Nicht nur bei der Leipziger Linken fühlt man sich durch die Idee des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes (MDV) bestätigt, dass ein fahrscheinloser Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) denkbar ist. Auch die Linksfraktion in Nordsachsen begrüßt den Vorstoß. "Der Forderung der Linken zum Juni-Kreistag, statt einfallsloser jährlicher Fahrpreiserhöhungen für Bahnen und Busse nach alternativen Finanzierungsformen für den ÖPNV zu suchen, trägt der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) jetzt erfreulicherweise Rechnung", sagt Dr. Michael Friedrich.
Er ist Fraktionsvorsitzender der Linken im Kreistag von Nordsachsen. Der Landkreis gehört – genauso wie Leipzig – zum Mitgliedsgebiet des MDV. Die von MDV Geschäftsführer Steffen Lehmann ins Gespräch gebrachte monatliche Abgabe in Höhe von 20 Euro pro Einwohner im Gespräch findet er zielführend: “Dies bedeutet einen fahrscheinlosen ÖPNV.”
“Der jetzt in Gang gekommene Diskussionsprozess muss ergebnisoffen verlaufen. Bei einer möglichen ÖPNV-Abgabe ist eine soziale Staffelung z. B. für Hartz-IV-Bezieher oder auch für Studenten und Studentinnen dringend notwendig. Welche Finanzierungsvariante auch immer in Betracht gezogen wird – im MDV-Gebiet sollte es schlussendlich einen Bürgerentscheid geben, damit eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung entsteht”, benennt er die Größenordnung dessen, was mit dieser Finanzierungsumstellung notwendig wäre.
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Eine Gefahr allerdings sieht er: “Während wir über Alternativen nachdenken, könnte das Land versucht sein, sich noch weiter aus seinen Pflichten zurückzuziehen. Dabei hat Noch-Minister Morlock bereits genug kaputt gespart. Deshalb muss hier an die Verantwortung des Landes erinnert werden, die Regionalisierungsmittel des Bundes ohne Abstriche an die Kommunen weiterzuleiten und bessere ÖPNV-Förderprogramme aufzulegen. Es bedarf deutlich höherer Investitionen vor allem in Straßenbahnen und in Busse, um den beträchtlichen Modernisierungsstau abzubauen.”
Womit er eigentlich das Grundproblem anspricht, worunter der Nahverkehr in Sachsen seit Jahren tatsächlich leidet: Während die Fahrpreise Jahr um Jahr kräftig anstiegen, hat die sächsische Landesregierung wesentliche Teile der Bundesmittel, die zur Finanzierung des Nahverkehrs gedacht waren, einbehalten und für andere Ausgaben umgewidmet. Das sind die Millionen, die den Verkehrsunternehmen jetzt schon fehlen, um notwendige Investitionen in ausreichendem Maß voranzutreiben.
“Als Fernziel hat sich die Linke den fahrscheinlosen ÖPNV auf die Fahnen geschrieben”, benennt Friedrich die zeitliche Dimension eines solchen Projekts. Von heute auf morgen wird die Umstellung nicht zu schaffen sein. “Dieser aber funktioniert nur, wenn es einen Solidarverbund mit einem vernünftigen Ausgleich zwischen dem dynamischen Ballungsraum Leipzig und der einwohnerschwachen Peripherie im MDV-Gebiet gibt. Andernfalls verdorrt der ÖPNV in der Fläche. Das kann niemand ernsthaft wollen. Deshalb bringen wir uns ohne Denkverbote in den jetzt angestoßenen Diskussionsprozess ein. Dabei werden wir die sozialen Belange auch derer zu wahren wissen, die bislang wenig oder nie den ÖPNV nutzen.”
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