Am Montag, 24. Juli, hat Sachsens Umweltminister einen Satz gesagt, der anzweifeln lässt, ob er die Komplexität seines Arbeitsgebietes überhaupt versteht. „Ich sehe darin einen Beleg dafür, dass das Wild im Freistaat Sachsen beste Lebensbedingungen vorfindet und die Wildbestände ansteigen, insbesondere das Schalenwild“, sagte er in Bezug auf die hohen Abschusszahlen sächsischer Jäger.

Sachsens Jägerinnen und Jäger haben im letzten Jagdjahr insgesamt 118.000 Stück Wild erlegt. Mehr als 75.000 davon sind Rot-, Dam-, Muffel-, Reh- und Schwarzwild. Damit bewegt sich die Schalenwildstrecke auf dem hohen Niveau der vorangegangenen Jagdsaison.

Die statistische Auswertung der Streckendaten aus dem Sächsischen Wildmonitoring listet für das Jagdjahr (1. April 2016 bis 31. März 2017) unter anderem 4.251 Stück Rotwild (Vorjahr: 4.137), 36.215 Stück Rehwild (Vorjahr: 36.530) und 33.258 Wildschweine (Vorjahr: 32.879) auf.

„Mit diesem Ergebnis stellt die sächsische Jägerschaft in den Jagdbezirken eindrucksvoll unter Beweis, dass sie den jagdgesetzlichen Auftrag für Hege und Bejagung des Wildes annimmt und erfüllt“, meinte Schmidt noch. „Die Jägerinnen und Jäger leisten damit nicht nur wertvolle Beiträge für den Natur- und Artenschutz. Mit einer landschaftsangepassten Hege und tierschutzgerechten Jagd tragen sie auch dazu bei, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor Schäden zu bewahren. Gleichzeitig stellen sie gesundes heimisches Wildbret zum Verzehr zur Verfügung.“

Selbst das Problem, das er für erwähnenswert hält, erzählt von einer Entwicklung, die die Lebensbedingungen der Tiere in Sachsens Wäldern und Fluren radikal verändert. Die Fluren hat er gleich mal ganz weggelassen. Motto: Was nicht erwähnt wird, merkt keiner.

„Die Entwicklung des Schwarzwildbestandes gibt aber leider Anlass zur Sorge“, sagte Schmidt. Die Strecke ist nun zum wiederholten Male gestiegen und liegt mit aktuell 33.258 Stück fast dreimal so hoch wie noch 1991/1992. „Die angewachsene Schwarzwildpopulation führt nicht nur zu regional steigenden Schäden vor allem in der Landwirtschaft. Sie lässt darüber hinaus auch die Gefahr der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest steigen.“

Eingeschleppt wurde die Seuche wahrscheinlich durch das, was wir so gern Globalisierung nennen. Und auf diese Weise breitet sich das Virus in Europa immer weiter aus. Diese Tierseuche ist zwar für den Menschen ungefährlich. Sowohl für Schwarzwild als auch für Hausschweine verläuft sie jedoch tödlich. Von Osten kommend dringt die Seuche immer weiter in Richtung Deutschland vor.

„Mit dem Nachweis der Seuche im Südosten der Tschechischen Republik Ende Juni diesen Jahres ist die Afrikanische Schweinepest nicht mehr weit von unserer Haustür entfernt“, zeigt sich der Staatsminister besorgt. „Für die Jäger muss das ein Anlass sein, das Schwarzwild weiter konsequent zu bejagen, wie es auch die Freiberger Erklärung aus dem Jahr 2014 vorsieht. Das sächsische Jagdrecht bietet den Grundeigentümern, Flächennutzern und Jägern optimale Möglichkeiten für eine effektive Jagd. Insbesondere gelten seit diesem Jahr unbürokratische Regelungen zur Anlage von Bejagungsschneisen in Maisfeldern.“

Ist das wirklich die größte Gefahr für Sachsen?

Nicht wirklich. Denn während sich die Wälder wieder erholt haben und mehr Tieren Lebensraum und Nahrung bieten, haben sich die sächsischen Feldfluren in rasantem Tempo geleert. Alle dort lebenden Feldbewohner sind eigentlich vom Aussterben bedroht – auch wenn sie von Jägern immer noch bejagt werden.

So ist die Zahl der abgeschossenen Feldhasen von über 2.500 und 2.800 in den Jahren 1992/1993 im Lauf der Jahre regelrecht abgestürzt auf knapp 950 im Jahr 2000, 800 im Jahr 2010 und nun 558. Die industriell und randlos bewirtschafteten Felder haben den Feldhasen in Sachsen zur aussterbenden Tierart gemacht. Eine ebenso dramatische Entwicklung nahmen die Fasanenbestände, die der Ringeltauben und Blässhühner. Alles Dinge, die mit der Schmidt unterstellten Landwirtschaft zu tun haben.

Auf dem Vormarsch sind eigentlich nur invasive Arten wie der Waschbär, den die sächsischen Jäger ebenso fleißig abschießen – nur nutzt es nicht viel. Das aus Nordamerika eingeschleppte Tier vermehrt sich nur umso fleißiger. Wurden 2004 noch 185 Waschbären geschossen und 2012 schon 5.305, so erhöhte sich diese Zahl jetzt auf 11.191.

Es sind also viele Faktoren am Werk, die die heimische Tierwelt deutlich zu verändern drohen. Manche Tiere – wie Waschbär und Wildschwein – profitieren von der Art, wie der Mensch die Landschaften bewirtschaftet. Andere verschwinden vor unseren Augen – und es gibt nicht einmal ein Programm, mit dem der zuständige Umweltminister diesen Verlust beenden will.

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