LeserclubDa hat der Ökolöwe Leipzig augenscheinlich eine echte Leerstelle erwischt, als er in Reaktion auf die Streichpläne für die Linie 9 in Markkleeberg vorschlug, für diese Straßenbahnlinie doch einfach eine neue Gleistrasse durch den Westen Markkleebergs zu bauen, die den Cospudener See gleich zwei Mal auch für Fahrgäste aus Leipzig erschließt. Bislang haben die Verantwortlichen daran gar nicht gedacht.

Das bestätigt jetzt auf L-IZ-Nachfrage Brigitte Laux, persönliche Referentin von Landrat Dr. Gerhard Gey im Landkreis Leipzig, zu dem Markkleeberg gehört. Dass Markkleeberg ein neues Verkehrskonzept brauchen würde, das war schon vor fünf Jahren klar, als zuletzt über eine Stilllegung der Linie 9 in Markkleeberg diskutiert wurde. Damals noch völlig offen, weil nicht abzusehen war, welchen Einfluss die neue S-Bahn ab 2014 auf die Fahrgastzahlen in Markkleeberg haben würde. Aber auch damals spielten die Verantwortlichen mit dem Gedanken, die Straßenbahn durch einen Bus zu ersetzen.

“Der Nahverkehrsplan des Landkreises Leipzig 2010 bis 2015 sieht vor, nach Inbetriebnahme des City-Tunnels und Einführung des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes ein Stadtverkehrskonzept für die Stadt Markkleeberg zu erstellen”, beschreibt Brigitte Laux den aktuellen Stand der Dinge. “Der Landkreis Leipzig hat dies in Abstimmung mit der Stadt Markkleeberg 2014 in Auftrag gegeben. Auftragnehmer ist der Mitteldeutsche Verkehrsverbund. Dieser hat in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Leipzig, der Stadt Markkleeberg, der Stadt Leipzig, dem Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig  sowie den Verkehrsunternehmen LVB, Regionalbus Leipzig sowie der Deutschen Bahn mehrere Lösungsvorschläge für eine zukünftige Verkehrsführung in der Stadt Markkleeberg erarbeitet und bewertet.”

Welche, das wird noch nicht verraten, betont sie: “Das ergebnisoffene Konzept liegt den am Erarbeitungsprozess Beteiligten vor. Mitte April sollen sich in einer Abstimmung die einzelnen Akteure zu der von ihnen favorisierten Variante positionieren. Danach wird das Konzept in der Öffentlichkeit vorgestellt.”

Aber kann es denn vorgestellt werden, wenn der Vorschlag des Ökolöwen noch gar nicht drin vorkommt?

So kann die neue Linienführung zum Cospudener See nach Vorschlag des Ökolöwen aussehen. Foto: Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.
Foto: Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V.

Dass Sanierungsbedarf auf der alten Strecke der Linie 9 durch Markkleeberg besteht, bezweifelt ja niemand. Hier ist seit Jahrzehnten nicht mehr wesentlich investiert worden – auch weil die ebenerdige Querung der Bahngleise in Markkleeberg-Mitte nicht mehr zukunftsfähig ist. Wer für Markkleeberg-West eine Straßenbahnanbindung denkt, muss auf die alte Gleisführung sowieso verzichten. Auch deshalb, weil sie in Teilen direkt parallel zur S-Bahn-Strecke führt.

Laut Aussagen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), die die Straßenbahnlinie betreiben, liegt die Höhe der Investitionen für die Gleise auf dem Gebiet des Landkreises bei 8,2 Millionen Euro.

Und es steht auch fest: Eine neue Linienführung für die Straßenbahn in Markkleeberg-West wurde für das neue Nahverkehrskonzept nicht geprüft. Das verblüfft schon, denn das, was der Ökolöwe mit der Bahn zum Cospudener See vorschlägt, ist ja ein zentrales Anliegen im Erschließungskonzept für das Leipziger Neuseenland.

“Das Konzept liegt uns erst seit der vorletzten Woche vor. Die hier aufgezeigte Variante ist uns neu und muss noch geprüft werden. Dies wird also noch etwas Zeit beanspruchen. Der Vorschlag wird im Rahmen der Variantendiskussion im April mit thematisiert”, betont Brigitte Laux.

Da der Vorschlag für die Planer tatsächlich neu zu sein scheint, gibt es auch noch keine Kostenkalkulation und auch keine Prognosen zu möglichen Fahrgastpotenzialen.

Und genau an der Stelle werden wieder die Probleme der die Stadtgrenzen überschreitenden Verkehrsanbindungen sichtbar. Im Landkreis Leipzig ist man sich durchaus bewusst, dass man eigentlich eine deutlich bessere ÖPNV-Vernetzung des Neuseenlandes mit der Großstadt Leipzig braucht. Doch das Verkehrskonzept für Markkleeberg hat man trotzdem so entwickelt, als ginge es vor allem um die Verbindungen innerhalb der zusammengewürfelten 25.000-Einwohner-Stadt im Leipziger Süden.

Oder mit den Worten von Brigitte Laux: “Bei der Erarbeitung des Verkehrskonzeptes für Markkleeberg wurde die  touristische Erschließung des Neuseenlandes immer mit diskutiert. Es wurde jedoch auch deutlich, dass eine umfassende Betrachtung über die Aufgabenstellung (Stadtverkehrskonzept) hinausgeht.”

Und sie betont zu recht: “Die verkehrliche Erschließung des Neuseenlandes kann nicht auf das Stadtgebiet von Markkleeberg beschränkt bleiben. Der touristische Verkehr ins Neuseenland  muss in die verkehrliche Erschließung der gesamten Gewässerlandschaft des Mitteldeutschen Raumes eingebunden werden. Eine gute Arbeitsgrundlage mit Potentialabschätzungen dafür ist das ‘Tourismuswirtschaftliche Gesamtkonzept’ des Grünen Ringes.”

Dieses wurde erst im Februar 2015 vorgestellt, konnte also in die Verkehrskonzeption für Markkleeberg noch gar nicht einfließen. Da kann man jetzt gespannt sein, was im April überhaupt an Varianten vorgestellt wird. Denn wenn selbst diese eigentlich schon im Beteiligungsprozess um die “Charta Leipziger Neuseenland 2030” vorgebrachte Erwartung der Bürger nach einer besseren ÖPNV-Anbindung des Neuseenlandes jetzt erst in den politischen Gremien thematisiert wird – wie sinnvoll kann dann das derzeit diskutierte Varianten-Angebot überhaupt sein?

Vor allem, weil die Planer auch mit einer Scheuklappensicht in die Variantenplanung gegangen sind. Denn eine neue Gleisführung für die Linie 9 wurde ja nicht verworfen, weil sie sinnlos wäre, sondern weil man von vornherein annahm, sie wäre zu teuer. Brigitte Laux: “Da für alternative Streckenführungen jeweils auch ein Gleisbett vorhanden sein muss, wurde eine solche Diskussion vor dem Hintergrund der dafür erforderlichen Investitionskosten weder als realistisch noch als zielführend eingestuft.”

Aber da es keine Prognosen für ein zu erwartendes Fahrgastaufkommen für eine Seen-Bahn gibt, ist es zumindest fraglich, ob diese Begründung zu halten ist. Die diskutierten Varianten mit der Buslinie 70 könnten sich durchaus als völlig unattraktiv erweisen. Was ist dann realistisch? Eine Buslinie, die eher zum Umsteigen aufs eigene Auto animiert? Oder eine Straßenbahnlinie, die völlig neue Nutzer generiert und einen Großteil des Autoverkehrs zum Cospudener See völlig überflüssig macht?

Geprüft hat es, so bestätigt Brigitte Laux, niemand.

Es liegt also jetzt an den politischen Gremien, die Planer damit zu beauftragen, auch für die Straßenbahn ein realistisches Konzept zu erstellen. Der Stadtrat Markkleeberg und der Kreistag des Landkreises Leipzig sind die Auftraggeber – und sie wären schlecht beraten, wenn sie wieder nur ein Nahverkehrskonzept akzeptieren, das irgendwie ein bisschen Busverkehr im Neuseenland und quer durch Markkleeberg absichert, ohne die erheblichen Fahrgastpotenziale aus Leipzg sinnvoll zu erschließen. Ist ja nicht so, dass die Leipziger nur zum Baden ins Neuseenland fahren – sie geben hier auch Geld aus für die so gern gefeierte Touristik-Wirtschaft – sei es im Kanupark Markkleerberg, sei es auf den Fahrgastschiffen, bei Bootsausleihen, in Cafés und Restaurants.

Bislang ist das ganze ÖPNV-Konzept so gestrickt, dass es niemanden wirklich einlädt, mit Bahn und Bus ins Neuseenland zu fahren. Und die Markkleeberger selbst wundern sich schon, wie wenig das eigene Stadtverkehrskonzept wirklich gute Anbindungen an das Leipziger ÖPNV-Netz schafft. Abgesehen von der nun zur Streichung vorgesehenen Linie 9, die für den Westen Markkleebergs nach wie vor eine wichtige Ergänzung zur S-Bahn ist.

Erstaunlich ist, dass zwar die Streichung dieser Strecke schon öffentlich wurde, die Varianten, die künftig existieren sollen, aber noch in den Gremien diskutiert werden. Sowohl der Markkleeberger Stadtrat als auch der Kreistag des Landkreises wurden in öffentlichen Sitzungen über den aktuellen Stand der Arbeiten informiert, erläutert Brigitte Laux den aktuellen Stand der Dinge. “Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit der Erarbeitung und Diskussion der Varianten. Wenn hier die Experten zu einem Meinungsbild mit realistischen Kosten-Nutzen-Rechnungen gekommen sind, wird dieses wieder in den Gremien diskutiert.”

Kann man also gespannt sein, ob es die Planer in dieser kurzen Zeit auch noch schaffen, eine realistische Basis für den Vorschlag des Ökolöwen, die Linie 9 zum Cospudener See zu führen, fertigzustellen.

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Nachdem der Markkleeberger Stadtrat es letztes Jahr verbockt hat, die Verlängerung der Linie 11 bis zum Markkleeberger See zu beschließen (die LVB haben das aufgrund genügender Fördermittel quasi für gratis angeboten!), ist von dieser Stadt in puncto ÖPNV nicht mehr viel zu erwarten.

Man muss ja alle Fehler, die westdeutsche Kleinstädte in den 1960ern gemacht haben, haarklein wiederholen. Wie auch die Diskussion zu einer geplanten Fußgängerzone zeigt, will Markkleeberg weiterhin in der Vergangenheit leben.

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