In Deutschland geht's immer um Geld. Auch in Sachsen. Und das Problem ist nicht, die Kapazitäten zur Unterbringung all der Flüchtlinge zu schaffen, die jetzt nach Deutschland kommen, sondern die träge Bürokratie, die auch beim Bewilligen der benötigten Gelder ein Tempo vorlegt, das zumindest verwundert. Sachsens Regierung nimmt das Tempo bei der Entwicklung noch immer nicht ernst.

Im aktuellen Doppelhaushalt hat die Staatsregierung zwar erstmals Geld für die soziale Betreuung von Asylsuchenden bereitgestellt. Für 2015 und 2016 wurden 4,5 bzw. 7,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Über die im Juli 2015 in Kraft getretene Förderrichtlinie “Soziale Betreuung Flüchtlinge” können die kommunalen Unterbringungsbehörden, die Landkreise und Kreisfreien Städte Fördermittel für Personal- und Sachkosten zur sozialen Betreuung erhalten.

Aber der Doppelhaushalt beruhte auf Kalkulationen von Ende 2014. Das Ergebnis ist: Die zur Verfügung gestellten Gelder reichen hinten und vorne nicht.

“Der Bedarf liegt um ein Vielfaches höher. Außerdem haben einige Kreise bisher noch kein Geld bezogen”, wunderte sich die linke Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, nachdem sie extra bei der Staatsregierung angefragt hatte. “Das Budget für die soziale Betreuung geflüchteter Menschen reicht bei weitem nicht aus. Die Staatsregierung kalkulierte bei der Haushaltsplanung mit 30.000 Geflüchteten, in der Realität hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt.”

Darauf hätte Sachsens Regierung längst reagieren können. Sogar müssen. Denn allein schon die Bedarfsanmeldungen für 2015 übertreffen die Kalkulationen von Jahresbeginn deutlich. Knapp 7,5 Millionen Euro haben die sächsischen Kommunen beantragt, um die soziale Betreuung der Asylsuchenden zu gewährleisen (übrigens auch ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn es darum geht, Konflikte innerhalb der Unterkünfte zu meistern. Dazu braucht es professionelles Personal), das sind 3 Millionen Euro mehr als von der Staatsregierung kalkuliert.

Zum Bewilligungszeitpunkt 9. November waren sogar erst 1,5 Millionen Euro tatsächlich bewilligt. Gerade die größten Antragssummen von Leipzig (2 Millionen Euro), Dresden (1,1 Millionen) und Chemnitz (0,5 Millionen) steckten noch in der Bewilligungsschleife. Die betroffenen Kommunen müssen die Summen also selbst vorschießen.

Und es steht durchaus zu befürchten, dass sie auf einem Großteil der Summen sitzen bleiben.

Den vom Land geplanten 7,5 Millionen Euro für 2016 stehen schon jetzt Anträge im Umfang von rund 17,8 Millionen Euro gegenüber. Während etwa Dresden mit einem Anstieg der Summe auf 1,9 Millionen Euro rechnet, hat Leipzig sogar 7,1 Millionen Euro beantragt.

Das hat natürlich Gründe, auf die Leipzigs Sozialbürgermeister Thomas Fabian am 10. Dezember bei der jüngsten Pressekonferenz zur Asylunterbringung in Leipzig eingegangen war. Denn um eine wirklich adäquate Betreuung der Asylsuchenden zu gewährleisten, braucht es einen deutlich niedrigeren Betreuungsschlüssel. Die Staatsregierung hat mit einem Schlüssel von einer Sozialbetreuerin / einem Sozialbetreuer je 150 Asylsuchende gerechnet und eine Lohnsumme von 40.000 Euro pro Jahr zugrunde gelegt.

Leipzig aber hat – auch aus einigen medienträchtigen Vorfällen der jüngsten Vergangenheit als Folge – den Betreuungsschlüssel auf 1:40 bei Unterbringung in kleineren Wohnhäusern abgesenkt, bei größeren Wohneinheiten liegt der Schlüssel bei 1:50. “Das ist deutschlandweit einmalig”, sagte Fabian.

Man ahnt schon, wohin das führt: Wenn die Staatsregierung die zugrunde liegenden Zahlen von 30.000 Asylbewerbern nicht deutlich nach oben korrigiert, werden die bereitgestellten Mittel schon jetzt nicht reichen und nach den schon bewilligten Kommunen die letzten dann nur noch Teile der beantragten Gelder bewilligt bekommen.

Und bei Leipzig wird die Sache noch dadurch verschärft, dass der sächsische Betreuungsschlüssel nur ein Drittel der Sozialbetreuung vorsieht, die Leipzig vorgesehen hat. Die Gefahr, dass Leipzig zwei Drittel der beantragten Gelder nicht bewilligt bekommt, ist also offenkundig.

Aber eine echte Variante ist die Absenkung des Betreuungsschlüssels auch nicht, denn 1:150 würde eben bedeuten, dass selbst für große “Massenunterkünfte” oft nur ein oder zwei Betreuer zur Verfügung stehen. Das ist nicht nur im Ernstfall, wenn es wirklich zu Konflikten kommt, viel zu wenig.

Oder um es einmal so zu sagen: Der Freistaat organisiert sich die Probleme in den Asylunterkünften durch seine Knauserpolitik selbst.

Und Kommunen wie Leipzig, die lieber vorsorgen möchten, bleiben am Ende auf den Mehrkosten sitzen.

Oder mit den Worten von Juliane Nagel: “Anstatt nur zu fordern, muss endlich auch angemessen gefördert werden. Geflüchtete Menschen brauchen Unterstützung und gleiche Rechte, um sich hier ein neues Leben aufzubauen. Soziale Betreuung leistet dazu einen wichtigen Beitrag.”

Die Anfrage von Juliane Nagel zur Sozialbetreuung der Geflüchteten.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 6 Kommentare

Ableitungen:

“emphatisch” = eindringlich, nachdrücklich, engagiert –
„Thema“ = gedanklicher Mittelpunk, gemeinsamer Fokus, Gegenstand oder Grundgedanke –

Sinnverwandt:
Aufgabe, Inhalt, Kern, Mitte.

Gegenwörter:
Fachbereich, Fachgebiet, Sachbereich, Sachgebiet

Und bei letzterem wird sichtbar, warum Sie mit dem Wortbild „emphatische Themen“ nichts anfangen können, ja das Thema verlassen.
Sie sind davon überfordert, denn sie lesen die Zahlen als Fach- und Sach- Zahlen, während emphatisch veranlagte Menschen die menschlichen Schicksale sehen.

Beherzigen Sie doch Ihre eigenen Worte und äußern sich nur noch wenn es um Ihr Gebiet, also leblose „Zahlen“ geht.

Wie immer, mehr haben Sie nicht zu bieten.

Es gibt zwar emphatische Worte, aber emphatische Themen sind eine der üblichen Wortschöpfungen von JG.

Zu JG ist alles gesagt und geschrieben.

Ende der Vorstellung im Jahr 2015.

Auch bei mir kehrt nun Weihnachtsruhe ein.

Ein Mensch dessen ganzes Denken und Leben von Zahlen geprägt ist und war, versucht sich zum Ende hin mal bei emphatischen Themen und bezeichnet sich selbst gar als Humanist.

“Zum Abschluss noch ein schlechter Witz”, unter dieser Betrachtung könnte ich es gelten lassen.

“Asyl ist eine humanitäre Pflicht und nicht mit Geld aufzuwiegen.”

Aber auch die muss bezahlt werden. Von Worten allein wird keiner satt, entstehen keine Wohnungen, können keine Schulen und Kindergärten gebaut werden, können keine Lehrer, keine Sozialarbeiter, kann keine Aufstockung der Verwaltung, der Polizei u.s.w. finanziert werden. Die leben nicht vom Moos allein. Denen hilft ihr Gerede von der Humanität nicht weiter.

Ich bin kein Träumer, sondern ein Realist, Optimist und durchaus ein Humanist.

Sie wollen diese Gesellschaftsordnung nicht, die, da stimme ich Ihnen zu, tatsächlich nicht das Gelbe vom Ei ist. Gegenwärtig ist keine Alternativen in Sicht. Diese Diskussion würde aber hier zu weit führen.

Mein Thema ist die ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder. Diese ist untrennbar mit der Finanzierung der Leistungen im Rahmen der, nach meiner Ansicht verfehlten Asylpolitik Deutschlands bzw. der Bundeskanzlerin, verbunden.

Haben Sie sowie “Die Linke” in Sachsen sich bisher um eine dringend erforderliche Reform der kommunalen Finanzkontrolle gekümmert? Nein, nichts ist geschehen, obwohl ich besonders Vertreter dieser Partei nahezu gebettelt hatte, sich der Thematik anzunehmen. Ich werde das 2016 in der Folge zum Zusammenhang zwischen der Kontrolle der Steuergelder und der Politik konkret erläutern. Ich werde auch aufzeigen, weshalb “Die Linke” Sachsen diesbezüglich eine der größten Enttäuschungen für mich war und weiterhin ist.

Ich verharre auf keiner Ebene. Ich kann das gar nicht. Ich bemühe mich möglichst viele Faktoren einzubeziehen und möglichst neutral zu sein. Mit einer rosaroten Brille ist da nichts zu machen. Ich besitze keine rosarote Brille.

Ich kann keinen anderen auf Dauer helfen, wenn ich mich selbst (finanziell) zerstöre. Das machen die Bürgerinnen und Bürger eines Staates irgendwann nicht mehr mit. Wer das negiert, darf sich dann über die Reaktionen nicht wundern.

Ein letzter Satz zu ihrer Bemerkung, ob ich schon mal geschaut habe, wie viele Jobs durch Asyl geschaffen werden?

Das habe ich sehr wohl. Wahrscheinlich mehr als Sie.
Besonders deshalb, weil ich diese Angabe zur Berechnung der Aufwendungen im Rahmen der Asylpolitik für die nächsten (mindestens 3 Jahre) benötigt habe. Ich habe dazu viele Gespräche geführt. Auch mit dem Deutsch – Syrischen Verein. Für meine Position, dass von 100.000 anerkannten Asylbewerber maximal 10.000 eine versicherungspflichtige Arbeit erhalten, wurde ich ausschließlich gelobt und als Optimist bezeichnet. Alle, der sachlich und fachlich sehr anspruchsvollen Gesprächspartner, waren der Ansicht, dass man froh sein kann, wenn 5.000 eine Arbeit finden werden!!!!!!!!!
Gegenwärtig keine weiteren Bemerkung dazu.

Sehr geehrter “Klaus”.
Asyl ist eine humanitäre Pflicht und nicht mit Geld aufzuwiegen. Aber wenn sie auf dieser Ebene verharren wollen: Haben sie schon mal geschaut, wie viele Jobs durch Asyl geschaffen werden? Und haben sie schon mal geschaut wie viel Geld Deutschland an der Zerstörung anderer Länder bzw eher von Menschenleben verdient??? Im Jahr 2014 waren es 6,52 Milliarden Euro, von Januar bis Juni 15 sogar schon 6,35 Milliarden Euro. Auch nach Syrien hat Deutschland Chemische Waffen exportiert.
Abseits dessen sind Ausgaben für Menschen m.e. indiskutabel, weil immer richtig. Wenn sie nicht erkennen, dass der erwirtschaftete Reichtum weder den hier geborenen noch den dazu kommenden Menschen zugute kommt, und im Kapitalismus nie kommen wird, dann kann ich aber auch nix mehr sagen.

“Und es steht durchaus zu befürchten, dass sie auf einem Großteil der Summen sitzen bleiben.”

Das wird so sein, auch wenn Politik und Medien in täglichen Märchenstunden (vergeblich) versucht haben, die Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen. Auch unser Oberbürgermeister, was u. a. in einer Ratssitzung ein mehr als peinlicher Auftritt war.

Das Geld wird vom Himmel regnen bzw. schneien. Längst haben Frau Holle und die Regentrude alle zuverlässigen Leute entlassen bzw. in den Ruhestand geschickt.

Besonders Frau Nagel ist eine derjenigen, für welche die Finanzierung nicht einmal Nebensache ist. Irgend einer wird das schon bezahlen, so ihr Motto. Nun ist sie im eigenen Netz gefangen. Ein festes engmaschiges Netz.

Schreiben Sie einen Kommentar