Am Donnerstag, 13. Dezember, tagte in Braunsbedra die Metropolregion Mitteldeutschland. Und sie setzte mit der 2020 in Leipzig stattfindenden „World Canals Conference“ und dem Elster-Saale-Kanal zumindest seltsame Themen, die nicht wirklich über die wirtschaftliche Zukunft der Region entscheiden werden, auch wenn das von Akteuren wie Heiko Rosenthal oft so klingt. Die Rettung der Region liegt nicht auf dem Wasser.
Was zumindest Dr. Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einem Panel zum Klimawandel und den möglichen Risiken für die mitteldeutsche Gewässerlandschaft durch extreme Wetterereignisse wie Dürren, Starkregen und Hochwasser thematisierte. Das betrifft auch den Elster-Saale-Kanal, für den ja keiner emsiger wirbt als Leipzigs Kanalbürgermeister Heiko Rosenthal, der nach wie vor überzeugt scheint davon, dass die Pläne zum Wassertourismus im Neuseenland tatsächlich irgendeine wirtschaftliche Relevanz haben.
Die Konferenz der Metropolregion nutzte er, um sein Herzensprojekt noch einmal bei den Leuten zu bewerben, die sich eigentlich über die Wirtschaftszukunft der Region Gedanken machen wollten – über belastbare Wirtschaftcluster, Infrastrukturen und vollwertige Arbeitsplätze. Nicht zu vergessen die Zeit nach der Kohle.
„Die diesjährige Jahrestagung der Metropolregion Mitteldeutschland ist die ideale Plattform für den Austausch über die vielfältigen Entwicklungs- und Nutzungsperspektiven für die 6.500 km² große Gewässerlandschaft in Mitteldeutschland“, erklärte Heiko Rosenthal, Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Ordnung, Sport der Stadt Leipzig.
„Von Projekten wie der Aufwertung des Saale-Elster-Kanals und der World Canals Conference 2020, die wir in enger Zusammenarbeit mit der Metropolregion Mitteldeutschland, der Leipziger Messe und dem Grünen Ring Leipzig erstmals nach Deutschland holen konnten, können neue Impulse für die gesamte Region ausgehen.“
Die neuen Impulse erschließen sich nicht wirklich. Schon jetzt ist absehbar, dass einige Kanalprojekte schlicht an wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Grenzen scheitern werden. Nicht alles, was sich die Motorbootfreunde vorstellen, lässt sich auch bauen. Auch nicht für 100 Millionen Euro.
Wobei die Schätzung zu den möglichen Kosten eines Weiterbaus des Elster-Saale-Kanals jetzt schon ein paar Jahre alt sind. Es würde wohl eine deutliche Ecke mehr kosten. Und vor Gericht enden.
Aber unüberhörbar war in Rosenthals Rede, dass er nicht mehr vom Weiterbau und vom Anschluss an die Saale sprach, sondern von Aufwertung. Denn auch die Befürworter einer durchgehenden Kanalisierung werden so langsam nachdenklicher.
Auch weil sich selbst bei hartnäckigen Verfechter/-innen des „Wassertouristischen Nutzungskonzepts“ (WTNK) so langsam die Erkenntnis durchsetzt, dass man die meisten naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen nicht einfach aushebeln kann, nur weil Motorbootliebhaber von Kanälen träumen. Und rund um den unvollendeten Elster-Saale-Kanal gibt es einige sehr markante naturschutzfachliche Stopp-Zeichen, die eine Fortsetzung des Baus aus der Nazi-Zeit schlicht unmöglich machen.
Also orientiert man sich, durch die Wirklichkeit gebremst, um und forciert jetzt eine Erschließung des durchaus attraktiven Kanalstücks mit viel weniger Investitionen – aber in Strukturen, die viel schneller und einfacher das Kanalerlebnis ermöglichen.
In ihrem Impulsvortrag während des Panels „Saale-Elster-Kanal“ im Rahmen der Jahreskonferenz plädierte dann nämlich Angela Zábojník, Abteilungsleiterin Wasserwirtschaft/Flächenmanagement beim Amt für Stadtgrün und Gewässer der Stadt Leipzig und eine der eifrigsten Verfechterinnen des WTNK, dafür, den Kanal bereits in seiner heutigen Form stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Um das zu erreichen, hätten die Städte Leuna und Leipzig eine „Konzeption zur Inwertsetzung des SEK“ erarbeiten lassen, deren Endbericht noch im Dezember 2018 veröffentlicht werden soll.
Und was steht drin? – Das, was Fahrradverbände schon lange fordern: Eine zentrale Rolle spielt darin nämlich der Bau des Saale-Elster-Kanal-Radweges. Denn das wäre eine bezahlbare und attraktive Radroute, die aus dem Herzen der Stadt Leipzig immer am Kanal entlang bis zur Saale führen würde.
Man ahnt, wie stiefmütterlich das Thema Radwegebau gerade im Grünen Ring all die Jahre behandelt wurde. Man hat lieber große Wasserbauprojekte geschmiedet, als „die 6.500 km² große Gewässerlandschaft“ mit einem attraktiven und sinnvollen Radwegenetz zu überziehen, sodass jeder/-r Erholungssuchende ohne Probleme mit dem Rad an alle „Destinationen“ des Neuseenlandes gelangen kann. Wer heute losfährt, landet immer wieder auf Holperstrecken oder in Sackgassen.
Darüber hinaus planen die Anliegerkommunen Halle, Leipzig, Schkeuditz, Leuna, Merseburg, Schkopau sowie der Landkreis Nordsachsen und der Saalekreis die Gründung einer Organisationsstruktur für die weitere Zusammenarbeit rund um die unvollendete Wasserstraße. Hierzu soll Anfang 2019 eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet werden, berichtete Angela Zábojník noch.
Und erzählte dann freilich auch, dass ein weiteres Lieblingsprojekt von Heiko Rosenthal überhaupt noch nicht so weit ist, dass es geplant werden könnte: Denn parallel lässt die Stadt Leipzig aktuell noch die Machbarkeitsstudie zur Anbindung des Lindenauer Hafens an den Saale-Elster-Kanal erarbeiten.
Der „Durchbruch“ ist ganz und gar nicht so simpel, wie es den Stadträten bislang erzählt wurde. Und es spielen auch wesentliche Hochwasserschutzprobleme hinein. Mit einem Baustart 2019, wie bisher geplant, ist für den 8,5 Millionen Euro teuren Durchstich so nicht wirklich zu rechnen.
Keine Kommentare bisher