Eigentlich liegt es nicht in der Hand des Leipziger Umweltbürgermeisters, den Elster-Saale-Kanal bis zur Saale zu bauen. Die fehlenden 7,8 Kilometer liegen auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt. Und das hat sich schon strikt verwahrt, für das 106-Millionen-Euro-Projekt Geld zu geben. Trotzdem tat Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am 2. Juli so, als könne er den Kanal einfach herbeibauen.

In der Pressemitteilung der Stadt wurde das Thema nur gestreift. Aber im Aufmacher des am 11. Juli erschienenen “Amtsblatts” der Stadt kannte der Bürgermeister kein Halten mehr. “Die Wasserverbindung über Saale und Elbe bis nach Hamburg, die sich Industriepionier Karl Heine einst ausgemalt hatte, bleibt noch eine Vision”, liest man da. “Eine 75 Meter lange Landsperre nördlich des Hafens und ein sieben Kilometer langer Kanal bei Leuna fehlen dazu. Allerdings ist der erste Schritt gemacht. Und dies ist ein historischer.”

Und Heiko Rosenthal wird zitiert mit den Worten: “Den Hafen ohne Wasseranschluss gibt es nicht mehr.”

Es ist wie beim Tennis: Die Kanalbefürworter aus Halle spielen sich mit den Kanalbefürwortern aus Leipzig die Bälle zu, sie machen alle auf ihre Weise Lobbyarbeit. Leipzig lässt sich ein “Wassertouristisches Gesamtkonzept” (ganzer Titel: “Tourismuswirtschaftliches Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im Mitteldeutschen Raum (TWGK)”) schreiben, in dem der Kanal als “Leuchtturmprojekt” auftaucht, die Hallenser machen Druck in Magdeburg, damit der Zugang von der Saale zur Elbe schifffahrtsmäßig ausgebaut wird. Der Schleusenkanal Tornitz ist aktuell das Projekt, mit dem die Befürworter sich erhoffen, Bundesmittel für den Ausbau der unteren Saale zu bekommen, um hier Lastkähne bis nach Halle fahren zu lassen. Der Ausbau der unteren Saale steht seit 2003 im Bundesverkehrswegeplan. Aber auch im Bundesverkehrswegeplan 2015 steht der “Bau eines Saalekanals bei Tornitz / Herstellung einer wirtschaftlichen Befahrbarkeit auf Relationen über die Elbe bis zum Hafen Halle” noch immer als zu untersuchendes Projekt.

Übrigens in Gesellschaft einiger anderer Wasserbauprojekte, die in den letzten Jahren untersucht wurden und ausgeschieden sind. Der Bund konzentriert sich nun schon seit ein paar Jahren auf den Erhalt und die Verbesserung der funktionierenden Wasserstraßen in Deutschland. Dass sich der Ausbau der Saale im Zeitalter von Bahn und Lkw als wirtschaftlich erweisen sollte, dürfte sich wohl bei einer Untersuchung als Trugschluss erweisen.

Erstens ist der Ausbau im Unterbereich nur für Schiffe bis 1.000 und 1.350 Tonnen konzipiert – eine aussterbende Größenklasse. Heute dominieren 2.500-Tonnen-Lastkähne die Binnenschiffahrt. Und selbst für diesen für den Lastentransport völlig unwirtschaftlichen Ausbau sind die Kostenschätzungen mittlerweile bei 150 Millionen Euro angelangt.

“Die Errichtung eines sogenannten Schleusenkanals Tornitz, was eine klare Ausbaumaßnahme der Saale darstellt, ist nach der Auffassung des Arbeitskreises Hallesche Auen-wälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) ein weiterer erschreckender Ausdruck der Ignoranz der klaren Fakten und Tatsachen in Sachen Ökonomie, Ökologie und Klimaschutz”, kommentiert das Andreas Liste, Vorsitzender des AHA. “Daher hält es der AHA für dringend geboten das Vorhaben Saale-Elbe-Kanal nun endlich sowie endgültig zu stoppen und nicht weiter unnütz Steuermittel und personelle Ressourcen dafür einzusetzen.”

Einladung zur Radtour am 25. Juli

Aber am besten lernt man ja durch Augenschein. Der AHA führt deshalb am Samstag, 25. Juli, eine fünfstündige Fahrradexkursion zum Mündungsgebiet der Saale in die Elbe durch. Als Route ist folgende ca. 25 km lange Strecke vorgesehen: von Schönebeck (Elbe) über Gnadau, Calbe (Saale) mit Standort für geplanten Kanalbeginn, Tornitz nach Barby (Elbe) am Elbe-Saale-Camp unweit der Fähre. Die Fahrradexkursion beginnt um 08:00 Uhr am Salzblumenplatz in Schönebeck (Elbe).

Leipzigs nächste Kanalinvestition: 8,5 Millionen Euro

Die fehlenden 75 Meter, die Heiko Rosenthal erwähnt hat, sind übrigens die Strecke vom Lindenauer Hafen zum Anschluss an den existierenden Teil des Elster-Saale-Kanals. Diesen Durchstich samt Neubau der Lyoner Brücke will die Stadt Leipzig ab 2018 für 8,5 Millionen Euro in Angriff nehmen, auch eine Marina für 2,7 Millionen Euro im Lindenauer Hafen will sie bauen. “Dem Meer ein Stück näher” titelte das “Amtsblatt”, als wäre der Leipziger Umweltbürgermeister ganz persönlich Vorsitzender eines Elster-Saale-Schifffahrtsvereins und der in ersten Schätzungen 106 Millionen Euro teure Kanalausbau bis zur Saale wirtschaftlich irgendwie darstellbar. Aber mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit ist es auch im bestellten “Wassertouristischen Gesamtkonzept” nicht weit her.

Die Einladung des AHA zur Radtour und die Argumente gegen einen Tornitz-Kanal.

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