Im Juni geisterte das Gespenst der Insolvenz der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG) durch den Blätterwald. Eine Nachricht, die es in der Geschichte der MFAG so noch nicht gegeben hatte. Auch wenn sie seit Jahren im Defizit läuft und der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt immer wieder Geld nachschießen müssen, um die Defizite auszugleichen. Aber so groß wie im Frühjahr 2024 war das Loch noch nie und Sachsens Finanzminister musste tief in die Kasse greifen: 145 Millionen Euro fehlten, um das Unternehmen wieder solvent zu machen.

Am 30. August meldete die Flughafengesellschaft nun, dass das Geld auf dem Konto ist.

„Parallel zu den erfolgreichen Vertragsverhandlungen mit DHL und der Unterstützungszusicherung durch die Gesellschafter Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde auch der Kreditvertrag mit den finanzierenden Banken neu verhandelt. Die Vertragsänderung wurde vom Vorstand der MFAG und den beteiligten Banken jetzt unterzeichnet. Die Finanzierung der MFAG ist damit bis mindestens Ende 2026 gesichert“, teilte die Mitteldeutsche Flughafen AG mit.

„Mit diesem Erfolg ist auch eine der zentralen Forderungen des S6-Gutachtens erfüllt worden. Das Gutachten bestätigt die uneingeschränkte Sanierungsfähigkeit der MFAG und kann nun abgeschlossen werden. In dem Gutachten attestiert die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG der Mitteldeutschen Flughafen AG bei Umsetzung der Sanierung eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit sowie eine positive Fortführungsprognose.“

Neue Flächenerschließung ab 2026

Aus eigener Kraft hat das Unternehmen durch Einsparungen 10 Millionen Euro zur Sanierung beigetragen. Und kaum sind die Konten wieder in den schwarzen Zahlen, träumt die Geschäftsführung sogar von weiterem Wachstum an den Flughäfen Leipzig und Dresden: „Mit Blick auf die Zeit nach der Sanierung plant die MFAG ab 2026 die Umsetzung weiterer Wachstumsstrategien, insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung derzeit ungenutzter Infrastrukturen, wie die Erschließung und Entwicklung der zahlreichen attraktiven Flächen rund um die Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle.“

Das klingt harmlos. Aber die MFAG hält nach wie vor an den Ausbauplänen für den Flughafen Leipzig/Halle fest. Sollten die Ausbaupläne von der Landesdirektion Sachsen genehmigt werden, geht es um mindestens 500 Millionen Euro, die am Standort Leipzig investiert werden sollen. Tausende Einsprüche aus der ganzen Umgebung hatten deutlich gemacht, dass die Pläne bei der Bevölkerung auf deutliche Ablehnung stoßen.

Und es wirkt zumindest verstörend, wenn die MFAG sich gerade erst konsolidiert hat, jetzt schon für 2026 weitere Ausbaupläne anzudeuten, ohne ein wirklich kostendeckendes Geschäftsmodell zu haben. Der gerade erst neu abgeschlossene Vertrag mit DHL ist ebenso eine Black Box, die zumindest bei der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ gewaltige Skepsis erzeugt.

„Übrigens, wie wir aus gut informierten Kreisen erfahren haben, kennt den konkreten Inhalt des kürzlich zwischen DHL und dem Flughafen Leipzig-Halle abgeschlossenen Deals zur Vertragsverlängerung des DHL-Vertrages nicht einmal der Sächsische Wirtschaftsminister“, kommentiert Matthias Zimmermann, der Pressesprecher der Initiative, die jüngsten Ereignisse.

„Einzig der Ministerpräsident und der Finanzminister kenne diesen – und dürfen aber, wie es heißt, mit Bezug auf das Aktiengesetz keine Auskunft geben. Hurra sächsisches Transparenzgesetz!“

So wird eine demokratische Kontrolle dessen, was auf den beiden sächsischen Flughäfen passiert, praktisch ausgehebelt. Da klingen die Pläne der Flughafengesellschaft für die Zeit ab 2026 für die Fluglärmbetroffenen rund um den Flughafen Leipzig/Halle gar nicht gut.

Neue Wachstumschancen?

„Mit dieser Unterzeichnung haben wir die Finanzierung unseres Unternehmens mindestens bis Ende 2026 gesichert. Sie ermöglicht es uns, die geplante Restrukturierung der MFAG konsequent voranzutreiben und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir auch für zukünftige Entwicklungen finanziell bestens aufgestellt sind“, sagte Ingo Ludwig, CFO der Mitteldeutschen Flughafen AG: am 30. August. „Mein Dank gilt allen Beteiligten für ihre Unterstützung und das entgegengebrachte Vertrauen.“

„Das ist ein entscheidender Schritt nach vorn!“, ergänzte Götz Ahmelmann, CEO der Mitteldeutschen Flughafen AG. „Wir haben das Fundament für eine stabile und nachhaltige Zukunft unserer Flughäfen gelegt. Mit dieser Finanzierung im Rücken treiben wir die Restrukturierung der MFAG voran und eröffnen zugleich neue Wachstumschancen, die unsere Flughäfen zu einem kraftvollen Motor für die gesamte Region machen werden.“

Dabei befand sich die MFAG seit 2021 in schwerem Fahrwasser.

Sie reagierte nach eigener Mitteilung erstmals 2021 mit einem selbst auferlegten Restrukturierungs- und Transformationsprogramm auf die Branchenkrise, Liquiditätsknappheit und den Sanierungsstau der letzten zehn Jahre. Was ja im Klartext heißt: All die Jahre zahlte sie noch immer die Investitionskosten der letzten Flughafenerweiterung ab bzw. Sachsen und Sachsen-Anhalt mussten regelmäßig Gelder zuschießen, ohne dass Geld für notwendige Sanierungen vorhanden war.

Aus eigener Kraft schaffte die MFAG Einsparungen in Höhe von 10 Millionen Euro. Seit Januar 2024 wird im Programm „Zukunft 30“ der Restrukturierungs- und Transformationsprozess fortgesetzt, teilt die Gesellschaft mit. „Dieser ist auch Basis für das IDW S6-Gutachten, das erstmalig im Januar 2024 im Entwurf vorlag. In diesem Gutachten werden konkrete Handlungsfelder definiert, um die Unternehmensgruppe erfolgreich in die Zukunft zu führen.“

„Die Sicherung der Finanzierung der Mitteldeutschen Flughafen AG ist ein wichtiges Signal für die gesamte Region“, betonte dann noch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Unsere Flughäfen in Dresden und Leipzig/Halle sind unverzichtbare Infrastrukturen für die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens und Mitteldeutschlands. Die Landesregierung wird weiterhin alles daransetzen, die Zukunftsfähigkeit dieser bedeutenden Verkehrsknotenpunkte zu unterstützen. Wir stehen zu unseren Flughäfen.

Ein prosperierender Ballungsraum wie Mitteldeutschland mit dynamisch wachsender Industrie und Bildungseinrichtungen von Weltrang braucht natürlich Fluganbindungen. Dass der Freistaat Sachsen in schwierigen Zeiten für den Flugverkehr seine sächsischen Flughäfen finanziell unterstützt, ist daher selbstverständlich. Denn nur mit einer guten Verkehrsinfrastruktur wird Sachsen weiter wettbewerbsfähig bleiben.“

Was so gesehen natürlich stimmt. Ob dazu freilich noch mehr Frachtflugverkehr nach Leipzig gezogen werden muss, ist eine völlig andere Frage. Denn davon profitiert zuallererst die Frachtfluggesellschaft, nicht die Region, wo es sowie längst schwer geworden ist, das nötige Logistikpersonal zu rekrutieren.

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Dieser Flughafen wird schon immer von Größenwahnsinnigen regiert, die offensichtlich nicht privat mit Hab und Gut für Ihre Aussagen und Entscheidungen gerade stehen müssen.
Stattdessen werden der Wille des betroffenen Bürgers ignoriert und der Wirtschaft schöne Augen gemacht, mit Dumpingpreisen auf Kosten des Unternehmens.

Mir ist es schleierhaft, dass offenbar nicht einmal alle Aktionäre über dieses Gutachten Bescheid wissen.
Und vom Hauptgesellschafter, dem Freistaat Sachsen, NUR der MP und der Finanzminister??
Leipzig als Aktienbesitzer müsste ja dann auch involviert sein?

Mit der AG als Unternehmensform wird – wie die Realität zeigt – so jedes Unternehmen, welches für die Daseinsfürsorge ist, zugrunde gerichtet und die Öffentlichkeit um Steuermilliarden betrogen.
Beispiel DB AG: Hier wurde Unternehmenskapital zurück gebaut und vernichtet, und obendrein werden dem Bahnvorstand noch finanzielle Boni gezahlt.

Bei diesen Verhältnissen muss man vom Glauben abfallen.

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