Ist es nur, weil Wahlkampf ist? Oder werden wichtige Leipziger Themen jetzt endlich wieder diskutiert, weil es im Wahlkampf möglich ist? Das scheint bei der Leipziger Gewässerpolitik durchaus der Fall zu sein. Nicht nur der Floßgraben und die Eisvogel-Politik sind Thema, auch Schiffbarkeit und Elster-Saale-Kanal-Projekt liegen wieder auf dem Tisch. Und der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion, Reiner Engelmann, sieht sich mit den Kritikern dieser Vorhaben auf einer Wellenlänge.

Im Kommentar zur am 17. Mai veröffentlichten Geschichte “Gewässerpolitik in Leipzig: Auf einmal sind alle gegen das Elster-Saale-Kanal-Projekt” hat er sich schon geäußert. In dieser wurde auch der Zwiespalt thematisiert, der zwischen den Positionen der Linksfraktion und der Politik des Umweltbürgermeisters Heiko Rosenthal (Die Linke) besteht. Während die Linksfraktion (derzeit) keinen Grund sieht, das Projekt Elster-Saale-Kanal voranzutreiben, hat Heiko Rosenthal vor einem Jahr deutlich gemacht, dass er das Votum des Stadtrates zur Potenzialanalyse Elster-Saale-Kanal als Arbeitsauftrag sieht.

Aber Reiner Engelmann selbst zu seinen Positionen zu all den heiß diskutierten Themen im Gewässerknoten Leipzig:

Was ist unklar an der Politik der LINKEN bezüglich der Gewässernutzung?

Der Wahlkampf treibt inzwischen seltsame Blüten. Offensichtlich gibt es kaum ein Thema, welches nicht zum Gegenstand der Auseinandersetzung wird. Wenn einige Kommunalpolitiker jetzt ihr Herz für Themen entdecken, die sie in den letzten fünf Jahren wenig interessierten, ist das schon schwierig. Doch wenn absichtlich falsche Positionen unterstellt werden, überschreitet das die Grenze des guten Geschmacks.

Gegenwärtig wird in Leipzig ein Verwirrspiel getrieben, welches jeder Grundlage entbehrt. Hier einige Beispiele:

1. Die Stadtverwaltung plant das Vergrämen des Eisvogels – so der Ökolöwe in einer Pressemitteilung.

Da war ich offensichtlich in einer anderen Veranstaltung als der Ökolöwe, als es um die Konsequenzen des Gutachtens zum Eisvogel ging. In dem Rechtsgutachten der Verwaltung sind alle Optionen zum Umgang mit dem Eisvogel untersucht worden. Dazu gehört auch die Frage, unter welchen Bedingungen eine Umsiedlung überhaupt denkbar ist. Im Ergebnis stellt die Verwaltung fest, dass ihr bisheriges Handeln den Richtlinien entsprach, dass eine Umsiedlung des Eisvogels nicht funktionieren kann und dass sie auch weiter alles für seinen Schutz vor Ort tun wird.

2. Der Durchgriff Leipzigs zur Saale steht kurz vor der Vollendung und die LINKEN machen mit.

Wahr ist, dass ein großer Teil der LINKEN im Leipziger Stadtrat ein solches Vorhaben als absurd und nicht realisierbar betrachtet hat. Ebenso wurde dargestellt, dass ein solches Vorhaben ggf. eine kommende Generation entscheiden muss. Deshalb hat die LINKE die Vision nicht verworfen, aber erklärt, keinen Cent dafür bereitzustellen. Wo ist da ein Verwirrspiel?3. DIE LINKE befürwortet Motorboote auf den wesentlichen Wasserwegen. Nun erklärt namentlich Skadi Jennicke, dagegen zu sein.

DIE LINKE hat immer erklärt, dass der Bau einer solch großen Schleuse in Connewitz und am Cospudener See natürlich auch den Nutzungsdruck erhöht. Ich selbst habe immer darauf verwiesen, dass für manuell getriebene Boote einfache Schleppen für vielleicht 50.000 Euro ausreichen statt der 5 Mio. Euro für die Schleusen. Damals war ich einer der Wenigen, der Bedenken äußerte und sich in Streitigkeiten mit dem damaligen Regierungspräsidenten Steinbach begab. An Widerstand von den heutigen Kritikern erinnere ich mich nicht.

DIE LINKE hat dann das Leipzig Boot favorisiert, bei dieser Position ist sie in allen Auseinandersetzungen geblieben. Die Büchse der Pandora haben andere geöffnet.

Anmerkung der Redaktion:

Notwendiger Kommentar zu Punkt Nr. 1: Die genannte Veranstaltung war – wie so viele der Stadtverwaltung Leipzig – nicht öffentlich. Die Presse wurde mit einer Pressemitteilung informiert, in der es es eindeutig heißt: “Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Befahrbarkeit des Floßgrabens dann überwiegen kann, wenn sich die davon ausgehenden Beeinträchtigungen der Eisvögel durch geeignete Kompensationsmaßnahmen so reduzieren lassen, dass sie keinen negativen Einfluss auf die lokale Population haben.”

Ein Satz, der das bestätigt, was die anwesenden Naturschützer aus dem Vortrag herausgehört haben. Die Mitteilung erwähnt zwei Gutachten – ein fachliches und ein juristisches. Da die L-IZ davon ausgeht, dass diese Gutachten ebenfalls mit den Steuergeldern der Leipziger bezahlt wurden, hat sie am 14. Mai um eine Zusendung durch die Verwaltung gebeten. Das ist bis heute nicht erfolgt.

Womit alle im Artikel geäußerten Fragen zur Transparenz der Verwaltungsarbeit genau so bestehen bleiben, wie sie da stehen.

Die Pressemitteilung zur Eisvogel-Politik der Stadtverwaltung als PDF zum Download.

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