die Klage als unzulässig abgewiesen hatte.
Mit den strengeren Grenzwerten sind die Kraftwerksbetreiber gezwungen, ihre Filteranlagen aufzurüsten, was sich gerade bei älteren Kraftwerken nicht mehr rechnet. Es kann durchaus passieren, dass diese Kraftwerke dann einfach deshalb vom Netz gehen müssen, weil sie die Schadstoffgrenzwerte nicht einhalten können – was bei Quecksilber vor allem sächsische Braunkohlekraftwerke besonders betrifft, da die hiesige Braunkohle stark quecksilberhaltig ist.
Aber Lippolds Anfrage zeigt auch, dass die Minister im Kabinett nicht so schwach sind, wie sie gern tun. Auch bei solchen Fragen muss sich der Ministerpräsident rückversichern. Und bevor Michael Kretschmer mit der Botschaft an die Öffentlichkeit ging, fragte er erst einmal seine Fachminister im Kabinett – am 8. Februar 2018 war das. Wobei es da noch nicht zur Entscheidung kam, die erfolgte – so wie jetzt Staatsminister Oliver Schenk für die Staatsregierung Auskunft gibt – erst am 14. Februar.
Und zwar „nach Abstimmungen zwischen Sächsischer Staatskanzlei (SK), Sächsischem Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) und Sächsischem Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA)“, und zwar auf Ministerebene. Oliver Schenk, Thomas Schmidt und Martin Dulig waren also eingebunden.
Begleiten sollte den Prozess vor allem die von Oliver Schenk geleitete Staatskanzlei.
Gekostet hat diese Streitbeihilfe 4.522 Euro für eine Berliner Kanzlei.
Ob der Freistaat bei einem neuen Streit wieder mitmacht, lässt Schenk in seiner Antwort offen. Der Freistaat selbst ist ja nicht betroffen und kann deshalb auch nicht in Berufung gehen. Das können nur die Kläger – im Fall Sachsen also die MIBRAG und die LEAG.
Wobei das Seltsame an diesem Beistand noch immer im Raum steht, denn die klagenden Konzerne sind allesamt reich genug, so einen Prozess in Eigenregie zu führen, ganz anders etwa als die sächsischen Umweltvereine, die vor sächsischen Gerichten oft genug scheitern, weil sie niemals eine solche Unterstützung durch die Staatsregierung bekommen. Die stellt sich – wie hier – lieber auf die Seite finanzstarker Konzerne und unterstützt Klagen auch noch gegen Umweltstandards, die eigentlich zuerst der eigenen Bevölkerung zugutekommen sollen.
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