Eigentlich ist Holger Mann gebürtiger Dresdner. Aber dann hat der heute 35-Jährige in Leipzig studiert und hier nicht nur seinen Abschluss in Politik, Journalistik und Geschichte gemacht, sondern auch seine Frau kennengelernt und seine Familie gegründet. 2009 zog er für die SPD in den Landtag ein, wo er in seiner Fraktion Sprecher für Hochschule und Wissenschaft sowie Europapolitik ist. Auch er bekam die sieben Fragen der L-IZ auf den Tisch.
Welches war aus Ihrer Sicht der größte Erfolg in dieser Legislatur? Und aus welchen Gründen?
Ein persönlicher sicherlich: Die Ungleichbehandlung Leipzigs bei der Vergabe von Fördermitteln für den Schulhausbau hat endlich ein Ende gefunden. Die 100 Millionen Euro, welche Leipzig zwischen 2006 und 2010 weniger als Dresden bekam, werden jetzt schmerzlich vermisst, aber immerhin gibt es durch sozialdemokratische Initiative ein Sonderprogramm für die kreisfreien Städte. So stehen in 2013 und 2014 jeweils 20 Millionen Euro für den Schulhausbau bereit und werden die Mittel künftig nach Schülerzahlen verteilt. Dieses Sonderprogramm für die drei kreisfreien Städte brauchen wir auch in den kommenden Jahren, um moderne Schulen vorhalten zu können.
Welches war für Sie die größte Enttäuschung? Und warum?
Wir haben zusammen mit vielen Vereinen und Verbänden gegen Kürzungen im Doppelhaushalt 2011/12 protestiert. Damals artikulierten Menschen aus allen Bereichen ihren Widerspruch, so auch bei der größten Demonstration in Sachsen seit der friedlichen Revolution. Mehr als 10.000 Menschen äußerten damals ihren Unmut vor dem Landtag. Dennoch wurde, insbesondere der Sozialbereich, um 13 Prozent gekürzt – völlig unnötig wie sich zeigte. Im selben Haushalt wurde auch die Streichung von 1.042 Stellen im Hochschulbereich beschlossen, die bis heute – trotz stetig hoher Studierendenzahlen – nicht zurückgenommen wurde. Diese Arroganz der Macht war und ist enttäuschend.
Welches Projekt hätten Sie gern umgesetzt gesehen? Und woran scheiterte es?
Anfang 2012 haben wir als SPD-Fraktion ein Programm vorgestellt, das EU-Mittel zur energetischen Sanierung und technischen Modernisierung von Schulen nutzbar gemacht hätte. Das ist in Sachsen-Anhalt erfolgreich gelaufen, in Sachsen an Schwarz-Gelb gescheitert.
Als Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion habe ich umfangreiche Änderungen zum Sächsischen Hochschulgesetz erarbeitet und ins Verfahren eingebracht. Ziel war es, die Hochschulen im Inneren zu demokratisieren, bspw. über eine Promovierendenvertretung, mehr Gleichstellung und einen gestärkten Senat. Außerdem wollten wir Verhandlungen zwischen Staatsregierung und Hochschulen auf Augenhöhe, bei Konflikten eine Schlichtungsinstanz und die Mitsprache des Parlaments bei der Hochschulentwicklungsplanung. Manche Institutsschließung, die jetzt droht, hätten wir so vermeiden können. Leider sind auch diese Ideen nicht aufgegriffen worden.
Welches Projekt müsste in der nächsten Wahlperiode unbedingt angegangen werden? Und: Wäre es bezahlbar?
Sieben Fragen an Christine Clauß, Ministerin für Soziales und Verbraucherschutz
Sieben Fragen an Dirk Panter, Landtagsabgeordneter der SPD
Sieben Fragen an Gisela Kallenbach, Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen
Sieben Fragen an Wolf-Dietrich Rost, Landtagsabgeordneter der CDU
Sieben Fragen an Volker Külow, Landtagsabgeordneter der Partei Die Linke
Sieben Fragen an Robert Clemen, Landtagsabgeordneter der CDU
Wir brauchen 500 Lehrer zusätzlich pro Jahr und müssen den Stellenabbau in den Hochschulen stoppen. Das sind echte Zukunftsinvestitionen. In der laufenden Legislatur wurden 2,75 Milliarden Euro für die Pleite der Landesbank mobilisiert. Ähnlich viel Geld in zusätzliche Bauprojekte gesteckt. Derzeit sprudeln die Steuereinnahmen und wir haben Niedrigstzinsen für Kredite. Dennoch wird in immer mehr Fonds der Staatsregierung zunehmend Geld gebunkert. Wer die vorhandenen Spielräume von weit über 500 Millionen Euro pro Jahr negiert, belügt die Menschen in Sachsen und verhindert notwendige Investitionen.
Denken Sie, dass Leipzig im Landtag gut genug vertreten war? Oder ist Leipzig als wachsende Großstadt eher benachteiligt – auch dann, wenn es um die Mittelzuweisungen geht?
Strukturell sind die Großstädte leicht benachteiligt, weil hier mehr Menschen in den Wahlkreisen leben und rechnerisch damit geringer repräsentiert werden. Vielmehr kommt es aber darauf an, dass die Abgeordneten rührig sind und die regionalen Interessen vertreten. Wenn ich mir die lange Zeit der ungleichen Verteilung von Schulbaufördermitteln oder die zuletzt von meinem Kollegen Dirk Panter ans Licht gebrachte selektive Weiterleitung der Bundesmittel für Kosten der Unterkunft durch die Staatsregierung beschaue, dann braucht Leipzig mehr Unterstützung in Dresden.
Die Regierungsparteien haben sich hier nicht gerade hervorgetan, auch vor dem Hintergrund, dass drei Kabinettsmitglieder aus Leipzig stammen. Mein Gegenkandidat von der CDU hat in fünf Jahren eine einzige parlamentarische Initiative gestartet sowie nur zwei Mal das Wort im Plenum ergriffen. Zum Vergleich: Ich habe mehr als 200 Initiativen eingebracht und 116 Mal für die SPD-Fraktion im Plenum gesprochen.
Welches sind aus Ihrer Sicht die drängendsten Probleme für Sachsen?
Die Landespolitik müsste den demografischen Wandel stärker begleiten. In Leipzig wird die Zahl der zu Pflegenden in den nächsten zehn Jahren um 50 Prozent zunehmen. Weder gibt es derzeit eine unabhängige Pflegeberatung, noch eine zukunftsfeste Krankenhausplanung oder auch nur im Ansatz ausreichend und gut qualifizierte Fachkräfte.
Wir brauchen bessere Bildung: Dafür müssen wir dem Lehrermangel begegnen und den Betreuungsschlüssel in KiTas senken. Mit der neuen Gemeinschaftsschule wollen wir das längere gemeinsame Lernen möglich machen. Insgesamt ist unser Bildungssystem zu selektiv, mehr als zehn Prozent der Schüler ohne Schulabschluss sind nicht akzeptabel.
Wir müssen gute Arbeit auch auf Landesebene befördern, weiterhin durch duale Ausbildung, Wissenschaft und Entwicklung, aber auch durch ein Vergabegesetz, das Tariflöhne als Standard setzt. Öffentliche Arbeitgeber dürfen nicht mehr Arbeit auf immer weniger Schultern verteilen, wie bei der Polizei, oder aber aus einer finanzierten Stelle immer mehr Arbeitsverhältnisse machen, wie in den Hochschulen. Wenn der Freistaat selbst kein Vorbild ist, wird man den schwarzen Schafen bei Leih- oder Schwarzarbeit in der freien Wirtschaft kaum beikommen.
Haben Sie Vorschläge, wie sie angepackt werden können?
Ja, klar. Dafür haben wir ein Wahlprogramm geschrieben, in dem ich nicht zuletzt für den Teil Hochschule, Wissenschaft und Technologie, sowie Europa verantwortlich zeichne. Aber lesen Sie selbst!
SPD- Regierungsprogramm für Sachsen 2014-2019.
Website von Holger Mann
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