In dieser Woche hat die vieldiskutierte Personalkommission der Staatsregierung endlich ihren Bericht zur Personalsituation des Freistaats vorgelegt. Ein Bericht, der alle Befürchtungen bestätigt, die schon 2014 auf dem Tisch lagen, bevor SPD und CDU gemeinsam zu regieren begannen. Aber der Landtag diskutierte erst am Mittwoch, 30. August, in den späten Abendstunden darüber.

Entsprechend zugespitzt fielen dann auch die Statements der Opposition aus, die nun auf 300 Seiten schwarz auf weiß vor sich hat, was jahrelange Sparpolitik im sächsischen Personalbestand angerichtet hat. Und die Kommission wird, was die Zukunft des Freistaats betrifft, sehr deutlich: „Der gesamte Personalkörper selbst steht vor einem radikalen Umbruch. Infolge der Einstellungsbedingungen der 90er-Jahre wird bis zum Jahr 2030 über die Hälfte der derzeitigen Bediensteten in den Ruhestand treten. Die Personalgewinnung tritt bereits jetzt und erst recht in den kommenden Jahren in den Vordergrund. Der Freistaat Sachsen wird dabei nicht nur mit dem Öffentlichen Dienst anderer Länder und des Bundes um die besten Köpfe konkurrieren, sondern auch mit den Kommunen und der Wirtschaft.“

Und das ist noch vorsichtig formuliert. Die Wirtschaftskammern im Land haben schon seit sieben Jahren darauf hingewiesen, dass es diese zunehmende Konkurrenz um immer weniger junge Leute gibt. Jetzt aber beginnt erst so richtig das Ausscheiden der starken älteren Jahrgänge.

„Es ist kein Zufall, dass der Landtag diesen Bericht erst zu später Abendstunde behandelt, nachdem das Papier nun schon seit 14 Monaten vorliegt und auf Betreiben der CDU mehr als zwanzigmal von Ausschuss-Tagesordnungen geflogen ist. Denn es belegt das personalpolitische Versagen der CDU-geführten Staatsregierung – nicht nur an den Schulen und bei der Polizei, sondern in nahezu der kompletten Landesverwaltung!“, meint Nico Brünler, Sprecher der Links-Fraktion für Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. „Mehr als die Hälfte der Landesbediensteten wird bis 2030 aus Altersgründen ausscheiden. Anstatt dieser vorhersehbaren Entwicklung rechtzeitig und planvoll zu begegnen, hatte Ministerpräsident Tillich die Ziel-Zahl von 70.000 Bediensteten ausgegeben, hinter der nie ein Konzept stand. Die CDU hat uns sehenden Auges in die Katastrophe gesteuert, Fachkräfte aus dem Land getrieben, die Leistungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes beschädigt, den Beschäftigten Arbeitsverdichtung und gesundheitliche Schäden zugemutet und das Ansehen des Freistaates in der Bevölkerung sinken lassen, weil Verwaltungsakte länger dauern, Gerichte überlastet sind, staatliche Aufgaben nur noch unter größtem Einsatz oder nicht mehr zu erfüllen sind.“

Tatsächlich wurden sogar weitere wertvolle zwei Jahre vertan, indem man auf den Abschlussbericht der Personalkommission gewartet habe, kritisiert Valentin Lippmann, der innenpolitische Sprecher der Grünen.

„Schon 2015 hätte man – selbst bei Einsetzung einer Personalkommission – Sofortmaßnahmen treffen müssen, um bei der verfehlten Personalpolitik gegenzusteuern. Stattdessen waren die Maßnahmen im Haushalt bestenfalls Makulatur. Alle unsere Vorschläge für Stellenaufstockungen und Streichungen von kw-Vermerken haben Sie unverfroren, mit Verweis auf die Kommission abgelehnt. Der Haushalt für die Jahre 2015 und 2016 wurde verabschiedet: mit der SPD wurde der Abbau von weiteren 790 Stellen besiegelt. Über 3.500 kw-Vermerke ab 2017 fanden sich damals noch in den Stellenplänen“, kritisiert er die Realität der Regierungsarbeit in den vergangenen zwei Jahren. „Den Vogel abgeschossen haben Sie dann mit dem letzten Doppelhaushalt. Da lag der Kommissionsbericht vor. Doch anstatt nun endlich im Haushalt etwas zu tun, hat diese Koalition die Dreistigkeit besessen, die Anhörung dieses Berichtes nach den Haushalt zu schieben und sich damit nicht zu befassen. Man hätte ja sonst zu dem Schluss kommen können, handeln zu müssen. Sie haben sich mit diesem Verhalten in Bezug auf ihre Versprechungen im Jahr 2015 selbst Lügen gestraft.“

Er kritisiert zwar auch den Juniorpartner in der Regierung, die SPD, die natürlich vor einem Dilemma steht. Denn mit vielen kleinen Verbesserungen hat sie ja seit 2014 versucht, die schlimmsten Auswirkungen der CDU-Personalpolitik zu lindern. Aber augenscheinlich sind die Kräfte in der Regierung so ungleich verteilt, dass sie gegen den allgegenwärtigen Finanzminister Georg Unland (CDU), der die Zielzahl von 70.000 Bediensteten (statt 83.000) wie ein Mantra vor sich herträgt, nicht ankommt.

Der reale Bedarf scheint den mächtigen Finanzminister nicht wirklich zu interessieren.

Ergebnis ist – das belegt der Bericht – der Komplettausfall belastbarer Personalpolitik in allen Ressorts. Und das an einem Punkt, wo dringend junges Personal gesichert werden müsste, um die Aufgabenerfüllung in lebenswichtigen Bereichen überhaupt noch zu sichern.

„Der Bericht hat es offengelegt: Wenn nicht unverzüglich gehandelt wird, ist die Handlungsfähigkeit des Staates in akuter Gefahr“, sagt Nico Brünler. „Schon ab diesem Jahr müssten bis 2030 jährlich 2.700 Neueinstellungen erfolgen, um den Personalbestand wenigstens zu halten. Nichts deutet darauf hin, dass die CDU-geführte Regierung daran arbeitet. Finanzminister Unland behauptet lieber weiter, dass der Personalbestand zu groß sei – bezogen auf die Einwohnerzahl im Vergleich zu westdeutschen Flächenländern. Wenn der Ministerpräsident schon glaubt, dass solche absurden Zahlenspiele politisches Handeln ersetzen können, dann sollte er Unlands Maßstäbe wenigstens konsequent durchsetzen. Sachsen kann demnach mit lediglich fünf Staatsministerien und einem Halbtags-Ministerpräsidenten auskommen.“

Nun liegt der Bericht aber mit lauter belastbaren Zahlen vor. Es gibt keine Ausrede mehr, jetzt für jedes Ministerium echte Personalpläne aufzustellen und auch die nötigen Ausbildungskapazitäten zu schaffen.

„Ich erwarte, dass die Regierung ihre Kommission ernst nimmt und schleunigst ihre Aufgaben erledigt: Fachkräftegewinnung, Demografie-Brücken, langfristige Personalentwicklung, Gesundheits- und Wissensmanagement. Vor allem müssen die Aufgaben der Staatsverwaltung evaluiert werden, wovon die Kommission abgehalten wurde. Von wem? Klar: von der CDU“, sagt Brünler. „Liebe SPD, liebe CDU – bis 2030 gehen 51 Prozent der Landesbediensteten in den Ruhestand. Jährlich müssten 2.700 neue Fachkräfte gewonnen und eingestellt werden, um diese Altersabgänge zu kompensieren. Wann wollen Sie damit endlich anfangen? Wann schaffen Sie endlich die Neueinstellungskorridore, die erforderlich sind, um die Aufgaben sicherzustellen, die dieser Staat zu erfüllen hat? Wie wollen Sie den Wissenstransfer sicherstellen?“

In eigener Sache: Abo-Sommerauktion & Spendenaktion „Zahl doch, was Du willst“

Abo-Sommerauktion & Spendenaktion „Zahl doch, was Du willst“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Gleichfalls ist die sinnlose Personalpolitik zu erwähnen, dass der Freistaat oft auf zwei Jahre befristet einstellt und dann ausschließt, dass sich ehemalige Mitarbeiter wieder bewerben dürfen. Ich finde es persönlich sehr schade, dass es so läuft. Denn es wird einiges kaputt gemacht damit, ganz zu schweigen von Effizienz- und Wissensverlusten durch alle zwei Jahre neueingestellte Personen. Aber auch ich werde mich eher auf andere Bundesländer umorientieren, die mir attraktivere Rahmenbedingungen bieten.

Es wäre schön, mal herauszufinden, wer und auf welcher Basis damals herausgefunden haben will, dass in den ostdeutschen Bundesländern die Personaldecke in der Verwaltung zu hoch ist, was zu massiven Einsparungen führte. Ich vermute, da hat sich irgendein großes Beratungshaus in irgendeiner Studie dazu geäußert und seitdem wird das unreflektiert nachgeplappert. Wie die immobileren älteren Menschen auf dem Land dann noch ihre durch zunehmende Komplexität bedingten Probleme mit der Verwaltung lösen können, wenn kaum noch jemand da ist, der es erklären kann oder nur in weiter Entfernung, wird ja nicht gefragt….

Schreiben Sie einen Kommentar