Es gibt Welten in unserer Welt, die sind so hermetisch abgeschottet, dass Kritik an ihnen einfach abperlt. Ein bisschen Kollateralschaden, was soll`s? Wen interessiert es, wenn es auch die politisch Verantwortlichen vor Ort nicht interessiert? - Beispiel: Störmthaler See. Erst Ende des Jahres soll er seinen Zielwasserstand erreichen. Aber schon seit 2010 findet an seinem Ufer das "Highfield"-Festival statt.

“Das Highfield ist das große Rockfestival in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Vom 17. bis 19. August gibt es auf den Bühnen am Störmthaler See in Großpösna bei Leipzig rund 50 Acts live zu erleben. Für fast jeden Geschmack ist etwas dabei: von Pop über Punk, Rock, Metal, Rap, Reggae bis Elektro, von aktuellen Durchstartern wie Kraftklub bis zu gestandenen internationalen Größen wie Placebo”, preist die MDR-Radio-Tochter Jump das Festival an, das bis 2009 am Stausee Hohenfelden (daher “Highfield”) südlich von Erfurt stattfand. Dort musste es weichen, weil es massive Probleme mit der Verschmutzung der umliegenden Felder gegeben hatte.

Ganz ähnlich hörte sich die Kritik Betroffener 2010 und 2011 an, die nun selbst miterlebten, wenn 20.000 feiersüchtige junge Leute drei Tage lang an einem See campieren. Einer, der mittlerweile sehr dünnhäutig auf den zunehmenden Lärm am See reagiert, ist Olaf Maruhn, der im Großpösna-Ortsteil Dreiskau-Muckern lebt. Denn eine immissionsrechtliche Genehmigung scheint es für so einiges, was am Störmthaler See passiert, nicht zu geben.

Auf dem Wasser schwimmt zwar friedlich die “Vineta”. Doch ein Amphibien-Militärfahrzeug aus dem 2. Weltkrieg verlärmt die Idylle längst genauso wie das “Highfield”-Festival, bei dem selbst viele der jungen Gäste wohl nichts mehr verstehen außer Lärm. Maruhn hat sich 2011 extra den Spaß gemacht, die Bude mit dem Ohrstöpsel-Verkauf zu fotografieren.

Und dann hat er beim zuständigen Landratsamt des Landkreises Leipzig nach Einsichtnahme in die immissionsrechtliche Genehmigung verlangt. Wenn schon die ganze Gegend drei Tage lang von mehreren Bühnen bedröhnt wird, sollte es doch zumindest ein paar Auflagen geben. Am 9. August hat er seine Bitte um Einsichtnahme abgesandt. “Ich bitte um Einsicht in die für die Veranstaltung durch die immissionschutzrechtlich zuständige Behörde LRA Landkreis Leipzig erteilte erforderlich Immissionschutzrechtliche Genehmigung. Bitte vor Beginn derselben”, schrieb er.Vielleicht fiel er damit in das urlaubsbedingte Sommerloch in sächsischen Behörden. Jedenfalls sandte er am Montag, 13. August, noch einmal nachdrücklicher seine Bitte um eine Einsichtnahme – und nahm die Presse gleich mit in Kopie.

“Sehr geehrter Herr Dr. Gey,

sehr geehrter Herr Dr. Bergmann,

anläßlich einer Werbetour zur Einwerbung von Steuermitteln für die Finanzierung von Projekten für den Gewässerverbund, die nicht von der Bevölkerung gewollt werden (sog. § 4-Mittel aus dem Bund-Länder-Abkommen zur Braunkohlesanierung) hat Herr Dr. Gey geltende Gesetze bedauert, die bei der Entwicklung des Gewässerverbundes wenig hilfreich seien. Das mußte nicht unbedingt so verstanden werden, daß die Geltung dieser Gesetze ignoriert wird. Wie z. Bsp. bei der jahrelangen stillschweigenden Förderung und somit rechtwidrigen Duldung einer illegalen Motocrosstrecke im Sanierungstagebau Espenhain, dem zukünftigen Störmthaler See. So wohl auch bei der Durchführung eines mehrtägigen Rockfestivals in eben diesem Sanierungstagebau, dem sogenannten “Highfield”. Auch hier scheint eine entsprechende immissionschutzrechtliche Genehmigung zu fehlen. Anders ist das Ausbleiben einer Antwort auf den Antrag auf Einsicht in die erteilte Genehmigung nicht zu werten. Es drängt sich der Verdacht auf, daß im Landkreis Leipzig systematisch auf Immissionsschutz verzichtet wird. Was vielleicht auch mit der Nähe der Deponie Cröbern zu tun hat. Vielleicht soll auch die öffentliche Förderung in Höhe von 6,5 Mio. ? für die Infrastruktur für dieses Festival nicht gefährdet werden.

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Ich darf nunmehr nochmals um Akteneinsicht in die insoweit erforderliche immissionschutzrechtliche Genehmigung bitten.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Maruhn

Eine Kopie dieses Antrages geht auch an die involvierten Ministerien, damit diese sich später nicht auf Unkenntnis und somit angebliche fehlende Obliegenheitspflichten berufen können.”

Es wird Stück um Stück lauter im Neuseenland. Und die Warnung von Jump ist auch schon raus: Ab Donnerstag, 16. August, wird es laut: “Bevor von Freitag bis Sonntag Acts wie Beatsteaks, Sportfreunde Stiller oder Jupiter Jones auf der Bühne stehen, stimmen die Radiomacher die Fans schon richtig auf das Festival ein: mit JUMP AUF TOUR, der großen Highfield Warm-Up-Party am 16. August im Discozelt auf dem Festival-Campingplatz.”

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