Da gibt es nun seit Jahren die sogenannte „Fluglärmkommission“ am Flughafen Leipzig/Halle. Aber ihre Arbeitsergebnisse sind mager. Oft genug fungiert sie nur als Bollwerk der Flughafennutzer und vertagt die berechtigten Anträge der lärmbetroffenen Kommunen immer weiter. Da war es schon ein Erfolg, dass die Mitglieder der Fluglärminitiativen im Frühjahr einen ersten Gesprächstermin im Sächsischen Verkehrsministerium bekamen. Am Dienstag, 19. Juni, gab es jetzt den zweiten – mit einem kleinen Erfolg.
Schwerpunktmäßiges Arbeitsthema der zweiten Gesprächsrunde des Arbeitskreises zum besseren Lärmschutz am Flughafen Leipzig-Halle war die gleichmäßige Bahnverteilung. Bekanntlich wird die stadtnahe Start- und Landebahn Süd in der Nacht zu über 90 Prozent genutzt. Der Planfeststellungsbeschluss sah eine 50:50 Verteilung auf die Süd- und Nordbahn vor.
Forderungen zur Umsetzung der gleichmäßigen Bahnverteilung scheiterten bisher immer wieder an verschiedenen Rechtsauffassungen und angeblichen Sicherheitsrisiken. Zudem sieht das SMWA hohes Klagepotential bei den betroffenen Flughafennutzern gegen eine nicht einvernehmlich festgelegte Betriebsänderung.
Nicht bei den Fluglärmbetroffenen, was schon verblüfft. Denn eigentlich ist ein Planfeststellungsbeschluss eine verbindliche Rechtssetzung, an die sich die Nutzer des Flughafens zu halten haben. Aber mittlerweile ist ja bekannt, dass der Freistaat Sachsen dem größten Nutzer des Flughafens, DHL, mit dessen Umzug von Brüssel nach Leipzig Zusagen gemacht hat, die die Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses praktisch aushebeln. Es ist der Freistaat, der sich mit der Zusage zahnlos gemacht hat. Die Flughafenanwohner leiden darunter.
Seit Jahren klagen Bürger im Umfeld des Flughafens Leipzig-Halle nicht nur über stetig steigende Fluglärmbelastungen, sondern auch über die Untätigkeit von Politik, Verwaltung und Fluglärmkommission, etwas dagegen zu tun. Nicht umsonst wird die bisherige Geschichte des Ausbaus des LEJ als die Geschichte von Lügen, Halbwahrheiten und Ausgrenzung des Bürgers an der Teilhabe am demokratischen Mitbestimmungsrecht bezeichnet, fasst Matthias Zimmermann als Pressesprecher der Bürgerinitiativen die Situation zusammen.
Im März dieses Jahres wurde nun mit Wirtschaftsminister Dulig und den Bürgerinitiativen des Netzwerkes ZukunftLeipzig die Gründung eines Arbeitskreises auf Ministerialratsebene vereinbart, die diesem Missstand begegnen und zudem zu spürbaren Ergebnissen in der Fluglärmentlastung beitragen soll.
Eine Arbeitsgruppe der „Fluglärmkommission“ beschäftigt sich bereits über acht Jahre mit dem Thema der gleichmäßigen Bahnverteilung im Nachflugbetrieb – ohne Ergebnis. Das Sächsische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) und die Bürgerinitiativen einigten sich nun, eine von Bürgerinitiativen und durch Ratsbeschluss der Stadt Leipzig seit langem geforderte, durch die „Fluglärmkommission“ aber bisher abgelehnte, zeitlich versetzte Bahnnutzung zu testen. Dies soll, ähnlich dem Vorbild Frankfurt am Main, innerhalb eines „Bündnisses für Lärmpausen“ geschehen.
Und noch einen kleinen Erfolg gab es.
Das Gremium einigte sich zudem prinzipiell über die Berufung eines Fluglärmschutzbeauftragten für Sachsen, eine schon seit Jahren von den Bürgerinitiativen geforderte Institution neben der Fluglärmkommission, die ja bisher aus ehrenamtlichen Mitgliedern besteht. Der Fluglärmschutzbeauftragte soll direkter Ansprechpartner für die Bürger sein.
Konkrete Arbeitsinhalte, Befugnisse und Handlungsoptionen etc. sollen noch im Rahmen des Findungsprozesses erarbeitet werden. Aber jeder große Flughafen in Deutschland hat so einen offiziellen Lärmschutzbeauftragten.
Nur in Sachsen war das bisher eher eine Feigenblatt-Funktion.
„Die Bürgerinitiativen gehen davon aus, dass sie hierbei einbezogen werden“, erklärt Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiativen „Gegen die neue Flugroute“ und „Gegen Flug- und Bodenlärm“. „Sie gehen zudem davon aus, dass die rechtliche Stellung des Fluglärmschutzbeauftragten so angedacht ist, dass Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sichergestellt sind. Organisatorische und haushalttechnische Vorbereitungen will das SMWA schnellstmöglich umsetzen. Eine erste Aufgabe des/der Fluglärmbeauftragten könnte somit die Vorbereitung eines oben genannten Probebetriebes von ‚Lärmpausen‘ analog dem Beispiel vom Flughafen Frankfurt am Main sein.“
Und dann ist da ja noch das leidige Kaffeekränzchen mit seinen mehr als bescheidenen Arbeitsergebnissen.
Was tun?
So recht mag sich das Verkehrsministerium zu einer Renovierung dieser Runde nicht durchdringen.
„Hinsichtlich notwendiger Veränderungen in der Fluglärmkommission (FLK) am LEJ, bisher wegen ihrer intransparenten Öffentlichkeitsarbeit, langatmigen Entscheidungsfindung und auch unverständlicher Entscheidungen ständig unter Bürgerkritik stehend, einigten sich die Gesprächspartner zunächst darauf, dass die FLK ihre Arbeit mit mehr Bürgernähe gestaltet“, beschreibt Zimmermann das erste winzige Zugeständnis.
Bislang gibt es nur summarische Protokolle, aus denen in keiner Weise ablesbar ist, wer welche Argumente vorgebracht hat und warum Entscheidungen wirklich immer wieder vertagt werden.
So soll künftig jeder eingereichte Antrag sowie das konkrete Abstimmungsergebnis wie auch Beschlüsse der Kommission im direkten Wortlaut veröffentlicht werden. Die Öffentlichkeit erfährt dann endlich, wer in dieser Runde tatsächlich bremst und einen aktiven Lärmschutz immer wieder verhindert. Wenn es denn so gemacht wird und sich einige Mitglieder der Kommission dadurch nicht auch schon wieder in ihrer Geschäftstätigkeit geschädigt sehen. Denn wenn nachts fast nur von der Südbahn geflogen wird, wenn tausende Flüge einfach über die kurze Südabkurvung übers Leipziger Stadtgebiet gelenkt werden, dann hat das mit dem Sparen von Zeit und Sprit zu tun – auf Kosten der Gesundheit der Leipziger.
Und dubios bleibt bis heute die Rolle der Deutschen Flugsicherung, die diese Flugrouten genehmigt.
Aber die neue Protokollführung sieht die derzeitige Geschäftsordnung der „Fluglärmkommission“ bislang nicht vor.
„Das SMWA wird die entsprechenden Gespräche mit den Mitgliedern führen bzw. in der nächsten FLK-Sitzung einen Antrag einbringen“, erzählt Zimmermann. Das wäre schon verblüffend, wenn dieser Antrag tatsächlich gleich angenommen wird.
Ein drittes Gespräch im SMWA ist schon zugesagt, teilt Zimmermann noch mit: „Die Diskussion zum Thema ‚Verkehrsverteilung auf beide Start- und Landebahnen und Erprobung von Lärmpausen‘ soll im nächsten Gespräch fortgesetzt werden. Dies wird im Oktober sein.“
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