Das wollte die L-IZ dann doch etwas genauer wissen, wie die Uferflächen am Zwenkauer See zur Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG gekommen sind. Hatte denn die Stadt Leipzig nie ein Interesse am Erwerb der Flächen? Nein, wirklich nicht. Tatsächlich hat der Zweckverband "Neue Harth" die Flächen 2005 erworben, sie aber dann zum "aktuellen Verkehrswert" an die SSZ weiterverkauft.
Geschäftsführer des Zweckverbandes Neue Harth, Heinrich Neu: “Die SSZ hat die Flächen rund um den See 2005 vom Zweckverband ‘Neue Harth’ erworben. Zuvor hatte der Zweckverband die Flächen von der LMBV erworben.”
Die SSZ ist die Sächsische Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG. Der Zweckverband Neue Harth ist die Entwicklungsgemeinschaft der beiden Anrainer des Zwenkauer Sees – der Stadt Zwenkau und der Stadt Leipzig. Beide wollten 2005 die Entwicklung des Sees nicht in die eigenen Hände nehmen, auch weil die dafür notwendigen Mittel im Haushalt nicht darstellbar waren. Sie haben einen privaten Entwickler für die Uferplanungen gesucht und mit der SSZ gefunden.
Heinrich Neu: “Der Zweckverband ‘Neue Harth’ suchte seit 2004 zusammen mit der Stadt Zwenkau einen Gesamtinvestor für den Zwenkauer See, der sich sowohl für die Entwicklung des Hafengebietes in Zwenkau als auch um die Gesamtentwicklung des Sees einschließlich der Landschaftsflächen / Wald interessierte. Die Vorgaben für die Entwicklung resultierten aus dem Masterplan ‘Zwenkauer See’ von 2004. – Die Investorensuche war allgemein bekannt. – Ein heutiger Gesellschafter der Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG wurde über seine Kontakte in die Region, die Entwicklung von Belantis und die Entwicklungspotentiale des Masterplans ‘Zwenkauer See’ von 2004 auf den Standort aufmerksam und interessierte sich für eine Projektentwicklung. Vor diesem Hintergrund wurde ein Kaufinteresse signalisiert.”
Nicht alles ist in den Protokollen des Zweckverbands “Neue Harth” nachlesbar. Man ging zwar sehr ausführlich auf die Parkplatzprobleme von “Belantis” ein, gab auch im Protokoll der Mai-Sitzung 2005 eine recht umfassende Skizze des (damaligen) Masterplans für den Zwenkauer See, hielt sich aber mit Aussagen über den Kauf der Ufergelände von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) komplett zurück und hielt auch die Aussagen zum Weiterverkauf an die SSZ denkbar knapp.
“Mit der Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH (SSZ) konnte ein Unternehmen gefunden werden, welches bereit ist, in die Entwicklung des Zwenkauer Sees zu investieren. Wichtig sei, dass Freizeit und Natur zukünftig nicht mehr als Konkurrenten betrachtet würden (‘sowohl – als auch’ statt ‘entweder – oder’). Der vorliegende Masterplan bilde keine rein theoretische Plangrundlage, sondern sei Ergebnis einer umfassenden, auch wirtschaftlichen Betrachtung und baue auf konkrete Vorhaben auf”, heißt es im Mai-Protokoll.
Beim damaligen Masterplan ist es ja bekanntlich nicht geblieben, obwohl das Protokoll auch noch vermerkt: “Bei der Planung waren zu berücksichtigen: (…) die Interessen des Unternehmens, welches dort investieren möchte.”
Verkauf ohne Ausschreibung
Gab es eigentlich eine Ausschreibung der Flächen, wollte die L-IZ wissen. “Es hat keine Ausschreibung gegeben. Die Flächen wurden nach Kaufantrag zum Verkehrswert mit einer Mehrerlösklausel für die LMBV veräußert”, sagt Heinrich Neu. “Die Stadt Leipzig hatte selbst keine Erwerbsabsichten an ehemaligen Kippenflächen.”
Im Juli 2005 vermerkt das Sitzungsprokoll des Zweckverbands “Neue Harth” dann knapp: “Der Kaufvertrag I zwischen LMBV und Neue Harth GmbH wurde bereits vom Aufsichtsrat der LMBV bestätigt. Derzeit erfolgen noch Anpassungen der für den Vertragsabschluss erforderlichen Kartengrundlagen. Derzeit wird der Kaufvertrag II zwischen Neue Harth GmbH & SSZ GmbH endverhandelt.”
Im Oktober 2005 vermerkt das Protokoll dann immer noch keinen Kauf oder Verkauf, nur den Plan, dass “die Grundstücksflächen oberhalb der Hochwasserlinie (…) vom Zweckverband erworben und an die Sächsische Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG (SSZ) weiter veräußert werden sollen.” Zu dem Zeitpunkt interessierte sich zum ersten Mal ein Leipziger Stadtrat für die SSZ – der Linke-Stadtrat William Grosser. Er erfuhr zumindest, “dass es sich bei der SSZ um eine Gruppe von mittelständischen Unternehmen aus dem Raum Trier mit einem Jahresumsatz von ca. 80 Mio. Euro handele”.
Jürgen Kurth, der Geschäftsführer der Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH (SSZ) betonte, “dass ein Masterplan in dieser Qualität und mit dieser Aussagekraft in Deutschland einzigartig sei und genau dies der Grund gewesen sei, weshalb sich die SSZ für den Investitionsstandort Zwenkauer See entschieden habe”.
Das scheint auch William Grosser genügt zu haben – die Verbandsversammlung stimmt Kauf und Verkauf zu. Im März 2006 bei der nächsten Versammlung der fünf Verbandsvertreter wird das Verkaufsprojekt nicht mehr erwähnt. Irgendwann zwischen Oktober 2005 und März 2006 muss der Flächenwechsel also bewerkstelligt worden sein. Der Leipziger Stadtrat wurde im September 2005 darüber informiert.
“Die LMBV als bundeseigenes Unternehmen ist verpflichtet ihre Liegenschaften zum Verkehrswert zu veräußern. Die Standortkommunen besitzen für ihre jeweiligen Gemarkungen Vorkaufsrechte”, heißt es in der 14seitigen Informationsvorlage, in der es vor allem um die künftige Beplanung des Nordufers ging. “Zur Sicherung und Koordination der o.a. Entwicklung hat der ZV Neue Harth zum einen die Grundstücksflächen durch Kaufvertrag gesichert und zum anderen ein privatwirtschaftliches Unternehmen akquiriert, welches bereit ist, gemeinsam mit dem ZV Neue Harth zukünftig die Gesamtentwicklung und Betreibung des Gebietes nachhaltig umzusetzen.”
Abgestimmt hat der Stadtrat über das Verfahren also nicht, aber auch keine Bedenken vorgetragen. In der Informationsvorlage ist auch die Größe der Flächen benannt, die die SSZ erwarb: “Der Grunderwerb des Zwenkauer Sees vollzieht sich in zwei Losen. Los 1 umfasst die Landfläche, welche oberhalb der Hochwasserlamelle von 115,6 m ü. NN liegt. Die Gesamtverkaufsfläche von Los 1 beträgt ca. 495 ha. Los 1 ist unterteilt in zwei Unterlose. Das Los 1.1 umfasst die am Nordstrand und im Stadtgebiet von Zwenkau zu entwickelnden Flächen. Los 1.2 sind die verbleibenden Uferbereiche.”
Das Gebiet Nordstrand wurde jetzt noch einmal neu beplant.
Das ist der Masterplan, der in der vergangenen Woche vorgestellt wurde. Nach zehn Jahren hatten sowohl SSZ als auch der Zweckverband “Neue Harth” das Gefühl, dass die großen Hotelpläne von 2005 so nicht mehr umsetzbar sind.
Heinrich Neu: “Die Gestaltung des Nordufers ist durch einen öffentlich ausgeschriebenen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb entwickelt worden. Der Wettbewerb wurde vom ZV ‘Neue Harth’ ausgelobt. Das Ergebnis findet sich auf der Internetseite des Zweckverbandes ‘Neue Harth’. Das Preisgericht war auch mit Vertretern der Stadt Leipzig besetzt. Die Vorgaben für den Wettbewerb wurden durch den Auslober vorgegeben. Jedoch ging hier eine intensive Diskussion mit unterschiedlichen Beteiligten sowie maßgeblich auch dem Flächeneigentümer der SSZ voraus. Die Gesamtentwicklung des Areals wird nur möglich, wenn es gelingt, öffentliche und private Interessen in Einklang zu bringen und eine maßgebliche private Finanzierung für die öffentliche Infrastruktur abzusichern.”
Nicht immer wird ja verraten, wieviel Geld eingesetzt wurde, in diesem Fall gab Heinrich Neu bereitwillig Auskunft: “Die Entwicklung des Masterplans hat in Summe 80.000 Euro gekostet. Auftraggeber war der Zweckverband ‘Neue Harth’. Die Sächsische Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG hat 50 Prozent der Kosten übernommen, da sie an Teilflächen des Verbandsgebietes ein Eigeninteresse an der Entwicklung besitzt.”
Musste Leipzigs Stadtrat noch einmal eingebunden werden? Nein, sagt Heinrich Neu: “Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes, die zur Hälfte mit Leipziger Stadträten besetzt ist, hat die Durchführung des Ideenwettbewerbs und die Aufstellung des Masterplans beschlossen. Die Stadt Leipzig hat für das Verbandsgebiet ihre Hoheit für Planung und Erschließung auf den Zweckverband übertragen.”
Natürlich wollte die L-IZ auch wissen, wie bindend der Masterplan jetzt ist – insbesondere für die SSZ, die das Ganze ja mit ihren Mitteln umsetzen muss.
Heinrich Neu: “Die Stadt Leipzig nimmt durch die Baubürgermeisterin Frau Dorothee Dubrau als stellvertretende Verbandsvorsitzende sowie die Leipziger Verbandsräte Einfluss auf die Entscheidungen des Zweckverbands. Entscheidungen werden überdies nur gefasst, wenn die Städte Leipzig und Zwenkau einstimmig votieren. Die SSZ muss sich sehr wohl an den mit dem Masterplan vorgegebenen Entwicklungsrahmen halten und will dies auch. Das erforderliche Baurecht für die konkrete Entwicklung wird dann über einen bzw. mehrere Bebauungspläne geschaffen werden müssen, die öffentliche Beteiligungsverfahren beinhalten.”
Protokoll der Mai-Sitzung 2005.
Protokoll der Juli-Sitzung 2005 des ZV Neue Harth.
Keine Kommentare bisher
Es ist sehr interessant zu verfolgen, wie sich die L-IZ bzw. Herr Julke an diese doch zum Teil sehr komplizierte Thematik “ZV Neue Harth” herantastet. Falls weitere Beiträge folgen, bin ich bereits jetzt darauf gespannt. Liegt auf diesen Territorium nicht der Vergnügungspark “Belantis”?!?!