Der Flughafenbetreiber war der Meinung, weitere Lärmmessstellen im Leipziger Norden seien überflüssig, also wurde der Antrag von Lärmbetroffenen in der letzten Sitzung der Fluglärmkommission, solche zusätzlichen Messstellen einzurichten, abgelehnt. Das ist nicht der einzige Vorgang, der jetzt wieder im Leipziger Stadtrat aufschlägt. Im Mittelpunkt: zwei Bürgermeister, die am liebsten tatenlos bleiben.

In diesem Fall Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke), der sich wirklich alle Mühe gibt, sich das Thema Umwelt vom Hals zu halten. Obwohl es natürlich in seinem Spielfeld liegt, wenn es um den Flughafen Leipzig/Halle geht. Denn sein Dezernat entsendet die Vertreterin der Stadt in die Fluglärmkommission. Nur kommt dabei irgendwie nichts heraus, was irgendwie zur Lärmentlastung im Leipziger Nordwesten beiträgt.

Entsprechend grimmig klingt jetzt die neuerliche Anfrage von Dr. Gerd Naether zu „Fluglärmmessungen/Fluglärmmessstationen“. Die gibt es zwar. Aber nicht unbedingt da, wo die Lärmbelastung für einige Gemeinden besonders stark wird und wo vor allem die diversen Abweichungen bei den Flugrouten zu erhöhter Lärmbelastung für einzelne Siedlungsteile werden. Aber wie will man die Auswirkungen neuer Flugrouten messen, wenn man genau das nicht mit Messstationen untersetzt?

Vor allem werden die Fluglärmbetroffenen im Norden immer unruhiger, je öfter sie Ausreden hören, dies und jenes ginge nicht, obwohl es am größten deutschen Flughafen in Frankfurt/Main schon längst geübte Praxis ist.

Und Messstellen, die unabhängig vom Flughafenbetreiber unterhalten werden, gibt es in Frankfurt schon lange. Auch weil die betroffene Bevölkerung durch ihre Stadt direkte Schützenhilfe bekam, damit diese Messstellen nicht nur eingerichtet werden, sondern auch die Daten öffentlich einsehbar sind.

„Fraport am Frankfurter Flughafen betreibt derzeit 28 stationäre Messstellen; das Umweltamt der Stadt Frankfurt noch einmal 6 stationäre Messstellen im Stadtgebiet. Die Messwerte werden vom DFLD im Internet veröffentlicht“, stellt dazu Thomas Pohl fest, der als Einwohner von Rackwitz von der nächtlichen Fliegerei und auch von der „kurzen Nordabkurvung“ direkt betroffen ist. „Die Fluglärmkommission am Fracht- und Militärflughafen Leipzig/Halle sieht unter Ihrem Vorsitz hier bei lediglich zwei neu beantragten stationären Messstellen, und hier insbesondere in Rackwitz/Podelwitz, dem wahrscheinlich lautesten Standort ‚keinen Erkenntnisgewinn und somit auch keine Erfordernis‘?! Der Flughafen Leipzig/Halle hat mit 10 stationären Messstellen eh schon mit die wenigsten Messgeräte.“

Wie genervt er ist von der Verweigerungshaltung der Fluglärmkommission, macht er in einem Schreiben an deren Vorsitzenden Manfred Heumos deutlich: „Haben Sie überhaupt ein Interesse daran, an der unzumutbaren und gesundheitsschädigenden Lärm-Situation der Flughafenanwohner irgend etwas zu ändern, oder wollen Sie lediglich Ihre Ruhe vor den Anwohnern mit ihren Anträgen haben und sich weiter ungehindert der Wirtschafts-Lobby fügen? Nicht nur der nächtliche unerträgliche Fluglärm macht krank, auch die inakzeptable ‚Arbeit‘ der Leipziger Fluglärmkommission. Ich werde meine vier Anträge zur nächsten FLK-Sitzung wieder einbringen und dabei die Öffentlichkeit mehr einbeziehen. Es kann und darf so nicht mehr weitergehen, dass hier von einer Pseudo-Fluglärmkommission stets sämtliche Anträge von Fluglärmbetroffenen abgelehnt werden. Der Schutz der Anwohner vor Fluglärm hat Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen des Flughafens Leipzig/Halle!!!“

Aber die Fluglärmkommission könnte so nicht agieren, wenn die Stadt Leipzig diese Taktik nicht mittragen würde.

Und genau das thematisiert Gerd Naether jetzt mit seiner Anfrage in der nächsten Ratsversammlung: „Herr Bürgermeister Rosenthal hatte vor geraumer Zeit im Rahmen der Beantwortung einer Einwohneranfrage zum Thema Fluglärm die Ergebnisse der von Bürgerinitiativen betriebenen Fluglärmmessstationen indirekt infrage gestellt. Daraufhin stellte die Bürgerinitiative ‚Gegen die neue Flugroute‘ im Februar diesen Jahres im Dialogforum Flughafen Leipzig-Halle den Antrag, das Dialogforum möge beschließen, die Stadt Leipzig aufzufordern, eigene Messstationen über den Deutschen Fluglärmdienst e.V. (DFLD) zu betreiben, und zwar nicht über den Flughafen und nicht mobil, sondern fest. Ein Beschluss kam nicht zustande, da sich der Vertreter des Flughafens quer- und die Leiterin des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig sich dem Anliegen nicht im gebotenen Maße stellte.“

Auch er betont, dass das in Frankfurt, was ja eigentlich auch ein Vorbild für Leipzig sein könnte, längst gängige Praxis ist: „Die Stadt Frankfurt/Main betreibt 6 Fluglärmmessstationen über den DFLD. Das Umwelt- und Nachbarschaftshause (UNH) in Frankfurt/Main betreibt darüber hinaus weitere. Und dies, obwohl für Frankfurt ein weitgehendes Nachtflugverbot besteht!“

Und dann will er doch gern wissen, warum Leipzigs Verwaltungsspitze bei dem Thema einfach abtaucht: „Bestehen für die Stadt Leipzig objektive Gründe, sich einem ähnlichen Modell wie in Frankfurt zu verschließen? Wenn ja, welche? Hat die Leiterin des Amtes für Umweltschutz, Freifrau von Fritsch, in Auswertung des Dialogforums Flughafen Leipzig-Halle den OBM über das Anliegen der Bürgerinitiativen zur Einrichtung stationärer Messstationen informiert?“

Das möchte er schon gern mündlich beantwortet haben. Aber vielleicht haben ja auch ein paar Ratsfraktionen einmal den Mumm, so ein Bürgeranliegen mit einem eigenen Antrag zu unterstützen.

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Ein ewiges Desaster, wo jeder mit Vernunft begabte Mensch fragt:
Wer passt eigentlich auf solche Institutionen auf?

Ohne das zu befürworten: Ich kann so langsam nachvollziehen, das manche Bürger wesentlich radikaler denken und das auch zum Ausdruck bringen.

Hier funktioniert Demokratie nicht mehr!
Nur noch zum Wohle der Wirtschaft.

Gibt es die Anfrage auch als PDF?

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