Immer wieder scheitert das eigentlich eindeutige deutsche Naturschutzrecht an wirtschaftlichen Interessen, werden wertvolle Biotope zerstört, weil Verwaltungen die Wünsche von Unternehmen für schwerwiegender halten als die Bewahrung einer lebendigen Natur. Das droht nun auch am Holzberg bei Böhlitz zu passieren, wo jetzt eine Petition zur Rettung des Biotops gestartet ist.
Der Anlass: Wieder einmal will die Firma, die das Gelände 2017 übernommen hat, vollendete Tatsachen schaffen und das in dem alten Steinbruch entstandene artenreiche Biotop trockenlegen, um die Grube mit Bauschutt zu verfüllen.
Während staatliche Behörden es bis heute nicht fertiggebracht haben, hier das Naturschutzrecht durchzusetzen.
Petition sammelt Unterschriften
„Die Holzbergregion ist ein atemberaubendes Natur- und Bergsportparadies im Norden des Landkreises Leipzig. Sie gehört zu den artenreichsten Lebensräumen Sachsens und ist nach Meinung namhafter Wissenschaftler aus Artenschutzgründen unverzüglich unter Schutz zu stellen“, heißt es in der Petition.
„Doch nach hoffnungsvollen Entwicklungen im vergangenen Jahr, als der Freistaat Sachsen dem Deutschen Alpenverein (DAV) bereits Fördermittel zum Kauf der Holzbergregion bewilligt hatte und mit Unterstützung des sächsischen Ministerpräsidenten sogar ein Ersatzstandort gefunden werden konnte, zeigt sich aktuell leider ein sehr düsteres Bild.
Die Firma KAFRIL erkennt die Ersatzstandortlösung im Tagebau Schleenhain nicht an, bezeichnet diesen als kostenpflichtigen ‚Zusatzstandort‘ und hat ihre Pläne zur Verfüllung des Holzberges mit dem überschüssigen Erdaushub ihrer eigenen Bautätigkeit jetzt aus der Schublade gezogen. In einer E-Mail an die Sektion Leipzig des DAV vom 08.04.2022 erklärt die Firma KAFRIL alle Bemühungen um einen Ersatzstandort für gescheitert und teilt wörtlich mit: ‚Wir haben nun die Planungen zur Schaffung der Grundlagen für die Aufnahme der Verfüllungstätigkeit aufgenommen.‘“
Gleichzeitig gab KAFRIL bekannt, dass der Nutzungsvertrag mit der DAV-Sektion Leipzig zum Ende April 2022 durch KAFRIL gekündigt wurde und man ein weiteres Betreten des Geländes untersage.
Die Nutzung eines der beliebtesten Klettergebiete Mitteldeutschlands, mit seinen über 120 Kletterrouten, werde dann nicht mehr möglich sein.
Auf der Petitionsseite findet man die fünf Forderungen an die Staatsregierung und die Begründungen jedes einzelnen Punktes.
Spenden für den Klageweg
Mittlerweile sammelt der BUND Spenden, um den möglichen Klageweg im Kampf um das bedrohte Naturkleinod zu beschreiten.
„Nur dem Widerstand einer Bürgerinitiative und der BUND-Ortsgruppe Böhlitz ist es zu verdanken, dass die drohende Vernichtung wertvoller Biotope und europäisch streng geschützter Arten bisher abgewendet werden konnte. Aktuell versucht man das 3 ha große Flachwasserbiotop auf der Sohle des Holzbergs mit Rückendeckung der Naturschutzbehörde trockenzulegen. Erst im August 2019 gelang es uns, das Abpumpen des größten Laichgewässers der Region vorerst zu stoppen“, geht der BUND auf die Vorgeschichte dieses Kampfes ein.
Was dort verloren zu gehen droht, beschreibt der BUND so: „Der Holzberg ist ein Hotspot des Artenreichtums und gehört bei einer Größe von nicht einmal 10 Hektar zu den Lebensräumen mit der höchsten Artenvielfalt in Sachsen.
47 Vogelarten, 10 Fledermausarten, 5 Amphibienarten, 5 Reptilienarten und 27 Tagfalterarten wurden hier im Rahmen einer 8-monatigen wissenschaftlichen Untersuchung im letzten Jahr nachgewiesen. Hinzu kommt eine noch weitestgehend unerforschte große Anzahl an Wildbienen, Käfern und anderen Insektenarten. Bereits in den vorangegangenen Jahren wurden im Holzberg 256 Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen.“
Selbstregulation der Natur und der Artenvielfalt
Denn der alte Steinbruch ist beispielhaft dafür, wie sich die Artenvielfalt wieder regenerieren kann, wenn der Mensch einfach aufhört, das Gelände zu bewirtschaften. Doch in Sachsen gilt noch immer das Verdikt, dass Besitz auch genutzt werden darf und soll und ungezähmte Natur keinen Wert hat.
„Entgegen dem allgemeinen Trend des Artenrückgangs und des Artensterbens hat sich der Holzberg in den letzten beiden Jahrzehnten in ein Naturparadies verwandelt“, betont der BUND. „Das hat seine Ursache vor allem darin, dass die Natur sich hier ungestört und ohne menschliches Zutun entwickeln konnte. Allein 7 verschiedene Biotoptypen haben sich im Holzberg auf engstem Raum herausgebildet und entfalten ihre komplexen Wechselwirkungen.“
Aber obwohl der Steinbruch seit 1997 nicht mehr genutzt wird, hat es das Land Sachsen nicht fertiggebracht, den Holzberg aus dem Bergrecht zu entlassen. Was dem aktuellen Besitzer den Hebel verschafft, den Steinbruch als Schuttabladeplatz nutzen zu können.
Zur Verzweiflung der Umweltschützer, die jetzt wieder nur den teuren Klageweg als Ausweg sehen, den Staat dazu zu bringen, das Naturschutzrecht endlich auch durchzusetzen.
„Dabei sind die gesetzlichen Regelungen des Naturschutzrechts ganz eindeutig und bräuchten nur durchgesetzt zu werden“, schreibt der BUND.
„Da die zuständigen Behörden dazu bisher weder Willens, noch in der Lage sind, droht dem Holzberg die vollständige Verkippung. Diese soll laut vorliegenden Planungen eine Höhe von 30 m haben. Das Vorhaben wirkt unvorstellbar und scheint völlig aus der Zeit gefallen. Um diese absolut vermeidbare Umweltzerstörung abzuwenden, bleibt uns nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge nur noch der Klageweg.“
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