Im November gab es ein zweites Treffen von Vertretern der Bürgerinitiativen aus dem Umwelt des Flughafens Leipzig/Halle mit Vertretern des Sächsischen Umweltministeriums, das mit einer erstaunlichen Zusage endete: Die Bürgerinitiativen durften einen Vorschlag für gestaffelte Entgeltzuschläge für die Starts am Flughafen machen. Das haben sie jetzt auch getan.
Und es wird ganz bestimmt spannend, ob das auch so umgesetzt wird. Denn das von den Grünen besetze Umweltministerium ist eindeutig dafür, Lärm und Emissionen am Flughafen durch gestaffelte Entgelte zu senken. Kaum einzuschätzen ist hingegen die Reaktion aus den Wirtschaftsministerien von Sachsen und Sachsen-Anhalt und natürlich aus den Staatskanzleien. Denn solche gestaffelten Entgelte für besonders laute und besonders dreckige Flugzeuge gerade in der Nachtzeit sind an anderen deutschen Flughäfen längst die Norm.
Der Frachtflughafen Leipzig/Halle aber zieht selbst in der Corona-Zeit immer mehr Frachtflugtonnage an sich, weil er in diesem Umfeld – ohne Staffelung – als echtes Dumping-Angebot wirkt. Logisch, dass hier die ältesten und lautesten Maschinen in der Nacht abheben.
Während aufgrund der Coronakrise an allen Flughäfen Deutschlands die Flug- und Frachtzahlen dramatisch zurückgegangen sind, meldet der Flughafen Leipzig/Halle monatlich immer neue Rekorde.
Im Oktober ging das Frachtflugaufkommen in ganz Deutschland um 6,7 Prozent zurück, selbst am eigentlich größten Frachtumschlagflughafen in Frankfurt waren es 11,5 Prozent weniger. Dafür gingen die Umschlagzahlen am Billigflughafen Leipzig/Halle um weitere 8,9 Prozent in die Höhe.
„Grund für diese Entwicklung ist, dass es an allen anderen Flughäfen Deutschlands gesundheits- und umweltbedingte Restriktionen gibt, wie Verbot/Einschränkung des Nachtfluges, lärm- und emissionsabhängige Entgelte und vieles andere mehr. Mit dem Verzicht auf jegliche Nachtflugbeschränkungen und Lärm- und Schadstoffentgelte verschafft sich der Flughafen Leipzig-Halle signifikant Wettbewerbsvorteile zulasten der Gesundheit der Anwohner“, kommentiert das Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“.
„Aktuell gibt es teilweise über 160 (!) lärmentgeltfreie Starts/Landungen pro Nacht. Das heißt in der Zeit zwischen 03:00 und 05:00 startet aller zwei Minuten eine Frachtmaschine mit Lärmpegeln von bis zu 80 Dezibel in Schkeuditz. Der Dauerlärm in 3 bis 5 km vom Flughafen entfernten Leipziger Ortschaften wie Lützschena-Stahmeln liegt bei über 50 Dezibel. Wie bekannt, soll der Frachtflughafen mit Investitionen von über 500 Millionen Euro ausgebaut werden, was zu weiteren Lärm-, Gesundheits- und Umweltbelastungen führen würde.“
Die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ hat gegen dieses ökologisch nicht nachhaltige Projekt eine Petition unter www.openpetition.de/!fghdq gestartet, die von bisher 5.500 Bürgern unterzeichnet wurde.
Auf Grundlage der Entgeltordnungen anderer Flughäfen hat die Bürgerinitiative einen Vorschlag für die Einführung von lärm- und emissionsabhängigen Entgeltzuschlägen am Flughafen LEJ erarbeitet. Dieser wurde am 29. November dem Sächsischem Staatsministerium für Umwelt übergeben.
Jetzt kann man gespannt sein, wer diesen Vorstoß mit welche Argumenten ausbremsen wird. Oder ob Sachsens Regierung einmal den Mumm hat, Entscheidungen gegen die Interessen einer fossilen Wirtschaft zu treffen, die freiwillig nicht bereit ist, ihr klimaschädigendes Wirtschaften zu korrigieren.
Leipziger Zeitung Nr. 85: Leben unter Corona-Bedingungen und die sehr philosophische Frage der Freiheit
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