Am Montag, 16. September, haben in Dresden die Sondierungsgespräche für die Bildung der neuen Sächsischen Staatsregierung begonnen. Noch ist offen, was Grüne und SPD in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen können. Aber eine Furcht geht jetzt schon im Leipziger Norden um: Dass sich die CDU durchsetzt mit ihren Plänen, den Frachtflughafen Leipzig für eine weitere halbe Milliarde Euro auszubauen. Vorsichtshalber hat die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ ihre Forderungen schon mal aufgeschrieben.
Denn wenn es nach den Vorstellungen des bisherigen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) geht, dann soll mit den finanziellen Mitteln aus dem Kohle-Ausstiegs-Programm der Frachtflug weiter ausgebaut werden und die jetzigen Lärm- und CO2- Emissionen werden sich vervielfachen.
„Von der Ratsversammlung Leipzig wurden die Ausbaupläne bereits im Frühjahr dieses Jahres mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Auch im Stadtrat von Schkeuditz sind jüngst diese Pläne auf Ablehnung gestoßen“, erklärt Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, zu diesem Thema.
„Die gesundheitlichen Belastungen der Anwohner durch bis zu 160 nächtliche Starts/Landungen sind bereits heute gewaltig. Hinzu kommen die massiven Umweltschäden durch extreme CO2-Emissionen. So lag der CO2-Ausstoß im direkten Umfeld des Flughafen Leipzig-Halle im Jahre 2018 bei 130.000 Tonnen (LTO- Zyklus). Mit 1,77 Tonnen CO2 pro Start/Landung hat der Flughafen den höchsten CO2 Ausstoß aller deutschen Flughäfen. Zum Vergleich, am Flughafen Dresden liegt der CO2-Ausstoß pro S/L bei 0,75 Tonnen.“
Etwas, was bisher kaum thematisiert wurde. Im Rahmen der Diskussion um das „Klimaschutzprogramm“ der Bundesregierung, dessen Eckpunkte am Freitag, 20. September, vorgestellt wurden, wurde immer nur über die CO2-Bilanz von Passagierflügen geredet und die seltsame „Flugscham“ jener Leute, die einfach nicht umdenken wollen. Aber dass auch der Frachtflugverkehr seit Jahren immens zunimmt und der Frachtflughafen Leipzig/Halle dabei die größten Zuwächse innerhalb Deutschlands verzeichnet, wird immer wieder ausgeblendet.
Dass der Frachtumschlag wächst, hat nicht mit steigenden Produktionszahlen in Deutschland zu tun. Der Frachtumschlag weltweit wird durch das getrieben, was man so landläufig „Globalisierung“ nennt. Eine Globalisierung, die durch viel zu niedrige Preise für Kerosin, Subventionen und Steuernachlässe getrieben wird, was dafür sorgt, dass die Transportkosten so niedrig sind, dass sie bei der Herstellung selbst billigster Güter in Fernost praktisch nicht ins Gewicht fallen. Das permanente Absenken von Herstellungskosten wird regelrecht auf Kosten von Umwelt und Klima ausgetragen.
Und wenn sich das sogenannte „Klimakabinett“ geweigert hat, den CO2-Ausstoß wirklich entsprechend den verursachten Folgekosten zu bepreisen, dann hat das mit jenen Konzernen zu tun, die genau das verhindern wollten. Und auch verhindert haben. So bekommen die so klimaschädlich geflogenen Produkte natürlich nie den Preis, den sie haben müssten, um die durch die Transportwege verursachten Umweltschäden überhaupt abbilden zu können. Sie bleiben so billig, dass eine Produktionsaufnahme in Europa schlicht nicht konkurrenzfähig ist.
Oder einmal so formuliert: Mit den klimaschädlichen Subventionen für den Frachtflugverkehr fördert die Bundesregierung Firmen in Fernost und verhindert wirtschaftliche Entwicklungen in Europa, wo mit der Bahn deutlich klimaschonender transportiert werden könnte.
Aber dieses Denken in den Mustern der „Globalisierung“ verhindert auch in Sachsens Regierung, überhaupt zu erkennen, was für eine fatale und umweltschädliche Investition der Ausbau des Leipziger Frachtflughafens ist.
Ein Denken, das so in sich geschlossen ist, dass der politische Protest der betroffenen Kommunen überhaupt nicht durchdringt.
„Insofern erwarten die Städte Leipzig und Schkeuditz, aber auch die Betroffenen, in einem auszuarbeitenden Koalitionsvertrag klare Vorgaben für einen nachhaltigen Gesundheits- und Klimaschutz am und durch den Flughafen Leipzig-Halle“, sagt Zimmermann.
Die Bürgerinitiative hat deshalb einen konkreten Forderungskatalog zu den Verhandlungen verschriftlicht.
Die Forderungen:
Auf der Grundlage vorgenannter Punkte fordern wir die regierungsbildenden Parteien auf, folgende konkreten Maßnahmen zum Lärm- und Klimaschutz in das zu erarbeitende Regierungsprogramm des Landes Sachsen aufzunehmen:
1. Festschreibung einer Obergrenze für nächtliche Starts und Landungen von 75 pro Start- und Landebahn. Davon maximal 25 pro SLB in der Nachtkernzeit.
2. Gleichmäßige Verteilung der nächtlichen Starts und Landungen auf beide Start- und Landebahnen, wie im Planfeststellungsbeschluss als Auflage fixiert.
3. Begrenzung der „Kurzen Südabkurvung“ auf 30 Tonnen, wie im Planfeststellungsverfahren zugesagt und vom Bundestag beschlossen.
4. Festschreibung einer Obergrenze von 130.000 Tonnen CO2/Jahr des bei den durch Starts und Landungen verursachten CO2-Ausstoßes.
5. Kein weiterer Ausbau des Frachtflugbetriebes und der damit verbundenen Lärm- und Klimabelastung. Wir lehnen kategorisch Alibiformulierungen und Maßnahmen ab, die bezüglich der Lärm- und CO2-Werte nicht konkret kontrollierbar sind und die die Verringerung der aktuellen Belastungen in die Zukunft verschieben. Leisere Flugzeuge, Lärmentgelte, Fluglärmschutzbeauftragter, Zusammensetzung der FLK als tatsächliche Interessensvertretung der Bevölkerung sind selbstverständliche Maßnahmen, die nicht in ein Regierungsprogramm aufgenommen werden müssen!
Der Forderungskatalog der BI „Gegen die neue Flugroute“.
Nähe und Gemeinsinn: Welche Kraft treibt unsere Wachstumsökonomie eigentlich so in den Abgrund?
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