Da ist man schon ab und zu geneigt, einfach ein Ortseingangsschild als Bebilderung zu nutzen: Markkleeberg. Große Kreisstadt gleich am Leipziger Südrand. Man freut sich dort ebenso wie in Leipzig über wachsende Bevölkerungszahlen. Aber ist das nicht eigentlich eins? Gehört die kleine Stadt am See nicht zwingend zur wachsenden Metropolstruktur?

Und die wird nun einmal vorangetrieben von der großen Stadt Leipzig in der Mitte. Die ist im Jahr 2014 ganz offiziell nach den aktuellen Daten aus dem Statistischen Landesamt von 531.562 Einwohnern auf 544.479 gewachsen, ein Plus von 2,4 Prozent. Und schon seit ein paar Jahren hat sich angedeutet, dass davon auch wieder alle Städte im direkten Einzugsbereich Leipzigs profitieren. Wer nicht unbedingt in der dicht bebauten Großstadt eine Wohnung sucht und ein paar etwas längere Arbeitswege mit Auto oder neuerdings S-Bahn auf sich nimmt (Straßenbahn ist ja augenscheinlich nicht so beliebt), der sucht sich was in Markkleeberg, Markranstädt, Taucha oder auch ein bisschen weiter weg wie in Zwenkau oder Borna.

Für gewöhnlich haben sächsische Kommunen jenseits der drei Großstädte ein Minus vor der Bevölkerungsentwicklung stehen. Noch immer wandern die jungen Sachsen aus den ländlichen Regionen ab. Und die sächsische Staatsregierung hat kein Mittel dagegen, begreift nicht mal den ÖPNV als stabilisierendes Element. Was dann zumindest den Stadtrandkommunen der Großstädte weiter Wachstum beschert.

Die Einwohnerzahl von Markkleeberg hat im Jahr 2014 wieder die 24.000er-Marke überschritten, hört man die Freude aus dem Markkleeberger Rathaus.

Nach Angaben des statistischen Landesamtes lebten zum Stichtag 31. Dezember 2014 insgesamt 24.110 Menschen (12.602 weiblich, 11.508 männlich) in der Großen Kreisstadt und den zu ihr gehörenden Ortsteilen. Damit hat die Stadt Markkleeberg erstmals seit dem Zensus im Jahr 2011, der ihr auf dem Papier einen Verlust von rund 800 Einwohnern bescherte, wieder mehr als 24.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Im Jahresvergleich ist das ein Plus von 0,7 Prozent.

Laut Statistischem Landesamt gab es im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 170 Einwohnerinnen und Einwohner. Konkret: Zum Stichtag 31. Dezember 2013 verzeichneten die Statistiker für Markkleeberg insgesamt 23.940 Einwohnerinnen und Einwohner. Das heißt: Damit fällt das Plus in der Einwohnerzahl im Jahr 2014 mehr als doppelt so hoch aus wie im Jahr 2013, stellt man im Markkleebeger Rathaus erfreut fest. 2013 erhielt die Stadt Markkleeberg unterm Strich 71 neue Einwohnerinnen und Einwohner. Zum Stichtag 31. Dezember 2012 bescheinigte das Landesamt der Stadt Markkleeberg 23.869 Einwohnerinnen und Einwohner.

Und dann kommt man zur Begründung der Entwicklung – und das ist dann schon erstaunlich zu lesen: “Für den Zuwachs gibt es drei Gründe. Markkleeberg ist nach wie vor Zuzugsgebiet. Im Jahr 2014 stehen 1.330 Zuzügen insgesamt 1.123 Fortzügen gegenüber. Das sind mehr Zuzüge als im Jahr 2013, aber auch mehr Fortzüge. Zum Vergleich: Zum Stichtag 31. Dezember 2013 verzeichnete das Statistische Landesamt 1.235 Zuzüge und 1.070 Fortzüge für Markkleeberg.”

„Besonders erfreulich ist, dass in Markkleeberg die Zahl der Geburten steigt“, sagt Oberbürgermeister Karsten Schütze. 2013 gab es in der Großen Kreisstadt 190 neue Erdenbürger, 2014 waren es 219. Karsten Schütze führt dies auf folgenden Umstand zurück: „In den Zahlen schlägt sich die Familienfreundlichkeit der Stadt Markkleeberg nieder.“ „Babygeld“ für Neugeborene, Kinderkrippen- und Kindergartenplätze und der fast 100-prozentige Grad der Sanierung der Schulen und Horte in Markkleeberg seien Indizien dafür.

Sherlock Holmes hätte an der Beweisführung sicher seine Freude. Oder rechnet man in Markranstädt, Taucha und Zwenkau genauso? Dann wäre das tragisch, würde aber erhellen, warum in der Region Leipzig nichts zusammengeht und nichts zusammenpasst. Man begreift sich einfach nicht als Metropolregion und sieht auch nicht die starken Vernetzungen zwischen der zentralen Großstadt, durch deren Entwicklung jetzt auch das direkte Umfeld mitgenommen wird. Und zwar so mitgenommen wird, dass es im Interesse aller Beteiligten sein müsste, diesen Wachstumskern zu stärken.

Aber irgendwie liegt Markkleeberg weit ab ganz allein in der Welt und wächst ganz aus eigener Kraft, wie es die Meldung aus dem Markkleeberger Rasthaus beschreibt: “Zugegeben, die Zahl der Sterbefälle ist für Markkleeberg noch größer als die Zahl der Geburten. Aber die Zahl der Sterbefälle ist gesunken. Für 2013 verzeichnete das Statistische Landesamt 292 Sterbefälle, 2014 waren es nur noch 258. – Die Zahl der Sterbefälle wird in Markkleeberg in zunehmendem Maße von der Zahl der Geburten aufgefangen. 2013 zählten die Statistiker 102 Sterbefälle mehr als Geburten. 2014 waren es nur noch 39 Sterbefälle mehr als Geburten.”

Und Oberbürgermeister Karsten Schütze: „Mehr Geburten für Markkleeberg – das ist eine gute Nachricht für die Stadt. Wir hoffen, dass sich dies zu einem Trend fortsetzt und die Zahl weiter steigt. Sicher, das stellt uns als Verwaltung zum Beispiel hinsichtlich des Baus von Kindertagesstätten vor neue Herausforderungen. Dieser Herausforderung stellen wir uns aber gern.“

Da ahnt man zumindest, wie wenig oder gar nicht man mit dem störenden Koloss nebenan über gemeinsame Infrastrukturen redet. Doch das ist beileibe kein Markkleeberger Problem allein. Das betrifft auch und zuerst die beiden Landkreise Leipzig und Nordsachsen, wo man sehr wohl mitbekommt, dass die peripher gelegenen Kommunen nach wie vor jedes Jahr an Bevölkerung verlieren, während die Kommunen im direkten Umfeld von Leipzig vom Bevölkerungswachstum in der Großstadt profitieren.

Auch Markranstädt hat 2014 immerhin 122 Einwohner hinzugewonnen – ein Plus von 0,7 Prozent. In Machern waren es 0,8 Prozent, in Borna 0,6 Prozent. In Espenhain bedeutete ein Bevölkerungszuwachs von 61 Köpfen sogar ein Plus von 2,7 Prozent. In Nordsachsen betrifft das Wachstum vor allem Orte wie Schkeuditz (+ 1,1 Prozent), Taucha (+ 2,7 Prozent) oder Krostitz (+ 0,5 Prozent).

Und das hat wirklich nicht viel mit der örtlichen Familienpolitik zu tun, sondern mit Strukturen und der Nähe zur Großstadt. Aber wenn es konkret wird für die Bevölkerung in der Region, dann heißt es aus den Lautsprechern: Grenze des Tarifgebiets erreicht, prüfen Sie die Gültigkeit Ihrer Fahrausweise.

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Es gibt 2 Kommentare

Das Verhältnis der Speckgürtelkommunen zu Leipzig ist schon eigenartig. Man lockt z. B. Unternehmen mit niedrigeren Gewerbesteuerhebesätzen (nachgewiesenermaßen erfolgreich, selbst erlebt) an, die sich dann statt in der Stadt Leipzig direkt vor den Toren der Stadt ansiedeln. Dadurch entzieht man dem Zentrum Steuereinnahmen, profitiert aber zugleich von dessen Vorzügen (Infrastruktur, Kultur, Sport etc.), ohne die die Randkommune ungefähr so attraktiv wäre wie eine Wüstung in Brandenburg…
Ganz nebenbei konterkariert das die Bestrebungen, den MIV zu reduzieren, da diese Gewerbegebiete oft schlecht mit den ÖPNV erreichbar sind und wenn, dann eben außerhalb der Zone 110 liegen, denn die meisten Menschen, die da arbeiten, kommen eben doch aus Leipzig und nicht den Randkommunen…

Markkleeberg wächst nur durch Leipzig!

In meinem Umfeld ist mir das schon aufgefallen; man kann dort für gutes Geld ‘ne schöne Villa kaufen oder eine attraktive Wohnung finden, um einem Ghetto in L.E. zu entfliehen. Man präsentiert sich gern in gutem Umfeld – aber Nähe zu Leipzig. Natürlich gibt es trotzdem das zu erwartende Gejammer über die Wege nach Leipzig hinein (letzte S-Bahn *jaul*), weil das möchte man natürlich nicht missen…

Gäbe es Leipzig und seine Arbeitsstätten nicht, wäre Markkleeberg ziemlich verloren! Man profiliert sich hier auf Kosten der Leipziger, daher ist die einsame Entscheidung z.B. über die Linie 9 ein unerhörter Affront!
Allerdings sitzen in L.E. dummfaule Witzfiguren an den entscheidenen Stellen – es hätte einen Riesenaufschrei geben müssen! Man lässt solch eine Entwicklung einfach gewähren.

Und ich wage die These, dass ein Großteil des Auto-Individualverkehrs in L.E. durch Markkleeberg hervorgerufen wird. Gut situiertes, wohlhabendes Volk. Mit mindestens einem Auto. Zum Fahren dorthin, was es in Markkleeberg alles nicht gibt.

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