Man findet viele Zahlen zur Flüchtlingsthematik auf den Seiten der sächsischen Staatsregierung - ein paar auch extra bereitgestellt auf der Website www.asylinfo.sachsen.de. Nicht ganz detailgenau. Obwohl jeden Tag neue Wortmeldungen diverser Politiker durch die Medien schwirren. Muss man also mal nachfragen, fand der Linke-Abgeordnete André Schollbach. Und bekam Antwort.
Denn die Zahlen existieren, auch wenn augenscheinlich die Leute fehlen, die sie auf der Website der sächsischen Staatsregierung zeitnah einpflegen. Denn mit den Zahlen müssen sie alle planen: die Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtungen und die Kommunen, die am Ende die Hauptlast der Aufnahme und der Integration zu bewältigen haben, auch wenn die Menschen, die zu ihnen überwiesen sind, noch nicht einmal einen Asylantrag gestellt haben. Das Überweisen an die Kommunen geht flotter als das Registrieren von Asylanträgen.
Wobei augenscheinlich auch nicht alle Menschen, die 2015 ins Land kamen, auch hier blieben. Denn gekommen sind deutlich mehr, als dann in die Kommunen weitervermittelt wurden. „Nach Angabe der Landesdirektion Sachsen wurden im Jahr 2015 insgesamt 69.900 Asylsuchende aufgenommen“, gibt Markus Ulbig Auskunft.
Weitervermittelt an die Kommunen aber wurden nur 32.150 Personen. Die Differenz wird deutlich, wenn man weiß, dass zum Jahresende 2015 22.000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung standen. Das ist eine Menge. Aber auch diese Zahl ist erst über das Jahr gewachsen. Bis zum Sommer 2015 taten auch Sachsens Behörden noch so, als würde sie das Thema nicht aus der Ruhe bringen. Erst Juni und Juli begannen die Zahlen der Ankömmlinge deutlich zu steigen und lösten dann auch in Sachsen das politische Lamento aus, was dann unter anderem dazu führte, dass nun in aller Eile die Erstaufnahmeeinrichtungen aus dem Boden gestampft wurden, die man brauchte. Oder die Staatsregierung aus dem Dezember selbst zitiert: „Die Zentrale Ausländerbehörde des Freistaates Sachsen baut die Unterbringungskapazität der Erstaufnahmeeinrichtung weiter aus. So werden bis zum Jahresende 2015 weitere 2.340 Plätze betriebsbereit sein. Damit stehen der Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen rund 22.000 Unterbringungsplätze zur Verfügung.“
Logisch, dass 22.000 Plätze nicht lange reichen, wenn in Spitzenmonaten wie Oktober und November über 14.000 und 16.000 Menschen kommen.
Das entspannen auch die radikalen Abschiebungen nicht, die Sachsens Innenminister so begeistern. 2015 hat er auf dem Gebiet der Abschiebungen wieder einen neuen Rekord geschafft. Aber der Rekord macht keinen Sinn, wenn die meisten Asylsuchenden aus Kriegsländern wie Syrien (29.697), Afghanistan (10.213) oder Irak (8.152) kommen.
Und da sich die konservativen Politiker in der Bundesrepublik bemühen, selbst noch die labilsten Staaten für „sichere Herkunftsländer“ zu erklären, wird Markus Ulbig auch 2016 wieder Abschieberekorde erklären. Dann werden nicht die vor Armut fliehenden Bewohner des Balkans die Liste anführen, wie in dieser letzten Abschiebemeldung zum Jahr 2015: „In diesem Jahr hat Sachsen bisher rund 1.500 ausreisepflichtige Menschen abgeschoben, etwa 500 mehr als 2014. Davon wurden insgesamt 891 ausreisepflichtige Asylbewerber in den Westbalkan rückgeführt. Diese teilen sich wie folgt auf: Albanien: 145, Bosnien und Herzegowina: 13, Kosovo: 320, Mazedonien: 83, Montenegro: 1 sowie Serbien: 329.“
Dann werden die vom Bundeskabinett zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärten Staaten Algerien, Marokko und Tunesien vorn liegen. Denn auch von dort kamen 2015 Asylsuchende nach Sachsen, die glaubten, hier auf Verständnis für ihre Not zu treffen: 1.608 zum Beispiel aus Marokko. Aber diese Hoffnung haben ihnen die Täter in der Kölner Silvesternacht zunichte gemacht, ohne dass bis heute klar war, ob das eine verabredete Aktion war oder organisierte Dämlichkeit. Die Folgen tragen auch all jene, die eben noch Hoffnung hatten, in Sachsen neu anfangen zu können.
Nun gehören sie zu den 40 Prozent Asylbewerbern, denen auch die bürokratischen Granden der EU keine Hoffnung auf ein Bleiberecht machen.
André Schollbach hat sich auch die Zahlen geben lassen, welche Kommunen nun die meisten Asylbewerber aufgenommen haben. Hier wird ja nach Bevölkerungsschlüssel verteilt. Und logischerweise mussten die Großstädte die größte Anstrengung leisten, Asylbewerber unterzubringen: Dresden mit 4.242 überwiesenen Bewerbern, Leipzig mit 4.230. Aber auch das, was der Erzgebirgskreis mit 2.795 oder der Landkreis Zwickau mit 2.599 leisteten, ist beachtlich.
Und 2016 könnte es noch einmal so ähnlich werden, kündigte die Staatsregierung an: „Der Lenkungsausschuss Asyl hat sich auf Planungsgrößen zur Verteilung der Flüchtlinge im Jahr 2016 verständigt. Als Grundlage dient demnach die Annahme, dass den Freistaat in diesem Jahr etwa 51.000 neue Asylbewerber erreichen. Um den Prozess von der Erstaufnahme bis zur Unterbringung der Menschen in den Landkreisen und Kreisfreien Städten kontinuierlich und planbar zu gestalten, wären rechnerisch wöchentlich durchschnittlich 1.000 Flüchtlinge aus der Erstaufnahme des Landes in die Landkreise und Kreisfreien Städte zu verteilen.“
Man will also die Bewerber deutlich schneller durchschleusen als 2015, was dann für Leipzig – wenn das tatsächlich so kommt – 6.600 neu unterzubringende Bewerber bedeuten würde. Und das ohne sozialen Wohnungsbau, der einen Teil des Bedarfs hätte auffangen können und müssen.
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