Wirklich oft hat Torsten Herbst, wirtschafts- und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag, in den vergangenen fünf Jahren die Gelegenheit nicht genutzt, der Regierung ein paar Fragen zu stellen. Auf rund 20 Anfragen ist er am Ende gekommen. Seine 19. beschäftigt sich mit einem Lieblingsthema der sächsischen FDP: der EEG-Umlage. Oder besser: der Befreiung davon. Und das Verblüffende: Auf einmal zeigt sich die FDP besorgt um die Finanzierung des ÖPNV in Sachsen.

Durch die von der Bundesregierung derzeit geplanten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sollen Schienenbahnen künftig stärker an der Zahlung der EEG-Umlage beteiligt werden, formuliert die FDP-Fraktion in ihrer Pressemitteilung dazu. Was nicht ganz stimmt. Mit dem Gabriel-Papier soll die Befreiung der Nahverkehrsunternehmen von der EEG-Umlage eingeschränkt werden. Bislang nutzten vor allem die Verkehrsunternehmen in Dresden, Leipzig und Chemnitz die Möglichkeiten der Befreiung als energieintensive Unternehmen. Dabei war das Instrument ursprünglich ja nur gedacht, um Unternehmen zu entlasten, die einerseits einen hohen Strombedarf haben, andererseits aber auch im internationalen Wettbewerb stehen. Doch mit jeder Novellierung des EEG wurde der Rahmen weiter gemacht. Mittlerweile haben über 1.500 Unternehmen diese Befreiung ganz oder teilweise bekommen. Wobei Befreiung eher irre führt: Die Kosten werden ja nur umverteilt und landen vor allem bei kleinen Unternehmen und bei den Privathaushalten.

Aber Torsten Herbst zeigt sich nun besorgt, dass Sachsens Nahverkehrsunternehmen nun draufzahlen müssen: “Nachdem die Deutsche Bahn bereits Preissteigerungen angekündigt hat, wenn Schienenbahnen künftig mehr EEG-Umlage zahlen müssen, droht dies auch beim Straßenbahn-Verkehr in Dresden, Leipzig und Chemnitz. Denn anders werden die ohnehin subventionsbedürftigen Nahverkehrsunternehmen die Kostensteigerungen nicht abfedern können.”

Also hat er, als er von dieser Modalität im Gabriel-Papier erfuhr, ganz offiziell eine Anfrage ans FDP-geführte Wirtschaftsministerium gestellt und logischerweise zur Antwort bekommen, dass auch die Verkehrsbetriebe in den drei sächsischen Großstädten betroffen sein werden von der Novellierung der Novellierung des EEG-Gesetzes. Für sie werden die zu zahlenden jährlichen EEG-Umlagen um rund 87 Prozent steigen, hat das Ministerium ausgerechnet, bei angenommen gleichbleibendem Stromverbrauch um rund 352.000 Euro bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB), 321.000 Euro bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) und 73.700 Euro bei der Chemnitzer Verkehrs-AG (CVAG).

Für Torsten Herbst ist also ganz klar: “Wieder einmal sorgt so das undurchdachte Abenteuer ‘Energiewende’ für unnötige Preissteigerungen. Ohnehin ist das EEG zu einer ernsthaften Belastung für die Haushaltskassen der Familien sowie zu einer ebenso ernsthaften Gefahr für Arbeitsplätze geworden. Es ist kein Wunder, dass weltweit kein einziges Land dem deutschen Beispiel einer chaotischen ‘Energiewende’ folgen will.”Wohin er gern möchte, hat er auch gleich erklärt: “Die derzeit von der Bundesregierung geplanten Änderungen am EEG mögen vielleicht die Strompreisspirale in einigen Bereichen verlangsamen, in anderen Bereichen wird sie aber beschleunigt. Eine Lösung für das Problem ständig steigender Energiekosten ist dies aber nicht. CDU/CSU und SPD fehlt der Mut zur einzigen echten Lösung: Schluss mit dem teuren EEG-Abenteuer, weg von der planlosen Planwirtschaft im Energiesektor, hin zu echter Marktwirtschaft mit funktionierendem Wettbewerb der Energieträger.”

Mal abgesehen davon, dass “echte Marktwirtschaft” dann beginnen würde, wenn sämtliche Subventionen – unter anderem auch die für die Braunkohlewirtschaft – komplett gestrichen werden. Das sei an dieser Stelle einfach erwähnt, weil die von der FDP so gern als Grundlasterzeuger gefeierten Braunkohleunternehmen in Sachsen in ganz anderer Weise von der Befreiung von der EEG-Umlage profitieren als die Straßenbahnbetreiber. Gegen die 68 Millionen, die Vattenfall “spart” oder die 12 Millionen Euro, die die Mibrag “spart”, sind die siebenstelligen Spar-Beträge der Verkehrsunternehmen wirklich nur Peanuts.

1,76 Millionen Euro Vorteil haben die Leipziger Verkehrsbetriebe bislang durch die Befreiung von der EEG-Umlage. Dieser Betrag sinkt jetzt also auf 1,4 Millionen Euro. Ein ganz anderer Fakt hat die Ticketpreise in Leipzig, Dresden und Chemnitz verteuert. Um mal den MDR zum Verkehrsverbund Oberelbe zu zitieren: “Die Unternehmen im VVO sind darüber hinaus von Änderungen der Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr betroffen. Durch die Umverteilung zugunsten ländlicher Regionen in West- und Ostsachsen verlieren die Unternehmen in Dresden und dem Umland Einnahmen in Höhe von einer Millionen Euro, erklärte der VVO-Sprecher.”

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Das hat die LVB im vergangenen Jahr rund 700.000 Euro gekostet. Im Geschäftsbericht ganz trocken ausgedrückt: “Gegenläufig entwickelten sich jedoch die Ausgleichszahlungen für Schüler, Auszubildende, Studenten und Schwerbehinderte. Hier ist ein Rückgang um Mio. EUR 0,7 zu verzeichnen.”

Im Gegenzug haben sich die Ticketerlöse der LVB 2013 von 79,3 auf 83,1 Millionen Euro erhöht. Zu einer Steigerung von 2 Millionen hatten sie sich verpflichtet. Selbst vor diesem Hintergrund sind die 352.000 Euro, die sie künftig wieder als EEG-Umlage zahlen müssen, eher Peanuts und sind mit der sowieso schon für August 2014 beschlossenen Fahrpreiserhöhung wohl locker wieder drin.

In Zwickau und Plauen werden sich die Straßenbahnbetreiber sogar freuen, denn anders als in Dresden, Leipzig und Chemnitz hat man dort bislang keine Befreiung von der EEG-Umlage bekommen. Wenn jetzt für den ÖPNV 20 Prozent zum Regelsatz werden, können sie nun beim Strom auch ein bisschen “sparen”.

Die Anfrage von Torsten Herbst als PDF zum Download.

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