Kurz vor der Bundestagswahl wollten AfD und CDU offenbar erneut ein Zeichen gegen Migration setzen. Beide hatten beantragt, dass Leipzig aus dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ austreten soll. Während die AfD zugab, Symbolpolitik zu betreiben, stellte die CDU einen Zusammenhang zu tödlichen Anschlägen her. Der Stadtrat lehnte die Anträge mehrheitlich ab.
Leipzig dürfe kein „sicherer Hafen für illegale Migration“ sein, forderte die AfD mit ihrem Antrag. Sie bezog sich dabei auf einen Beschluss, den der Stadtrat im Oktober 2020 gefasst hat. Damals hatte die Mehrheit im Rat entschieden, dass Leipzig dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ beitreten soll. Es war ein Zeichen der Solidarität mit der Seenotrettung im Mittelmeer. Diesen Beschluss wollte die AfD nun aufheben.
AfD und CDU fordern ein Zeichen
Rechtsaußen-Stadtrat Christian Kriegel inszenierte seine Partei dabei als die eigentlich Solidarischen. Er behauptete, dass der Stadtratsbeschluss dazu führen würde, dass Menschen die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer antreten. Den Beschluss aufzuheben, würde also Menschenleben retten, so Kriegel.
Später meldete sich sein Fraktionskollege Siegbert Droese zu Wort und machte deutlich, worum es der AfD eigentlich geht: „Wir wollen ein Symbol senden.“ Leipzig sei „geschlossen“ für Flüchtende.
Die CDU-Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingereicht, der im Prinzip das Gleiche forderte. Stadtrat Lucas Schopphoven (CDU) warnte davor, dass die städtischen Einrichtungen überlastet seien und Leipzig nicht „die Probleme der ganzen Welt“ lösen könne.
Tatsächlich kann von einer Überlastung durch die Mitgliedschaft im Bündnis keine Rede sein. Wie mehrere Stadträt*innen anschließend betonten, wurden seit dem Beschluss lediglich drei Personen zusätzlich in Leipzig aufgenommen.
Rettungsschiff nicht mehr im Einsatz
Ein weiterer Punkt der Anträge von AfD und CDU war ebenfalls substanzlos: Sie wollten die Patenschaft für das Seenotrettungsschiff „Rise Above“ beenden. Dabei ist dieses Schiff seit Ende 2023 gar nicht mehr im Einsatz, wie der Pirat Jan-Paul Helbig (Freie Fraktion) feststellte.
Das kann man auch im Jahresbericht von „Mission Lifeline“ nachlesen. Dort erfährt man, dass der Wartungsaufwand für das Schiff mit der Zeit zu groß geworden ist. Man habe sich deshalb schweren Herzens dazu entschieden, sich von der „Rise Above“ zu verabschieden.
CDU-Stadtrat Michael Weickert beklagte, dass die Gegner*innen des Antrags mit keinem Wort die Opfer von Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg erwähnt haben. Unklar blieb, was diese Anschläge mit dem Tagesordnungspunkt zu tun haben. Die drei Personen, die Leipzig bislang im Rahmen der Bündnismitgliedschaft aufgenommen hat, stehen nicht im Verdacht, an den Anschlägen beteiligt gewesen zu sein.
Bibel, Petition und Weltoffenheit
Gegen den Antrag sprachen neben Helbig auch Stadträt*innen von Linken, Grünen und SPD sowie Thomas Kumbernuß (Freie Fraktion), der die Bibel zitierte – eine im Rat mittlerweile verbreitete Tradition bei Debatten zu den Themen Asyl und Migration.
Juliane Nagel (Linke) verwies in ihrer Rede auf eine Online-Petition gegen die Anträge. Diese wurde von knapp 16.000 Personen unterschrieben. Pia Heine (SPD) sprach über eigene Erfahrungen als Gästeführerin und sah den Ruf der weltoffenen Stadt gefährdet. Und Anne Vollerthun (Grüne) kritisierte die CDU dafür, einerseits Wohnraummangel durch zusätzliche Migrant*innen anzuführen, andererseits aber wiederholt gegen wohnungspolitische Anträge zu stimmen.
Sowohl der Antrag der AfD als auch der fast identische Änderungsantrag der CDU fand im Stadtrat keine Mehrheit. Linke, Grüne, SPD und Freie Fraktion lehnten alles ab; das BSW stimmte gegen den AfD-Antrag und enthielt sich bei den meisten Punkten des CDU-Antrags.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Keine Kommentare bisher