Eigentlich ist es ein Alarmsignal, was das Statistische Landesamt am 1. August veröffentlicht hat zu den Schulden der sächsischen Kommunen, Eigenbetriebe und Verbände. "Sachsens Kommunen (Kernhaushalte) wiesen einschließlich ihrer Extrahaushalte und sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen am 31. Dezember 2012 einen Schuldenstand beim nicht-öffentlichen Bereich in Höhe von 11,1 Milliarden Euro aus." 2009 hatte dieser Schuldenberg noch eine Größe von 8,7 Milliarden Euro.
Und das war mitten in der Hochzeit der Finanzkrise. Gegenüber dem Vorjahr (2008) war den sächsischen Kommunen damals sogar ein Schuldenabbau von 452 Millionen Euro gelungen.
Und nun – nach drei Jahren recht günstiger Konjunktur – ist der Schuldenberg auf 11,1 Milliarden Euro gestiegen. Das erzählt von einer gewaltigen Unterfinanzierung der Kommunen in Sachsen. Trotz einer fortschreitenden Zusammenlegung von Gemeinden und Kreisen. Eindeutige Botschaft: Die Fusionen und Gebietsreformen haben nichts gebracht. Sie haben das eigentliche Finanzierungsproblem nicht bei der Wurzel gepackt, das auch vorher nicht beim Personal und bei “zu teuren” Verwaltungen lag, sondern in der Finanzierung der täglichen Aufgaben – von den sozialen Pflichtleistungen bis hin zu den Investitionen in Infrastrukturen.
“Zu den Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich gehören Wertpapierschulden (Geldmarktpapiere, Kapitalmarktpapiere) sowie Kassenkredite und Kredite bei Kreditinstituten sowie beim sonstigen inländischen und ausländischen Bereich”, versucht das Landesamt für Statistik den Zahlenberg zu erläutern. “Von den Schulden insgesamt entfielen 3,2 Milliarden Euro auf die Kernhaushalte der Kreisfreien Städte, kreisangehörigen Gemeinden, Landkreise und Verwaltungsverbände, 1,1 Milliarden Euro auf die Extrahaushalte und 6,8 Milliarden Euro auf die sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen. Im Jahr 2012 konzentrierten sich damit rund 61 Prozent des gesamten Schuldenvolumens auf die sonstigen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen. Während die kommunalen Kernhaushalte rund 29 Prozent des gesamten Schuldenvolumens trugen, entfiel auf ihre Extrahaushalte mit knapp 10 Prozent der geringste Anteil.”
Leipzig führt die Liste unter den Kreisen und Kreisfreien Städten erwartungsgemäß an mit 3,171 Milliarden Euro. Eine Zahl, die erst einmal verblüfft, denn im “Statistischen Jahrbuch der Stadt” stehen für 2012 doch nur 729 Millionen Euro. Leipzig baut doch seine Schulden seit Jahren kontinuierlich ab, oder?
Aber auch die Stadt selbst taucht in dieser Statistik mit 923 Millionen Euro auf.
Die 729 Millionen Euro stecken da natürlich mit drin. Aber die “Gemeinschaftsveröffentlichung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder” nimmt es mit den Schulden ganz genau und nimmt auch alles mit in die Statistik auf, was der Gewerbetreibende so landläufig “längerfristige Verbindlichkeiten” nennt.
193 Millionen Euro sind das für Leipzig, davon 18,5 Millionen als ausstehende Rechnungen für Lieferungen und Leistungen.
Aber da bleibt dann immer noch ein Posten von 175 Millionen Euro, der in der Tabelle lediglich unter “Übrige Verbindlichkeiten” subsummiert wird.
Das erläutern die Statistiker dann so: “Übrige Verbindlichkeiten entstehen durch zeitlich nachfolgende Zahlungen für Güter- oder Verteilungstransaktionen.
Dazu zählen:
– Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
– Verbindlichkeiten, die durch die direkte Kreditgewährung durch Lieferanten an die Käufer von Waren oder Dienstleistungen entstehen sowie durch Anzahlungen für angefangene oder geplante Arbeiten bzw. für Waren- und Dienstleistungslieferungen.
– Sonstige übrige Verbindlichkeiten
– Alle sonstigen Verbindlichkeiten, die nicht aus Lieferungen und Leistungen entstanden sind.”Die Stadt Leipzig hatte also am 31. Dezember 2012 einen offiziellen Schuldenstand von 729 Millionen Euro und zusätzlich offene Verbindlichkeiten (hinter denen durchaus auch Verträge über Jahre und Jahrzehnte stehen können) von 193 Millionen Euro.
Der größte Berg an Schulden aber liegt nicht im städtischen Kernhaushalt, sondern bei den Eigenbetrieben und Eigenkörperschaften.
Das waren 2,247 Milliarden Euro von den 3,171 Milliarden. Wobei auch diese Zahl auseinanderzuklamüsern ist.
Die eigentlichen Eigenbetriebe (Stadtreinigung, Oper, Gewandhaus usw.) kamen insgesamt nur auf 22 Millionen Euro.
1,477 Milliarden Euro sind den Eigengesellschaften zuzuordnen, an denen die Stadt zu 100 Prozent beteiligt ist. Das sind im Wesentlichen die Stadtholding LVV und ihre Töchter SWL, KWL und LVB. Auch sie sind seit Jahren in einem Konsolidierungsprozess – aber der Abbau der Verbindlichkeiten scheint eine recht lange Zeit in Anspruch zu nehmen.
Und es bleibt noch ein erstaunlicher “Rest”: 747 Millionen Euro. Wo stecken die denn?
Oder sollte man besser fragen: Gehören die nun 1:1 in die Schuldenstatistik für Leipzig?
Denn diese Schulden stehen bei den Eigengesellschaften, an denen die Stadt Leipzig nur mittelbar beteiligt ist. Das sind zum Beispiel die Leipziger Messe, die Mitteldeutsche Flughafen AG und die Sparkasse Leipzig. Als Anteilseigner steht Leipzig auch dort (anteilig) für die aufgenommenen Schulden ein.
Zum statistischen Bericht der Schulden der öffentlichen Haushalte in Sachsen: www.statistik.sachsen.de/download/100_Berichte-L/L_III_1_j12_SN.pdf
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