Wie zerstört man die Einkaufsstrukturen im Herzen der Städte? - Man klotzt immer größere Einkaufscenter auf die Grüne Wiese. Und wenn die Städte nachrüsten und sich erholen, klotzt man weiter. Leipzig hat von dem Spiel, bei dem man seit Jahren endlich ein bisschen Land gewonnen hat, so langsam die Nase voll. Erst recht, weil Politiker aus Sachsen-Anhalt das Spiel gedankenlos immer weiter treiben. Motto: Die Leipziger Kaufkraft hätten wir schon gern.

Vor einem Jahr war die neue Erweiterungsrunde im Saale-Park (nun ja “Nova Eventis”) in Güntersdorf, das seit einiger Zeit zu Leuna gehört, Thema im Leunaer Stadtrat. Dazu gab’s in einer Stellungnahme aus Leipzig eine klare Ablehnung. Aber Leuna will sich jetzt Schützenhilfe seiner Landesregierung holen und will sich jetzt hochstufen lassen – vom Grundzentrum zu einem Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums. Letzteres halt nur, weil “Nova Eventis” jetzt zu Leuna gehört und Geld in die Stadtkasse spült. In Leuna selbst hat sich an den Einkaufsstrukturen gar nichts verändert. Auch die Leunaer fahren zum Shoppen in den Einkaufspark, der aus allen Himmelsrichtungen die Kaufkraft absaugt, insbesondere aus Leipzig, wo der Markt insbesondere für die westlichen Stadtviertel eine Attraktion ausübt.

Jetzt hat das Dezernat Planung und Bau für die Stadt Leipzig eine weitere Stellungnahme zum “Städtebaulichen Entwicklungskonzept zur Einzelhandelsentwicklung der Stadt Leuna” (Fassung vom 19.08.2014) vorgelegt. Der Tonfall ist schon deutlich schärfer geworden als in bisherigen Stellungnahmen.

Als Information an die Ratsfraktionen erläutert das Planungsdezernat: “Die Stadt Leipzig hat im Juli 2014 zum Entwurf des Konzeptbausteines zur Einzelhandelsentwicklung Stellung genommen. Dieser Konzeptbaustein war der erste Teil des ‘Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes’, zu dem die Stadt Leipzig zur Stellungnahme aufgerufen war. Da es sich hier um einen ersten Schritt zu einem Gesamtkonzept handelte, wurde die Stellungnahme von der Verwaltung erstellt und es erfolgte keine Gremienbeteiligung. Im jetzigen Verfahrensschritt liegt das ‘Städtebauliche Entwicklungskonzept’ im Gesamten vor und bedarf als fertiggestelltes Konzept der Beurteilung durch die Stadt Leipzig.”

Aufgrund der Erheblichkeit, die von diesem Konzept und der Umsetzung seiner Ziele zu erwarten ist, soll nun der Stadtrat über die Stellungnahme der Stadt Leipzig beschließen.

In Leuna geht es vor allem um den Bebauungsplan (B-Plan) Nr. 55 “Südfläche des Saaleparks”.

“Derzeit wird der B-Plan Nr. 55 ‘Südfläche des Saaleparks’ der Stadt Leuna erstellt. Hierzu hat die Stadt Leipzig im Juli 2014 erhebliche Bedenken geäußert”, stellt Leipzigs Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau fest. “Hierzu hatte der Stadtrat die Stellungnahme der Stadt in der Ratsversammlung vom 17. September 2014 beschlossen. Der B-Plan sieht unter anderem die Erweiterung des Möbelhauses Höffner und damit einhergehend die faktische Erhöhung der zentrenrelevanten Sortimente vor. Zwischenzeitlich liegt der aktuelle B-Planentwurf mit denselben Inhalten und Zielen vor. Auch hierzu wird die Stadt Leipzig weiterhin erhebliche Bedenken äußern (da weiterhin erhebliche Bedenken bestehen, wird die Stellungnahme ohne Beteiligung des Stadtrates versandt). In den B-Plan wurde ein Kapitel zur Anpassung des B-Planes an die Ziele der Raumordnung eingefügt. In diesem Kapitel werden die Ziele des Landesentwicklungsplanes Sachsen-Anhalt zur zentralörtlichen Einstufung der Stadt Leuna als fehlerhaft zustande gekommen erachtet. Es wird darauf abgestellt, dass die Ziele der Landesplanung, welche für die Stadt Leuna die Einordnung als Grundzentrum ansehen, als abwägungsfehlerhaft zustande gekommen sind. Es wird ausgesagt, dass die tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie durch den Saalepark bestehen, nicht in den Zielen der Landesplanung Beachtung finden.”
Irgendwie scheint man in Leuna also noch immer in den 1990er Jahren zu stecken und sein Einkaufscenter aufmotzen zu wollen, egal welche Schäden das in der Umgebung anrichtet. Tatsächlich passt der Einkaufs-UFO auch nicht in den Landesentwicklungsplan von Sachsen-Anhalt. Auch dessen Staatsregierung hat mittlerweile begriffen, wie die großen Einkaufscenter auf der “grünen Wiese” die Infrastrukturen der kleinen und größeren Städte negativ beeinträchtigen.

“Der Saalepark ist bisher in keinster Weise durch die Ziele der Landesplanung Sachsen-Anhalt tragbar. Um dieses zu umgehen, wird nun versucht, den Zielen des LEP ihre Richtigkeit abzusprechen und auf diesem Wege eine Einpassung des Saaleparks in die landesplanerischen Zielstellungen zu schaffen”, kommentiert Leipzigs Planungsdezernat den Leunaer Versuch, sich weiter zum Einkaufsparadies der Region aufzublasen. “Gleichzeitig wird von der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle der Sachliche Teilplan ‘Zentrale Orte, Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge sowie großflächiger Einzelhandel’ für die Planungsregion Halle erstellt. Auch hier ist zu befürchten, dass die Stadt Leuna eine Höherstufung im System der Zentralen Orte erlangen soll. Hier hat die Stadt Leipzig bereits den Hinweis gegeben, dass dies abgelehnt würde.”

Das ziemlich deutliche Fazit aus Leipzig: “Es zeigt sich, dass derzeit auf verschiedenen Ebenen versucht wird, den Saalepark durch Änderung der landesplanerischen Ziele oder gar durch deren grundsätzliche Infragestellung versucht wird, die Ziele der Landesplanung an den Saalepark anzupassen. Fakt ist, dass der Saalepark in keinster Weise den jetzigen Zielen entspricht.”

Die Stellungnahme werde durch das Dezernat VI sofort und fristgerecht versandt, teilt es mit, und die Stellungnahme dann dem Rat zum Beschluss vorgelegt. “Eine Behandlung der Vorlage im Stadtrat vor Versendung der Stellungnahme war zeitlich nicht möglich. Diese Vorgehensweise hat sich bei anderen größeren Einzelhandelsvorhaben in der Region als sinnvoll erwiesen.”

Der Inhalt der Stellungnahme in ihrer komprimierten Form: “Die Stadt lehnt die Höherstufung der Stadt Leuna im System der Zentralen Orte und die Ausweisung des Bereiches des Saaleparks als “Sonderstandort großflächiger Einzelhandel” ab. Hierdurch wären die Belange der Stadt Leipzig in erheblichem Maße beeinträchtigt.

Die Stellungnahme, wie sie ans Dezernat Stadtentwicklung und Bau der Stadt Leuna adressiert ist:

“Sehr geehrter Frau Noßke,

wir erhielten von Ihnen das Städtebauliche Entwicklungskonzept zur Einzelhandelsentwicklung in Leuna zur Stellungnahme gemäß § 4 Abs. 2 BauGB.

Die Stadt Leipzig hat erhebliche Bedenken gegen das Städtebauliche Entwicklungskonzept.

Wir möchten darauf hinweisen, dass unsere Stellungnahme vom 23.07.2014 zum ‘Konzeptbaustein zur Einzelhandelsentwicklung in der Stadt Leuna’ weiterhin Gültigkeit besitzt. Durch die aktuelle Fassung des Konzeptbausteines vom 19.08.2014 konnten unsere Bedenken in keinem Punkt ausgeräumt werden, da sich die inhaltlichen Aussagen nicht geändert haben. Die Empfehlung de Gutachtens zur Höherstufung der Stadt Leuna zu einem Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums manifestiert sich in dem Städtebaulichen Entwicklungskonzept. Dies lehnen wir weiterhin ab.

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Das Städtebauliche Entwicklungskonzept, das sich aus verschiedenen Bausteinen und Konzepten zusammensetzt formuliert als Hauptziel das

– Ermöglichen der landesplanerisch und regionalplanerisch angemessenen Einordnung der Stadt Leuna in das System der Zentralen Orte – etwa als Grundzentrum mit Teilfunktion eines Mittelzentrums- und des ‘Saaleparks’ in Leuna-Günthersdorf/-Kötschlitz- etwa als ‘Sonderstandort für großflächigen Einzelhandel’.

Die Stadt Leipzig lehnt dieses Ziel ab. Aus Sicht der Stadt Leipzig besitzt die Stadt Leuna eine grundzentrale Funktion. Eine Höherstufung der Stadt Leuna entspricht nicht den Tatsachen. Eine Ausweisung des Saaleparkes als ‘Sonderstandort für großflächigen Einzelhandel’ stellt den Versuch dar, für diesen Standort, der den Zielen der Landesplanung widerspricht, ein geeignetes Konstrukt zu schaffen, die Ziele der Landesplanung an diesen anzupassen. Diese Kategorie findet keine Verankerung im Landesentwicklungsplan Sachsen-Anhalt. Wir sehen durch den Versuch, die zentralörtliche Stufe für die Stadt Leuna anzuheben, unsere Belange in erheblichem Maße beeinträchtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Dorothee Dubrau

Bürgermeisterin und
Beigeordnete für Stadtentwicklung und Bau”

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