Da waren sich am Montag, 28. April, Alexander Krauß, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, und Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) einig: Zuwanderung ist was Feines. Dafür gibt's dicke Blumensträuße für alle. Der Freistaat Sachsen hat - zumindest was die Zuwanderung betrifft - seit drei Jahren ein Plus in der Bilanz.
Am Montag stellten das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und die Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit den Wanderungssaldo 2013 für Sachsen vor.
“Sachsen ist ein Magnet für Fachkräfte”, freute sich hinterher Alexander Krauß. “Darüber freuen wir uns! Es zeigt, wie stark mittlerweile unsere sächsische Wirtschaft ist. Der Freistaat Sachsen punktet bei Arbeitnehmern nicht nur mit kreativen und wachsenden Unternehmen. Bei uns stimmt auch das Drumherum: Zum Beispiel ein ordentlicher Kindergartenplatz für jedes Kind und die besten Schulen in Deutschland.”
Haben wir da irgendwas verpasst?”Fachkräfte kommen nur dann, wenn auch die Bezahlung stimmt. Das haben die meisten Unternehmer erkannt. Für ein Stück Eierschecke zieht niemand von West nach Ost. Den Zuzug von Fachkräften wünsche ich mir nicht nur für die beiden Großstädte Dresden und Leipzig, sondern für das ganze Land”, jubelte Krauß und benannte so nebenbei die wichtigsten Quellen für den Zuzug, der mit Fachkräften und Wirtschaftspolitik in Sachsen tatsächlich nichts zu tun hat. “Den Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen nach sind zum dritten Mal in Folge mehr Menschen in den Freistaat gezogen als ihn verlassen haben: Insgesamt gab es einen positiven Saldo von 13.962 Personen – und damit deutlich mehr als 2012 (12.478). Neben der Zuwanderung aus dem Ausland ist auch die Zuwanderung aus den anderen Bundesländern gestiegen. Der Saldo betrug 3.568 Personen, ein Zuwachs von 13 Prozent gegenüber 2012.”
Etwas verhaltener hatte zuvor Staatsminister Sven Morlok die Zahlen noch ausgewertet: “Die Zahlen für 2013 belegen den erfreulichen Trend der vergangenen Jahre: Sachsen zieht Menschen von auswärts an, hier zu leben, zu arbeiten oder zu lernen. Ganz wichtig ist, dass die positiven Zahlen vor allem in den Altersgruppen zwischen 15 und 40 Jahren zu verzeichnen sind. Das sind die Menschen, die auch für den Arbeitsmarkt relevant sind. Der Freistaat wird also auch als Arbeitsplatz immer attraktiver.”
Auch wenn er dann selbst darauf zu sprechen kam, dass sich aus den Zuzüglern dann möglicherweise Fachkräfte entwickeln. Denn wer da zuwandert, das sind vor allem junge Leute zwischen 15 und 25. Und sie kommen zuallererst zur Ausbildung nach Sachsen. Und zwar zuallererst nach Leipzig, das daraus ein Wanderungsplus von 10.756 Einwohnern generierte. Dresden folgte mit 4.801 und Chemnitz mit 2.037. Die Studierwilligen kommen nach wie vor, auch wenn Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer alles tut, um sie abzuschrecken.
Aber für das SMWA sind die Zahlen trotzdem Werbung. Denn wenn die jungen Leute da bleiben, bringen sie der Wirtschaft den so dringend benötigten Nachschub. “Das Thema Fachkräfte wird uns in Zukunft immer stärker beschäftigen”, meint Staatsminister Sven Morlok, “Sachsen braucht kluge Köpfe – und hat einiges für sie zu bieten. Viele Unternehmen werben bereits aktiv um Arbeitnehmer von außerhalb – und immer mehr Betriebe stellen Rückkehrer ein, also Sachsen, die lange Zeit nicht im Freistaat gelebt und gearbeitet haben, aber jetzt gerne in ihre Heimatregion zurückkommen. Wir möchten dazu beitragen, die besonderen Vorzüge und die Attraktivität des Freistaats gerade für Arbeitnehmer noch stärker bekannt zu machen.”
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Das SMWA arbeitet beim Thema Fachkräfte zwar eng mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen. Aber die hat an diesem Zuzug nicht wirklich eine Aktie, auch wenn Jutta Cordt, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, sagt: “Fachkräftesicherung ist wichtig und rückt auf der Grundlage des Rückgangs der Erwerbsbevölkerung immer stärker in den Fokus der Wirtschaft. Schon heute gibt es in ausgewählten Berufen Fachkräfteengpässe. Um dem entgegenzuwirken, setzt die Bundesagentur für Arbeit u.a. weiter auf die Qualifizierung von arbeitslosen Menschen. Wir beraten aber auch Beschäftigte, die ihren Arbeitsplatz wechseln wollen, wir unterstützen Studienabsolventen, die in Sachsen einen Arbeitsplatz suchen. Dafür stehen allen Interessenten nicht nur unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort zur Verfügung, sondern auch eine Online-Plattform, auf der über 750.000 Stellen veröffentlicht sind. Hier kann auch – selbstverständlich anonymisiert – ein Bewerberaccount angelegt werden, durch den ein Kontakt zu einem potenziellen Arbeitgeber schnell und unkompliziert hergestellt werden kann.”
Das klingt eher nach einem gemeinsamen Schulterklopfen als nach einer zielgerichteten Zusammenarbeit. Ein Ergebnis ist auch, dass die meisten sächsischen Landkreise weiterhin einen negativen Wanderungssaldo haben. Es sind einzig die Großstädte, die in ihrer Struktur als Attraktoren für junge Leute funktionieren. Eine Strategie, der demografischen Veränderung im Freistaat irgendwie Herr zu werden, haben weder SMWA noch Arbeitsagentur.
Die Zahlen zur Wanderungsbilanz 2013 als PDF zum Download.
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