Selbst wenn Leipzig wollte, würde die Stadt einen Wunsch der Linksfraktion nach deutlich mehr Tempo 30 im ganzen Stadtgebiet nicht umsetzen können. Dazu fehlen schlicht die Ressourcen, hält das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seiner Stellungnahme zu einem Linke-Antrag fest. Gesetzlich möglich wäre das ja nun, hatte die Linksfraktion in ihrem Antrag festgestellt.
„Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Juli 2024 eine neue Reform der Straßenverkehrsordnung bestätigt. Den Kommunen wird es durch die Reform leichter gemacht, Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Tempo 30 anordnen, zum Beispiel beim Lückenschlüssen zwischen zwei schon vorhandenen Tempo-30-Strecken, vor Fußgängerüberwegen, Spielplätzen sowie hochfrequentierten Schulwegen“, erläuterte die Linksfraktion in ihrem Antrag die neuen Möglichkeiten, die sich mit dem Bundesratsbeschluss auftun.
„Nach Auffassung unserer Partei hat jedes Kind in Leipzig das Recht, gesund und glücklich sowie sicher aufzuwachsen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass unsere Straßen und Plätze sich an die Bedürfnisse der schwächsten Verkehrsteilnehmenden anpassen müssen.
Eine familien- und kinderfreundliche Stadt muss die neuen Möglichkeiten der StVO nutzen, um nicht nur vor Schulen und Altenheimen die Regelgeschwindigkeit anzupassen, sondern auch dort, wo ein Ball auf die Straßen rollen kann und eine maßvolle Geschwindigkeit im Zweifel Unfälle verhindern kann.
Eine Absenkung der Regelgeschwindigkeiten vor solchen sensiblen Orten ist ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der ‚Vision Zero‘ (keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr auf unseren Straßen).“
Aber das MTA vertröstet lieber. Denn es ist eben nicht mit dem Aufhängen neuer Verkehrsschilder an sensiblen Straßenabschnitten getan.
„Die Verwaltung begrüßt die nunmehr auch veröffentlichte und damit in Kraft getretene Novellierung der StVO, auch wenn die 2021 auf Initiative von Leipzig gegründete Initiative Lebenswerte Städte und Gemeinden weitergehende Forderungen gegenüber dem Bund formuliert hatte. Mit der novellierten StVO wird es den Straßenverkehrsbehörden u.a. erleichtert, Geschwindigkeitsbeschränkungen (Tempo 30) anzuordnen, insbesondere in Bezug auf Vorfahrtsstraßen, Spielplätze und viel genutzte Schulwege.
Daneben wird der Abstand zwischen zwei bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkungen, der für eine Harmonisierung der Geschwindigkeitsregelung und zur Verbesserung des Verkehrsflusses erforderlich ist, von höchstens 300 m auf nun bis zu 500 m verlängert“, schreibt das MTA in seiner Stellungnahme.
Die Verwaltungsvorschrift fehlt noch
Aber noch fehlt ein wichtiger Schritt auf Bundesebene: „Um die neue StVO in der Praxis einheitlich umsetzen zu können, bedarf es jedoch auch der Überarbeitung der bestehenden Verwaltungsvorschrift zur StVO durch den Bund. In dieser werden viele Bestimmungen der StVO genauer definiert. Damit dies schnellstmöglich geschieht, setzt sich die Verwaltung sowie die Initiative Lebenswerte Städte und Gemeinden gegenüber dem Bund weiter in geeigneter Weise ein.“
Was trotzdem nicht dazu führen wird, dass es dann flächendeckend Tempo 30 gibt. Denn selbst mit dem aktuell verfügbaren Instrumentarium dauert es, bis eine Straße tatsächlich mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung versehen werden kann.
„Die neuen Vorschriften werden nun entsprechend angewandt, soweit dies ohne die noch ausstehende Anpassung der Verwaltungsvorschrift möglich ist. Die Prüfung von weiteren Tempo 30 Strecken im Stadtgebiet wird vor diesem Hintergrund sukzessive im täglichen Verwaltungshandeln vorgenommen. Dabei werden auch die Vorschläge aus dem Antrag berücksichtigt“, schreibt das MTA. Betont aber auch gleichzeitig, dass es für die gewünschte Ausweitung der Tempo-30-Bereiche ganz simple Grenzen bei den vorhandenen Ressourcen gibt.
„Die beantragte Prüfung aller neuen Regelungsweisen stadtweit und mit Vorlag eines Umsetzungsplans (bis Ende 2024) ist ausdrücklich nicht möglich. Für jeden Abschnitt muss auch nach der Novellierung der StVO weiterhin eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden“, betont das MTA.
„Diese können nur im Rahmen der gegebenen Ressourcen abgearbeitet werden, die vorrangig für bereits vom Stadtrat beschlossene Maßnahmen, z.B. aus den Lärmaktionsplänen und dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie, sowie das gesetzlich notwendige Handeln der Straßenverkehrsbehörde, einzusetzen sind.“
Also wird es nur sukzessive neue Ausweisungen von Tempo-30-Zonen durch die Straßenverkehrsbehörde geben, auch dann, wenn die neue Verwaltungsvorschrift zur StVO den Kommunen größere Handlungsspielräume einräumt.
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