Die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zum Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung des Frachtflughafens Leipzig/Halle ist abgelaufen. Nicht nur die direkt betroffenen Städte haben ihre umfangreiche Kritik an den völlig unzureichenden Planunterlagen schriftlich fixiert. Auch die Naturschutzverbände vermissen die simpelsten Voruntersuchungen für das umweltschädliche Vorhaben. Der Ökolöwe hat seine Stellungnahme jetzt öffentlich gemacht.
„Mehr Flugzeuge, mehr Industrie und Lieferverkehr sowie langjährige Bauarbeiten: Der Flughafen Leipzig/Halle soll zu einem europäischen Frachtkreuz ausgebaut werden. Viele Bürgerinitiativen laufen Sturm gegen diese Pläne – und das völlig zu Recht“, stellt der Leipziger Ökolöwe zu diesem völlig aus der Zeit gefallenen Vorhaben fest.„Über zwei Millionen Quadratmeter werden gleich über drei parallellaufende Verfahren beplant: Die Flughafen Halle/Leipzig GmbH will im Rahmen der Norderweiterung die Start- und Landebahn Nord noch in diesem Jahr erneuern. Zudem will sie die südliche Start- und Landebahn ausbauen und hat das millionenschwere Projekt bei der Landesdirektion beantragt. Die Hauptverantwortung für den Flughafenausbau liegt letztlich beim Land Sachsen. Parallel zu diesen Verfahren soll ein riesiges Industriegebiet in Lützschena-Stahmeln (Radefelder Allee) durch die Stadt Leipzig gebaut werden.“
Der Ökolöwe hat alle drei Verfahren geprüft und kritisiert vor allem eins: „Jedes Vorhaben wird nur für sich allein betrachtet. Jedes Vorhaben hat für sich erheblich negative Auswirkungen auf die Umwelt. Eine Gesamtbetrachtung auf die Umweltauswirkungen wird in jedem dieser Verfahren komplett ignoriert. Wir Ökolöwen fordern: Stopp mit der Salamitaktik! Ohne eine Gesamtprüfung auf Umweltverträglichkeit darf hier überhaupt nicht das Wort Ausbau in den Mund genommen werden.“
Allein die Unterlagen zum Ausbau des Verkehrsflughafens weisen eklatante Lücken auf. „Aber nicht nur, dass eine gesamte Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt. Generell müssen die Unterlagen zum Ausbau der Start- und Landebahn Süd erst mal richtig und vollständig in das Verfahren eingebracht werden“, fordert der Ökolöwe.
Und zählt dann auf, was alles fehlt:
– unzureichende und fehlende Prüfungen zum gesetzlichen Artenschutz
– fehlerhafte Bewertung der Ausgleichsflächen für Artenschutz-Maßnahmen (CEF-Maßnahmen)
– unzureichende Betrachtung des Wirkfaktors Schall auf die planungsrelevanten Arten
– unzureichende Prüfung der Auswirkungen von Lichtemissionen
– unvollständiges Bodenlärmgutachten
– kein lärmmedizinisches Gutachten
– keine geeignete Abbildung der Klimafolgekosten nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1 BauGB sowie 13 KSG
„Wir Ökolöwen haben Stellung bezogen und fordern in diesen Punkten Nachbesserung und Korrektur. Darüber hinaus werden die Lärmemissionen auf das Leipziger Auensystem pauschal als ,nicht erheblich‘ beurteilt. Gerade das permanente Überfliegen eines europäisch geschützten Lebensraumes für seltene und vom Aussterben bedrohte Arten muss richtig geprüft werden. Das haben wir 2008 schon gerichtlich eingefordert. Durch das vorliegende Verfahren ist vielmehr die ,Kurze Südabkurvung‘ einzustellen“, fordert der Ökolöwe und hat die Stellungnahme auf seiner Homepage veröffentlicht.
Aber der Umweltverbund hat mit gutem Recht auch eine komplexe Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Denn mit dem von Leipzig geplanten Ausbau von „Radefelder Allee West“ sind insgesamt 231 Hektar betroffenen, auf dem zum Teil schwerwiegende und dauerhafte Eingriffe in den Naturhaushalt vorgesehen sind. Da reicht es nicht, anderswo ein paar neue Bäumchen zu pflanzen. Hier geht es um schwerwiegende Eingriffe in Naturräume, für die zwingend eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen muss.
Und zwar nicht einzeln, wie der Ökolöwe betont, sondern in der Kumulierung aller drei geplanten Bauvorhaben. „Die kumulierenden Auswirkungen der Wirkfaktoren direkter Flächenentzug sowie Veränderung der Habitatstruktur ist in Bezug auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt nach Einschätzung des Ökolöwen – Umweltbund Leipzig e. V. mit einer besonders hohen Erheblichkeit zu bewerten.“
Und was der Flughafen als Ausgleichsmaßnahmen vorschlägt, erfüllt nicht mal mehr den Alibicharakter, stellt der Ökolöwe fest: „Weiterhin ist bei der Prüfung der CEF-Maßnahmen aufgefallen, dass der Verlust von 19,55 ha Lebensraum für die Arten Braunkehlchen und Grauammer durch punktuelle Maßnahmen ausgeglichen werden sollen. Das Verhältnis und damit die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist zweifelhaft.“
Man tut so, als würde man Ausgleich schaffen für die zerstörten Biotope. Aber es ist – wie so oft in der sächsischen Politik – nichts als Augenwischerei. Was die Stellungnahme auch am Beispiel der Schallemissionen in ihrer Wirkung auf die im Umfeld lebenden Brutvogelarten diskutiert.
Auch die Tierwelt leidet massiv unter dem Fluglärm, der sich ja mit dem Ausbau flächig noch weiter ausbreiten wird. Hier will ein hochsubventionierter Staatsbetrieb auf Kosten von Menschen und Umwelt sein Geschäft ausbauen. Und das mit Unterlagen, die in Bezug auf die „Schutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ nicht fachgerecht sind, wie der Ökolöwe in seinen Stellungnahmen feststellt.
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Es gibt 3 Kommentare
Also uninteressierte Politiker gibt es beim Flughafenprojekt gerade eben nicht. Es ist die Frage woran man interessiert ist. Hier liegt ja vielleicht auch ein Anknüpfungspunkt. Wir haben einen Minister, der sich über Jahre im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit und Oppsitionstätigkeit mit solchen Vorhaben kritisch auseinander gesetzt hat. Wo ist den seine Stimme, oder hält er stille um die nächste Wahl zu überstehen. Momentan hat er vorrangig damit zu tun seine Vasallen aus seinem früheren Leben mit Posten in seinem Ministerium zu versorgen. Soll das seine einzige Duftmarke sein, die die Zeit überdauert.
@Saschok
Das wäre ein demokratisch-desaströser Offenbarungseid, wenn es keine Möglichkeiten mehr gäbe, diese wahnwitzigen und unnützen Vorhaben zu beeinflussen.
Ich hoffe sehr, dass die auf Kosten der Allgemeinheit geplanten und von uninteressierten Politikern lancierten Profitvorhaben gestoppt werden können.
Der Schaden ist bereits groß und wir leben über unsere Verhältnisse.
Haben Sie vielleicht noch eine Idee…?
Die umweltpolitische Werbetrommel gegen das Flughafenprojekt mächtig zu schlagen – in allen Ehren. Letztendlich enthält die Stellungnahme des Ökolöwen keinen einzigen umweltrechtlichen und umweltfachlichen Ansatzpunkt das Vorhaben zu verhindern oder wesentlich zu modifizieren. Die genannten Artenschutzbetroffenheiten sind alle händelbar. Für die Klimafolgenabschätzung gib es bisher keine evaluierten Bewertungsverfahren, die auch nur ansatzweise ein Verbot oder eine Alternativenprüfung zwingend machen würden. Das muss die Rechtsberatung des Vereins auch schon erkannt haben Es bleibt nichts anderes übrig umweltpolitisch Verbündete zu suchen und Stimmung zu machen . Rechtlich ist da leider nichts machbar, außer vielleicht unwesentliche zeitliche Verzögerungen des Projektes.