รœber den gelรถschten Lagefilm der Zwickauer Polizei vom 4. und 5. November 2011, als in der Zwickauer FrรผhlingsstraรŸe das Haus in die Luft flog, in dem die drei Jenaer Rechtsextremisten Mundlos, Bรถhnhardt und Zschรคpe gelebt hatten, haben wir schon berichtet. Die Lรถschung aber ist nicht ganz so harmlos, wie der Innenminister glauben mache, kommentiert jetzt Valentin Lippmann.

Ob der Lagefilm vielleicht noch beim BKA existiert, ist offen. Aber dass im NSU-Untersuchungsausschuss des Sรคchsischen Landtages nicht darauf zurรผckgegriffen werden konnte, bestรคrkt den innenpolitischen Sprecher der Grรผnen-Fraktion Valentin Lippmann in seinem Verdacht, dass nach dem Bekanntwerden der Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im November 2011 in Sachsen mรถglicherweise mehr Daten gelรถscht worden sind, als bisher bekannt.

Diese Vermutung werde durch die Antwort des Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf Lippmanns Anfrage zum Lagefilm von 2011 bestรคrkt.

โ€žDas AusmaรŸ der gelรถschten Daten im Zusammenhang mit dem NSU ist offenbar grรถรŸer als bisher angenommenโ€œ, sagt Lippmann, der fรผr die Grรผnen auch als Obmann im Untersuchungsausschuss sitzt. โ€žZwar hatte das Innenministerium auch wegen des Drucks der ร–ffentlichkeit im Juli 2012 ein Lรถschmoratorium verhรคngt. Dies erstreckte sich aber offensichtlich nicht auf alle Dateien. Damit aber nicht genug. Den Verlautbarungen des Innenministers nach ist das erlassene Lรถschmoratorium auch nicht allen Polizeibeamten bekanntgegeben worden. Es ist daher anzunehmen, dass noch weitere Unterlagen von unwissenden Polizeibediensteten gelรถscht wurden.โ€œ

So ist der Lagefilm des Polizeireviers Zwickau vom 4. und 5. November 2011 โ€“ aus dem alle konkreten Zeiten und Informationen zu den ersten Ermittlungen zum Brand in der FrรผhlingsstraรŸe hervorgehen โ€“ nach zwei Jahren automatisch gelรถscht worden, ohne dass zuvor eine Sicherung des Inhaltes vorgenommen wurde. Ein Zeuge vor dem NSU-Untersuchungsausschuss hatte in der Sitzung am 14.  November 2015 erklรคrt, er habe sich deshalb nicht umfassend auf seine Vernehmung vorbereiten kรถnnen. Von einem Lรถschmoratorium habe er keine Kenntnis gehabt. Dem Ausschuss liegt lediglich ein anderer Lagefilm des Fรผhrungs- und Lagezentrums der Polizeidirektion Zwickau vor, der jedoch nicht die Detailtiefe des Lagefilms des Reviers besitzt.

โ€žNun fehlen wichtige Unterlagen zur Aufklรคrung im Untersuchungsausschuss. Anders als der Innenminister uns glauben machen will, sind die Lagefilme fรผr die Aufklรคrung der Versรคumnisse der Staatsregierung gerade nicht โ€šentbehrlichโ€˜โ€œ, kritisiert Lippmann. โ€žDer dem Untersuchungsausschuss vorliegende Lagefilm der Polizeidirektion Zwickau beispielsweise ist das einzige Dokument, das konkrete Zeitangaben enthรคlt. Nur so kann der Untersuchungsausschuss รผberhaupt rekonstruieren, wann welche Informationen zu welchen Erkenntnissen eingingen. Gerade die Frage nach dem Anruf auf dem Handy von Beate Zschรคpe lieรŸ sich mit dem Lagefilm gut eingrenzen.โ€œ

Bis heute sind viele Details rund um den 4. November 2011 nicht wirklich geklรคrt โ€“ angefangen von der tatsรคchlichen Fundort-Situation, die Feuerwehr und Polizei vorfanden, nachdem in Eisenach der Wohnwagen geรถffnet wurde, in dem Mundlos und Bรถhnhardt tot aufgefunden wurden, bis hin zu den parallelen Ablรคufen in der Wohnung der drei Untergetauchten, wo Beate Zschรคpe ausharrte, diverse Anrufe tรคtigte und irgendwann รผber die Vorfรคlle in Eisenach informiert worden sein muss, was dann die Kette ihrer Handlungen auslรถste, die im Sprengen der Wohnung und der Flucht dann ihren Gipfel fanden.

Da ist dann schon entscheidend, wann die Polizei vor Ort welche Informationen bekam und wann sie reagierte.

โ€žIch fordere Minister Ulbig auf, das Lรถschmoratorium endlich bis in die unterste Verwaltungsebene bekannt zu geben und zu verhindern, dass weitere fรผr die Aufklรคrung relevanten Daten gelรถscht werden. Zudem hat der Innenminister dem Untersuchungsausschuss umfassend darรผber Auskunft zu geben, welche Daten in welchen Dateien gelรถscht wurdenโ€œ, fordert Lippmann, sichtlich misstrauisch, was die Einhaltung der Lรถschmoratorien betrifft.

Wobei wohl die wichtigsten Aktenbestรคnde, vor allem im Landesamt fรผr Verfassungsschutz, lรคngst zwischen dem 4. November 2011 und dem Juni 2012 vernichtet worden sind. Und irgendwie scheint es gerade im Bereich der Polizei auch noch spรคter eine Grauzone gegebenen zu haben.

Denn das Lรถschmoratorium wurde zwar am 10. August 2012 per elektronischer Hausmitteilung an alle Beschรคftigten des Landesamtes fรผr Verfassungsschutz bekanntgemacht. Auch fรผr den Bereich der Justiz konnte der Minister in seiner Antwort an Lippmann konkrete Daten der Bekanntmachung mitteilen. Allein fรผr den gesamten Bereich der Polizei wurden keine solch konkreten Angaben gemacht. Es wurde lediglich auf einen Erlass verwiesen, ohne Angabe auf welchem Weg und an welche Stellen er bekanntgemacht wurde.

Und da wird der Abgeordnete natรผrlich misstrauisch.

Die Fragen von Valentin Lippmann.

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Es gibt 2 Kommentare

Bei dem Fall gibt es so unendlich viele Fragen, Rรคtsel und Zufรคlle dass mich wirklich gar nichts mehr wundert. Um hier misstrauisch zu werden muss man weder Experte noch Verschwรถrungstheoretiker sein.

Angesichst der organisierten Vernichtung von Beweismitteln trotz laufender Untersuchunsgverfahren und des NSU-Prozesses in Mรผnchen drรคngt sich der Verdacht geradzu auf, das hier eine groรŸe Sauerei vertuscht werden soll, in die bestimmte Dienste und Behรถrden verwickelt sind.

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