Da staunte auch der Leipziger Landtagsabgeordnete Franz Sodann nicht schlecht, als er vom Ergebnis einer Bundestagsanfrage der Linken erfuhr: Von 2015 bis 2018 will die Bundesregierung jährlich 22.00 Drogen-Schnelltests anschaffen, um diese in den Jobcentern der Nation einzusetzen. Das klang ganz so, als hätten die Jobcenter-Besucher ein besonderes Suchtproblem. Also fragte Sodann auch mal die sächsische Regierung an. Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok hat ihm geantwortet.
In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Franz Sodann (Landtags-Drucksache 6/71) teilte das Sächsische Wirtschaftsministerium mit, dass in diesem Jahr “entsprechend der Bedarfslage” über 4.000 Tests vorgehalten werden, die von den Jobvermittlern bei Verdacht auf eine Suchterkrankung veranlasst werden können. In den Jobcentern der kommunalen Träger seien bis Ende August 2014 bereits so viele Drogentests veranlasst worden, wie im gesamten Jahr 2013. Nur dass es keine tausenden Drogen-Tests waren, wie die Bevorratung mit 4.070 Test-Bestecken suggerieren würde.
“Die Vorhaltung tausender Drogentestes in den sächsischen Arbeitsämtern und Jobcentern finde ich bedenklich”, erklärt Franz Sodann, Leipziger Abgeordneter der Fraktion Die Linke im sächsischen Landtag. “Eine solch massenhafte Bereitstellung von Drogentest in den Arbeitsagenturen und Jobcentern stellt die Arbeitslosen und Hilfesuchenden unter Generalverdacht. Es erscheint fraglich, ob die Aufforderung von Empfängern von Leistungen zu einer Untersuchung auf Drogenabhängigkeit mit Schnelltests mit deren Grundrechten im Einklang steht, zumal der Konsum von Drogen in Deutschland nicht strafbar ist.”
Als Gründe für den Einsatz der Tests nannte Morlok vor allem die Gewährleistung von Sicherheit in den Jobcentern und die Möglichkeit einer Einleitung eines Rehabilitationsverfahrens für die Betroffenen. Aber irgendwie mutiert das Jobcenter damit erst recht zu einer Art Vormund für all die Menschen, die in seine Betreuung gespült werden.
Franz Sodann: “Die Betroffenen dürften sich zu Recht in ihrer Menschenwürde verletzt sehen. Denn auch wenn der Schnelltest freiwillig ist, kann die Verweigerung eines solchen zur Versagung der Leistungen führen – bis man den Test gemacht hat. Das ist Sanktionierung durch die Hintertür und Ausübung eines direkten Druckes auf die Betroffenen. Zu befürchten ist auch, dass diese Menschen dann der Arbeitsagentur oder dem Job-Center gänzlich fernbleiben. Unter dem Klima des Zwangs zu Drogentests und der Angst vor Stigmatisierung ist eine effektive und erfolgreiche Arbeitsvermittlung jedenfalls schwer vorstellbar.”
Andererseits scheinen sowohl Bundesregierung als auch Landesregierung mit seltsamen Vorstellungen über das Ausmaß der Drogenabhängigkeit von Jobcenter-Klienten zu agieren. Im Jahr 2013 wurden in Sachsens Jobcentern ganze 30 Drogen-Schnelltests durchgeführt. Die Zahlen für 2014 liegen zwar drüber, wie Morlok mitteilt. Aber für die Jobcenter Görlitz und Leipzig nennt er nur Einzelfälle – lediglich im Jobcenter Bautzen scheint derzeit so eine Art Test-Feuerwerk entfacht worden zu sein, dort wurden bis August 21 Tests gemacht.
Aufwand und Nutzen stehen also sichtlich nicht im Verhältnis.
Die Kleine Anfrage von Franz Sodann als PDF zum download.
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